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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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Zukunft, in der Schwarz und Weiß gleichberechtigt sein würden, in einem freien, unabhängigen Namibia …
    «Südwest!» , brüllte ich von hinten dazwischen.
    «Südwest ist eine Himmelsrichtung, kein Name für ein Land» , sagte Lubowski ruhig ins Mikrophon. Das war das einzige Mal, dass wir ein paar Worte gewechselt haben. Darüber hinaus habe ich ihn nur zwei- oder dreimal gesehen, aber natürlich wusste ich genauestens über ihn Bescheid. Nicht nur, weil er dauernd in den Zeitungen war und weil von den im Land geborenen Weißen sowieso jeder jeden kannte. Mein Vater war in Lüderitz Nachbar der Lubowskis gewesen, hatte nur ein paar Häuser weiter gewohnt, bevor er nach Windhoek gezogen war.
    Jedenfalls stürzte ich mich in die Lubowski-Hatz und hatte bald die Nase voll von dem ewigen «Man-müsste-mal-was-tun»-Gesülze. Ich schloss mich ein paar Gleichgesinnten an, die bereit waren, anonyme Briefe zu schreiben oder auch mal zuzuschlagen, wenn einem ein SWAPO-Sympathisant allein entgegenkam. Ein, zwei, drei Aktionen, und schon betrachtete mich das CCB als eine Art freien Mitarbeiter, lange bevor ich wusste, dass ein solcher Verein überhaupt existierte.
    Ferdi Barnard und Slang van Zyl lernte ich im August 1989 kennen. Es war ein kalter Winterabend, und ich ging mit ein paar Freunden zum Dart-Spielen in den «Alten Wirt». Wer mir die beiden vorstellte, weiß ich nicht mehr, jedenfalls tranken wir so viel Windhoek Lager und Jägermeister, dass wir die Dartscheibe nur noch zufällig trafen. Und dann schrie irgendwer, das läge allein an den blöden Kreisen, die einem vor den Augen verschwömmen. Man bräuchte ein Ziel, das einen mehr motivierte, zum Beispiel ein Foto von Lubowski. Dann würden wir schon sehen, wie er diesem Schwein einen Pfeil genau zwischen die Augen setzen würde.
    Alles grölte, nur ich winkte ab und sagte lässig: «Sprüche kloppen kann jeder.»
    «Und du bist einer, der nicht bloß redet?» , fragte mich Ferdi Barnard spöttisch.
    «Bin ich.»
    «Sagst du.» Barnard machte mit der Hand die Plapperbewegungen eines Munds nach.
    «Ich weiß zufällig, dass Lubowski kürzlich ein vergrößertes Foto von sich mit der Post erhalten hat» , sagte ich. «Vielleicht hat er sich sogar erkannt, obwohl irgendwer eine Schrotladung darauf abgefeuert hat.»
    «Das weißt du zufällig?» , fragte Slang van Zyl.
    «Darauf kannst du deinen Arsch verwetten» , sagte ich.
    «Alles oraait, Mann» , sagte van Zyl. Er schlug mir auf die Schulter und gab eine Runde Jägermeister für alle aus. Mehr war nicht an jenem Abend, und auch die nächsten Male blieben Barnard und van Zyl vorsichtig. Sie testeten mich politisch durch, ließen mich reden. Sie hörten lächelnd zu, wie ich mit meinen Freunden schwarze Listen von denen aufstellte, die am dringendsten wegmüssten. Oder besser, schwarz-weiße Listen, denn Lubowski und ein, zwei andere Verräter waren auch immer dabei.
    Ich lernte Donald Acheson kennen, dann Chappies Maree und Staal Burger. Der war es auch, der mich fragte, ob ich wirklich so gut am Steuer sei, wie er gehört habe.
    «Mann» , sagte ich, «ich habe einfach ein Gefühl für Motoren. Wenn ich den Zündschlüssel drehe, spüre ich sofort, was da für eine Maschine unter der Haube sitzt. Ob sie etwas schmerzt und was sie bringt und wie ich das Letzte aus ihr herausholen kann. Ein paar Meter fahren, und der Wagen und ich sind eins. So sehr, dass ich mich manchmal wundere, warum ich kein Benzin saufe.»
    «Gut» , sagte Burger. «Wir bräuchten nämlich einen Fahrer.»
    Das war zwei Tage vor dem Attentat. Dass sie Lubowski umlegen wollten, sagten sie mir erst am Abend, als es losging.
    «Umlegen?» , fragte ich.
    «Jetzt ziehst du den Schwanz ein, Kleiner, was?» , sagte Ferdi Barnard. Staal Burger lachte.
    «Verdammte Scheiße» , sagte ich. «Das Schwein hat es nicht anders verdient.»
     
    Bei strahlender Vormittagssonne sah die Polizeiwache in der Mungunda Street ein wenig freundlicher aus als bei Nacht. Bis über Kopfhöhe reichten sauber verputzte Ziegel, der Anstrich und die Zierrauten darüber schienen vor nicht allzu langer Zeit erneuert worden zu sein. Die Gitter vor den beiden Eingängen standen offen. Clemencia blieb vor dem rechten stehen, über dem eine lilafarbene Laterne mit der Aufschrift «Police» hing. In der Nacht hatte ihr schummeriges Licht alles andere als Schutz und Sicherheit versprochen. Auf den Ziegeln neben der Tür war deutlich ein Stiefelabdruck zu erkennen. In knapp

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