Die Stunde des Schakals (German Edition)
andere, der eine einigermaßen verantwortliche Position innehatte. Und die Überwachenden ihrerseits wurden selbstverständlich auch überwacht. Das ist nun mal so, wenn es um die Macht geht. Da musst du wissen, was in deinem eigenen Lager abläuft, sonst hast du von vornherein verloren. Falls du dann noch besser über den Gegner Bescheid weißt, als der über dich, bist du im Vorteil. Verlockend, aber gefährlich ist es, weiter zu gehen und beispielsweise etwas so aussehen zu lassen, dass dein Kontrahent falsche Schlüsse ziehen muss. Die Südafrikaner haben das alles bei der Geschichte mit den Schecks wunderbar unter Beweis gestellt.
Anton Lubowski war 1989 unter anderem stellvertretender Finanzchef der SWAPO und schloss in dieser Funktion jede Menge Geschäfte im Namen der Partei ab. Er war auch damit betraut, für die aus dem Exil zurückkehrenden Parteiführer und für die neuen Parteibüros, die wir wegen der bevorstehenden Wahlen möglichst schnell aufbauen mussten, eine Großlieferung Möbel einzukaufen. Die südafrikanischen Firmen, die solch einen Auftrag stemmen konnten, waren alle im Besitz von Weißen, die mehr oder weniger eng mit dem Apartheid-Regime liiert waren. Mit denen wollte Lubowski keine Geschäfte machen.
Da kam es gelegen, dass er über die französische Botschaft mit einem in Windhoek ansässigen französischen Geschäftsmann bekannt wurde. Dieser Alain Guenon galt nicht nur als Vertrauter der Mitterrand-Familie, sondern auch von Winnie Mandela und war deswegen politisch absolut unverdächtig. Guenon bot seine Hilfe an. Er und seine Handelsfirma, Gijima Express, hätten die nötigen Kontakte, sodass sie die Möbel kostengünstig und schnell besorgen könnten. Er stellte Lubowski seinen Mitarbeiter Rob Colesky vor, der das Geschäft durchführen sollte.
Eine Kaufsumme von zwei Millionen Rand wurde vereinbart, der Vertrag unterzeichnet. Die hunderttausend Rand, die Lubowski in drei Tranchen überwiesen bekam, entsprachen fünf Prozent des Geschäftsvolumens und damit der Provision, die bei solchen Abschlüssen üblich ist. Ob es moralisch legitim war, das Geld privat anzunehmen, darüber kann man streiten. Lubowski dachte sich jedenfalls nichts dabei. Bei allem, was er über seine Geschäftspartner erfahren hatte, konnte er nicht ahnen, dass Gijima Express nur eine Tarnfirma des südafrikanischen Militärgeheimdienstes und Colesky im Hauptberuf dessen Agent war.
Zusätzlich undurchsichtig wurde die Sache, weil jeder sein eigenes Süppchen kochte. Ursprünglich schien das Ziel der Operation darin bestanden zu haben, verwanzte Möbel in den SWAPO-Büros und den Privatwohnungen unserer Führer zu platzieren, um an interne Informationen zu kommen. Dazu hätte die Sache möglichst korrekt und unverdächtig ablaufen müssen. Die privaten Interessen Guenons und Coleskys gingen aber dahin, sich finanziell gesundzustoßen, indem sie auf den Einkaufspreis über achtzig Prozent aufschlugen und versuchten, der SWAPO Teilrechnungen doppelt vorzulegen.
Im September 1989 merkten wir endlich, dass mit dem Möbelgeschäft etwas faul war. Und dieses Wir schließt Lubowski ausdrücklich ein. Man konnte ihm vielleicht vorwerfen, dass er Guenon gegenüber anfangs zu vertrauensselig war, aber mehr nicht. Er hatte keinerlei Versuch unternommen, die überwiesenen Beträge geheim zu halten oder seine Kontakte zu verschleiern. Die Unterstellung, er habe uns bewusst verraten, ist absurd. Nein, er ist einfach reingelegt worden. Trotzdem sollte die Sache nicht unbedingt an die Öffentlichkeit kommen. Einzahlungen des südafrikanischen Geheimdienstes auf Lubowskis Privatkonto hätten kein günstiges Licht auf ihn wie auf die gesamte Partei geworfen.
Was das alles mit dem Mord an Lubowski zu tun hatte? Nichts, absolut nichts. Offensichtlich wusste bei den Südafrikanern die eine Hand nicht, was die andere tat. Das CCB und Acheson hatten ihre eigene Agenda. Die sah vor, den SWAPO-Wahlkampf mit Gewaltakten zu stören und Sam Nujoma davon abzuhalten, wie geplant nach Namibia zurückzukehren. Dass das Möbelgeschäft gleichzeitig lief, war purer Zufall.
Natürlich glaubte das im Nachhinein keiner. Da musste alles so zurechtgebogen werden, dass ein Teil logisch ins andere passte. Darin waren sich alle Lager einig, auch wenn sie sonst völlig unterschiedliche Theorien vertraten. Als der südafrikanische Verteidigungsminister Magnus Malan mit dem Rücken zur Wand stand, wedelte er mit den Überweisungsbelegen für Lubowski
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