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Die Stunde des Verfuehrers

Die Stunde des Verfuehrers

Titel: Die Stunde des Verfuehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ABBY GREEN
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schlüpfte aus ihrem Jackett und spürte, wie ungezügelte Energie ihren Arm emporschoss, als Pascal ihre Hand ergriff. „Du kannst kochen?“
    Ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Pasta mit Tomatensauce bekomme ich ganz gut hin. Hast du Hunger?“
    Genau in dem Moment gab ihr Magen ein grummelndes Geräusch von sich. Alana lächelte. „Großen.“
    Nach dem Essen schlenderte Alana mit einem Glas Wein in der Hand durch das Wohnzimmer und sah sich die Bilder an den Wänden an. Eine Schwarz-weiß-Fotografie faszinierte sie besonders. Sie zeigte das von tiefen Linien durchzogene Gesicht eines alten Mannes, das ihr vage vertraut vorkam. In seinen dunklen Augen spiegelte sich ein solcher Reichtum an Emotionen, dass sie das Gefühl hatte, er trete durch das Bild hindurch mit ihr in Verbindung.
    „Das ist mein Großvater.“
    Pascal stand ein paar Meter hinter ihr. Nun wusste sie, weshalb ihr das Gesicht so bekannt vorgekommen war.
    „Hast du die Aufnahme gemacht?“
    Er schüttelte den Kopf. Instinktiv wusste er, dass Alana dieselben Dinge wie er in diesem Bild sah. Niemand sonst hatte so lange davorgestanden. Die Erkenntnis schnürte ihm die Brust zu. Ohne ihr in die Augen blicken zu können, sagte er mit rauer Stimme: „Nein. Meine Talente liegen in Zahlen und Fakten. Ein amerikanischer Fotograf hat das Foto während seiner Reise durch Südfrankreich gemacht. Nach dem Tod meines Großvaters habe ich ihn aufgespürt und ihn um einen Abzug gebeten.“
    „Ihr müsst euch sehr nahe gestanden haben. Du hast einmal erwähnt, dass ihr viel Zeit miteinander verbracht habt.“
    Pascal nickte nur, und Alana fragte nicht weiter nach. Sie verstand das Bedürfnis, gewisse Dinge für sich zu behalten. Sie setzte sich wieder in Bewegung, um auch die anderen Kunstwerke im Wohnzimmer zu bewundern.
    Als sie sich schließlich wieder zu Pascal umdrehte, war ihr Weinglas leer. Eigentlich hatte sie ihn nach noch einem Schluck fragen wollen, doch bereits jetzt spürte sie die Wirkung des Alkohols. Eine sinnliche Sehnsucht pulsierte zwischen ihnen, schwer und träge. Zu viel, zu früh. Pascal trat auf sie zu, doch sie schüttelte rasch den Kopf. Sie war noch nicht bereit. In seinen Augen konnte sie lesen, dass er es längst wusste. Seine Voraussicht erschreckte sie. Sie war es nicht gewohnt, dass Menschen ihre Wünsche ahnten oder überhaupt wahrnahmen.
    „Du musst müde sein.“
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. Sie war alles andere als müde. „Ich bin seit heute Morgen auf den Beinen. Ich denke, ich werde zu Bett gehen.“
    Das Wörtchen allein gesellte sich zu der Sehnsucht, die noch immer zwischen ihnen schwebte. Tat sie das Richtige? Ihr Körper sagte Nein, aber ihr Kopf sagte Ja.
    „Natürlich. Wann musst du morgen bei der Arbeit sein?“
    Alana schaute auf die Uhr. „Ich treffe mich mit dem Team um die Mittagszeit im Stadio Flaminio. Anstoß ist dann um drei.“
    „Mein Chauffeur wird dich hinbringen.“
    „Bist du sicher? Ich kann auch ein Taxi nehmen.“
    Er schüttelte den Kopf und nahm ihr das Weinglas aus der Hand. „ Dors bien , Alana. Schlaf gut.“

4. KAPITEL
    Schwer atmend erreichte Alana ihr Zimmer. Sie hastete ins angrenzende Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen schimmerten glasig. Himmel, was hatte sie gerade getan? Sie ließ den Kopf sinken und klammerte sich am Waschbecken fest.
    Erst nach geraumer Weile kehrte sie ins Schlafzimmer zurück und redete sich ein, dass ihre Tasche auspacken genau das war, was sie jetzt tun wollte. Ein Seidenkleid glitt ihr aus den zitternden Fingern. Es war eines der wenigen Kleider, die sie aus der Zeit ihrer Ehe behalten hatte. Ryan hatte sich über sie lustig gemacht, als sie es zum ersten und einzigen Mal getragen hatte. Für seinen Geschmack war es viel zu bieder, Alana hingegen fand es recht freizügig. Bis jetzt.
    Sorgsam hängte sie es auf einen Bügel in den Schrank, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, warum sie es überhaupt mitgebracht hatte.
    Anstatt sich nun auszuziehen, setzte sie sich auf die Bettkante. Ihr Herzschlag wollte nicht zur Ruhe kommen. Es war, als wisse ihr Körper längst um das Unvermeidliche. Sie konnte es sich nicht länger verweigern.
    Sie stand auf und ging zur Tür. Das einzige Licht kam von unten. Am Treppenabsatz blieb sie stehen. Pascal saß noch auf dem Sofa, die Beine vor sich ausgestreckt, ein Glas Wein in der Hand, und starrte nachdenklich vor

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