Die Stunde des Schakals (German Edition)
Ordnung wäre.
Clemencia sagte: «Ich weiß, dass die Beweise nicht ausreichten. Ich frage Sie nach Ihrer Meinung als Privatmann, Herr Fourie: Haben van Zyl und Maree wirklich Anton Lubowski auf dem Gewissen?»
Fourie stellte seinen Eistee auf die Brüstung der Veranda. Er blickte Clemencia in die Augen und sagte: «Van Zyl und Maree, ja, aber es waren noch mehr beteiligt: Donald Acheson, Staal Burger, Ferdi Barnard und mindestens ein weiterer Mann, dessen Klarnamen ich nicht kenne. Die haben hier in Windhoek die Drecksarbeit erledigt. Dazu kommen natürlich noch die Hintermänner in Pretoria, wo die Regionalgruppe 6 des CCB saß. Glauben Sie mir, wenn es zu einem Prozess gekommen wäre, ich hätte sie allesamt verurteilt.»
Fourie war sich seiner Sache absolut sicher, und er war genau der Mann, den Clemencia brauchte. Der Fall Lubowski war vielleicht der wichtigste in seiner ganzen beruflichen Laufbahn gewesen. Nicht das kleinste Detail hatte er davon vergessen. Clemencia musste jetzt nur die richtigen Fragen stellen. Zuerst zu den Mitgliedern des damaligen Mordkommandos. Wenn zwei von ihnen umgebracht worden waren, schwebten die anderen auch in Lebensgefahr.
Fourie zuckte die Achseln. «Staal Burger vielleicht. Der lebt irgendwo in Südafrika und gibt sich als unbescholtener Farmer aus. Wie Ihr Killer an die anderen herankommen will, ist mir allerdings ein Rätsel.»
Clemencia fragte nach. Wo Ferdi Barnard sich aufhielt, war bekannt, doch das half einem potenziellen Mörder nicht viel, wenn er nicht die Mauern des Hochsicherheitsgefängnisses in Pretoria überwand. Barnard war 1998 wegen des Mordes am Antiapartheids-Aktivisten David Webster zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Südafrikaner hatten Acheson 1991 nach London abgeschoben; seitdem war er nicht mehr aufgetaucht. Vom ominösen sechsten Mann wusste Fourie nur den Spitznamen, Donkerkop, und dass es sich vermutlich um jemanden handelte, der damals in Windhoek ansässig war.
«Warum?», fragte Clemencia.
«Es existierte auch eine Regionalgruppe 8 des CCB, die für das frühere Südwestafrika zuständig war. Offensichtlich traute man deren Mitgliedern eine so große Sache wie den Lubowski-Mord nicht zu und ließ deswegen die Killer aus Pretoria einfliegen. Doch dass diese vollständig auf lokale Unterstützung verzichteten, ist äußerst unwahrscheinlich. Man musste Waffen besorgen, einen Fluchtwagen, man brauchte jemanden, der die Örtlichkeiten kannte und die Südafrikaner unauffällig unterbrachte. Donald Acheson wurde sogar ein Job beim Windhoek Observer vermittelt.»
Donald Acheson. Und Donkerkop, der Schwarzkopf. Vielleicht lebte er immer noch in Windhoek.
«Sie werden mich auslachen», sagte Fourie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. «Jahrelang habe ich mich bei jedem Passanten mit pechschwarzem Haar gefragt, ob er es wohl sein könnte.»
Clemencia lachte nicht. Sie fragte, ob Fourie eine Vermutung habe, wer da auf blutige Vergeltung aus sei.
«Lubowskis Familie jedenfalls nicht», sagte Fourie. «Ich habe sie alle kennengelernt, die Eltern, die Schwestern, seine Ex-Frau und die Kinder. Seit damals kämpfen sie unermüdlich darum, dass die Sache aufgeklärt wird. Sie wollen Gerechtigkeit, nicht Rache. Sie wollen nicht nur die Wahrheit erfahren, sondern verlangen auch, dass diese Wahrheit in einem Prozess amtlich wird. Gerade jetzt, da sich die Staatsanwaltschaften in Namibia wie in Südafrika den Fall wieder vornehmen, bringen die doch nicht die Tatverdächtigen um! Ohne Beschuldigte wird das Verfahren sofort niedergeschlagen, und ohne Verfahren wird es auf ewig keine Klarheit geben.»
«Wer dann?», fragte Clemencia. «Wer könnte so verbittert sein …?»
«Keine Ahnung.» Fourie sah dem Mädchen zu, das den Hund hochgezerrt hatte und nun versuchte, sich auf seinen Rücken zu setzen. «Es sind immerhin zwanzig Jahre vergangen. Vielleicht geht es gar nicht um Vergeltung.»
«Sondern?», fragte Clemencia. Ihr Handy piepte. Die SMS kam von Miki Matilda und forderte dringend einen Rückruf. Nicht jetzt, Miki Matilda, nicht jetzt!
«Sie werden das herausfinden», sagte Fourie. «Ich erzähle Ihnen gern alles, was ich weiß.»
«Gut, dann beginnen wir mit …»
Clemencias Handy piepte erneut. Es ist wirklich wichtig!!, lautete die Nachricht. Clemencia entschuldigte sich und ging zum Telefonieren die drei Stufen der Veranda hinab. Sie wandte sich nach links zu dem Steingarten mit den Euphorbien. Den vorderen Teil
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