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Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Farben. Niemand kam darauf, sich zu fragen, womit sie gefüllt waren.
    Überraschender war die große Menge schmückender Kunst. Es gab Skulpturen aus Metall und Holz, aus Stein und balsamierter Spinnenseide. Die Schwerkraft verhöhenende Mobiles reichten von der Decke zum Boden. Einige waren raffiniert durch winzige Lampen oder Kerzen von innen beleuchtet. Einige der Skulpturen waren gegenständlich, aber ein verblüffend großer Anteil war abstrakt. Die Farben sowohl der Skulpturen als auch des Mobiliars wurden durch das herrschende Dämmerlicht gedämpft, waren aber eigentlich von reinen, leuchtenden Grundtönen: Orange, Scharlach, Schwarz und Purpur, tiefe Blau- und noch tiefere Grünschattierungen. Pastelltöne gab es nicht.
    »Die Große Webmeisterin Oll heißt euch willkommen, Fremde aus einem fernen Land«, piepte der kleine Weber. »Ich verlasse euch jetzt.« Er drehte sich um und hastete aus dem Raum.
    »Ich muß ebenfalls gehen«, sagte Ananthos. Er zögerte und fügte dann hinzu: »Einige eurer Darbietungen lassen euch als dem Ewigen Gewirk sehr verwandt erscheinen. Vielleicht begegnen wir uns eines Tages wieder.«
    »Das hoffe ich«, erwiderte Jon-Tom und flüsterte dabei, ohne zu wissen warum. Er sah dem Spinnenmann nach, der dem winzigen Herold nach draußen folgte.
    Sie gingen weiter in den Raum hinein. Clodsahamp stemmte die Hände in nicht existierende Hüften und murmelte ungeduldig. »Nun, wo sind Sie, gnädige Frau?«
    »Hier oben!« Die Stimme war nicht gerade kräftig, aber doch beträchtlich voller als das hauchige Weberflüstern, mit dem sie es bisher zu tun gehabt hatten. Es schien, daß die Stimme schwache aber eindeutig weibliche Obertöne hatte, aber Jon- Tom sagte sich, daß er wahrscheinlich vom menschlichen Empfinden ausging.
    »Hier«, sagte die Stimme noch einmal. Die Blicke der Besucher wanderten nach oben, weiter nach oben und die Decke entlang. Hoch in der rechten Ecke hing eine gewaltige, glitzernde Masse der feinsten Seide. So viele Juwelen und Metallsplitter waren in einem zarten Muster in sie eingearbeitet, daß sie alles Licht aus den zwei kraftlosen Lampen aufsaugten und in den Blick jedes Zuschauers zurück warfen, der das Glück hatte, zu ihnen hochzusehen. Die Seide selbst war in kleinen geometrischen Formen arrangiert, die sich zu einem wundervoll komplexen Gesamtmuster zusammenfügten.
    Eine riesige schwarze Kugelform glitt über den Rand der seidenen Behausung. An einer dünnen Faser fiel sie langsam wie ein großer Erdöltropfen dem Boden entgegen. Sie war nicht so groß wie die wuchtigen Taranteln, die den Eingang bewachten, aber doch weit massiger als Ananthos und die meisten der anderen Einwohner Gossameringues, denen sie bisher begegnet waren. Der aufgewölbte Unterleib durchmaß fast neunzig Zentimeter, bis auf ein schimmerndes und nur allzu vertrautes orangerotes Stundenglas. An dessen Unterseite schien der Körper in schwarzen Stahl gehüllt.
    Schwarze Vielfachaugen betrachteten ausdruckslos die Besucher. Die Spinnwarzen trennten den Unterleib zierlich von dem hängenden Seidenstrang. Die acht Beine setzten mit den Spitzen auf, und sieben falteten sich ordentlich unter dem Körper. Dann ruhte die enorme Schwarze Witwe bequem auf einem roten Kissen und putzte sich einen Saugzahn mit der Spitze des achten Beins.
    »Ich bin die Große Webmeisterin Oll«, informierte sie die Schreckensgestalt höflich. »Ihr müßt bitte die Unhöflichkeit meiner Mundreinigung entschuldigen, aber mein Gatte war zum Frühstück hier, und wir sind gerade erst fertig geworden.«
    Jon-Tom wußte ein wenig von den Verhaltensweisen der Schwarzen Witwen. Er beäugte das juwelenbesetzte Boudoir oben in der Ecke und schauderte. Clodsahamp, durch den Anblick der Großen Webmeisterin weder irritiert noch beunruhigt, trat beherzt einige Schritte vor. Wieder einmal breitete er die Gründe für ihre außergewöhnliche Reise aus. Er berichtete ausführlich von ihren Erfahrungen in der Schwertgau sowie im Schlund der Erde und beschrieb die magische Überquerung von Höllentrunk. Selbst von seiner trockenen, mechanischen Stimme vorgetragen, war die Erzählung beeindruckend.
    Die Große Webmeisterin Oll hörte aufmerksam zu, wobei sie sich gelegentlich gestattete, wispernd Staunen, Ehrfurcht oder Bewunderung zum Ausdruck zu bringen. Clodsahamp sprach weiter, erzählte von dem sonderbaren neuen Übel, das die Gepanzerten heraufbeschworen hatten, und von ihrer nun bevorstehenden Invasion der

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