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Die Stunde des Wolfs

Die Stunde des Wolfs

Titel: Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Furst
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Maschinengewehr.« De Haan überlegte einen Moment und sagte: »Nein, ich nehme Cornelius mit.«
    Auf dem Hauptdeck, eine Ebene unter der Brücke, befand sich die Messe am Ende eines Flurs hinter dem Kartenraum und den Offizierskajüten. De Haan blieb vor dem schweren Schott draußen an Deck stehen. »Cornelius, ich möchte, dass Sie in die Messe gehen. Schauen Sie sich um, verschaffen Sie sich einen Eindruck, wie's da drinnen aussieht und wo sich der Bewacher befindet!«
    »Jawoll, Herr Kaptän«, sagte Cornelius. Er war tapfer, der Kampf auf der Brücke hatte ihm zugesetzt.
    »Sie können das«, sagte De Haan. »Es ist leicht, tun Sie einfach, was Sie immer tun, Sie müssen nicht ruhig oder besonders gescheit sein. Laufen Sie einfach den Flur entlang und sagen Sie der Wache, dass Sie Leutnant Schumpel schickt.«
    »Und weshalb schickt er mich, Herr Kaptän?«
    »Sie sind der Messejunge – Sie werden was zu essen raufbringen. Die haben schon ziemlich lange nichts zu essen gehabt, Sie kommen also, um, um zu zählen, wie viele sie sind, und der Koch wird Butterbrote und Kaffee raufschicken.«
    Cornelius nickte. »Butterbrote.«
    »Und Kaffee. Keine Angst.«
    »Jawoll, Herr Kaptän.«
    Als Cornelius nach dem Schotthebel fasste, wurde De Haan bewusst, dass er unbedingt wissen musste, was in der Messe vor sich ging – für den Fall, dass die Wache die Geschichte nicht schluckte. Er hatte vorgehabt, an Deck auf Cornelius zu warten, doch jetzt erkannte er, dass er hineingehen musste. »Ich bin am anderen Ende des Flurs«, sagte er.
    Cornelius zog das Schott auf und ging hinein. Hinter ihm schlug De Haan es zu, und Cornelius trampelte laut vernehmlich den Korridor entlang. Er war etwa in der Mitte, kurz vor der Ecke, die in die Messe führte, als jemand auf Deutsch rief: »Wer da?«
    »Der Messejunge!«
    De Haan ging auf ein Knie hinunter, um ein kleineres Ziel zu bieten, und hielt sich das Gelenk der Pistolenhand, um nicht zu zittern. Falls der Bewacher den Kopf um die Ecke streckte …
    Cornelius verschwand rechts um die Ecke. Dann aus der Messe Stimmen, wenn auch sehr leise. De Haan sah auf die Uhr – zehn vor acht, das Funkgerät war seit fünfzehn Minuten nicht besetzt. Mehr Stimmen. Worüber mochten sie reden? Komm schon, Cornelius, zähl durch und verschwinde.
    Endlich Schritte. Und eine Stimme, direkt um die Ecke, wo der Bewacher seine Gefangenen nicht aus dem Äuge verlieren konnte. »He, Messejunge.«
    »Ja?« Cornelius' Stimme war kurz vor einem Quieken.
    »Bring mir zwei davon.«
    »Zwei, sehr wohl.«
    »Und ein bisschen plötzlich, wenn ich bitten darf.«
    Cornelius gehorchte und trottete den Flur zurück. De Haan folgte ihm nach draußen an Deck und schlug wirkungsvoll das Schott hinter ihnen zu.
    »Und?«, fragte er.
    »Er lässt sie alle am Boden liegen, auf dem Bauch, Hände hinter dem Kopf.«
    »Nur eine Wache?«
    »Ja.«
    Unterbesetzt. Er erkannte, dass Schumpel einen Fehler gemacht hatte – das hier war ein Enter- und kein Prisenkommando. »Wie sieht er aus?«
    »Ein Matrose, Herr Kaptän. Mit Bart, wie Hitler. Er hat die ganze Zeit, als ich drinnen war, sein Gewehr auf mich gerichtet.«
    »Hat irgendjemand was gesagt?«
    »Nein, der Bewacher hat gefragt, ob ich mit irgendjemandem gesprochen hätte, vom Schiff.«
    »Und was haben Sie gesagt?«
    »Nur mit dem deutschen Offizier.«
    »Hat er Ihnen geglaubt?«
    »Er hat mich angesehen, Herr Kaptän, hat mir Angst gemacht, so wie der guckte.«
    De Haan wagte nicht, Cornelius in die Kombüse zu schicken – er brauchte jemanden, der den Funkraum besetzte, und der normale Rundgang des Messejungen dauerte immer mindestens eine halbe Stunde. Und so blieb er an Deck im Nieselregen stehen, Cornelius an seiner Seite. Acht Uhr fünfundfünfzig, acht Uhr achtundfünfzig.
    »Jetzt gehen wir zurück«, sagte er und überprüfte die Automatik ein letztes Mal.
    »Um noch mal zu fragen?«
    »Nein«, sagte De Haan. »Sagen Sie einfach nur, wer Sie sind, während Sie den Flur entlanggehen, und dann rennen Sie am Schott vorbei. Schnell. Verstanden?«
    »Ja. Werden Sie ihn töten?«
    »Ja.«
    De Haan öffnete das Schott und folgte Cornelius durch den Korridor. Was für ein vertrautes Terrain; der Kartenraum, seine Kajüte, Ratters Kajüte – auf einmal war es ihm fremd.
    Im Flüsterton sagte De Haan: »Rufen Sie ihn.«
    »Hallo! Der Messejunge.«
    »Was denn nun?«
    »Messejunge.«
    Sie erreichten die Ecke, Cornelius zögerte, De Haan gewährte dem Bewacher einen

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