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Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht

Titel: Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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auch das Licht zu rauben. Die Schmerzen, die Hel empfunden hatte, kamen ihr jetzt beinahe unwirklich vor - es wollte ihr nicht in den Sinn, dass sie überlebt hatte. Wieder. Auch wenn Mercurin sie gerettet hatte, war sie dem Angriff des Dämons länger ausgesetzt gewesen, als möglich sein konnte.
    Sie musste an den Isen denken. Wie war er so nah an
den Kampf herangekommen? Hatte er nicht wie die Tiere gespürt, wie ihm sein Licht entzogen wurde? War er dem Schmerz zum Trotz näher gekommen, um das Mädchen zu töten? Nachdem das merkwürdige Licht aus ihr in ihn hineingeströmt war, war sein Entsetzen aber so groß gewesen, dass Hel nicht glauben konnte, dass er gewusst hatte, was er tat.
    Ob Mercurin ihn eingeholt hatte? Ob er ihn … Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht daran denken. Doch das Bild kehrte immer wieder zu ihr zurück: Mercurin, wie er die Hände hob, um den Dämon zu attackieren und dann den Isen. Wie er die Hände gehoben hatte, um ein Leben auszulöschen. Seine Miene war ohne Regung gewesen.
    Aber als er sie angesehen hatte … da war so viel, so viel in seinem Blick gewesen, ein ganzes Meer, das sie nur durch einen Brunnenschacht erspähen konnte. Und er hatte sie gewürgt. Sie spürte seinen Griff noch an ihrem Hals. So wie die Berührung an ihrer Wange. Plötzlich war sie sicher, dass, falls seine Hand an ihrem Hals blaue Flecken hinterlassen hatte, auch ihre Wange gezeichnet sein musste - dass seine Gewaltsamkeit nicht mehr Spuren hinterlassen konnte als die Zärtlichkeit. Zitternd berührte sie die Stellen, doch sie fühlte ihre eigene Hand kaum, war seltsam taub.
    Olowain und die Gesandten traten an den Leichnam des Mädchens heran. Dort, wo das Schwert sie durchbohrt hatte, war ein Brandloch. Ihr Gesicht war eingefallen und grau wie Asche. Die Augen hinter den halb geschlossenen Lidern waren vollkommen lichtlos. Sie wirkte, als wäre sie nicht letzte Nacht, sondern schon vor langer Zeit gestorben.
     
    Später fühlte Hel sich so weit, den anderen zu erzählen, was passiert war. Sie saßen unter einem großen Felsen, eine Stunde
östlich von dem Schauplatz des Kampfes. Nova hatte darauf bestanden, Hel zu tragen, sich jedoch überreden lassen, sie wieder abzusetzen, sobald es bergauf ging. Dass die Anstrengung ihn so schnell umgestimmt hatte, schien ihn jetzt zu beschämen - jedenfalls verhielt er sich, als müsste er etwas wiedergutmachen, und bemutterte Hel, wo er nur konnte. Sie musste erst ein neues Feenlicht umlegen und etwas essen und trinken, damit er halbwegs Ruhe gab. Doch auch danach erntete jeder einen bösen Blick von ihm, der sie mit Fragen belästigte.
    Gefasst berichtete Hel, was vorgefallen war. Sie versuchte, nichts auszulassen - alles, woran sie sich erinnerte, gab sie wieder. Sie gestand, dass Mercurin derjenige war, der sie in der Wüste gefunden und gerettet hatte. Nur was sie sich gesagt und wie sie sich angesehen hatten, behielt sie für sich. Das war etwas, das ihr niemand erklären konnte, auch Olowain mit dem Wissen der Magierschaft nicht.
    Nur eins musste sie Olowain fragen. Sie wagte nicht, ihn anzusehen, als sie sagte: »Ich habe die Dämonen miteinander sprechen gehört, in einer anderen Sprache. Ich weiß nicht, welche. Meister Olowain, vielleicht wisst Ihr, was es bedeutet - einer der Dämonen sagte etwas wie: Maeryn, ilaid ny te .«
    Olowain richtete sich auf. »Was? Bitte sag das noch einmal.«
    Hel schluckte. Leise wiederholte sie die Worte.
    Olowain ging drei Schritte, blieb stehen und stapfte zurück. Bleich vor Schreck starrte er Hel an. »Bist du sicher, dass es diese Worte waren?«
    Hel nickte zögernd.
    »Hat das Mädchen auch etwas gesagt?«
    »Ja … ich erinnere mich nicht genau, was. Sie sagte … ein Wort, ich glaube Bahayn oder so ähnlich.«

    »Bahayn«, murmelte Olowain. Dann legte er die Stirn an seinen Stab, als müsste er sich konzentrieren.
    »Wieso, was bedeutet das Wort denn?«, fragte Harlem. »Zwergisch ist es jedenfalls nicht. Obwohl - Bhrya , das bedeutet Bruder bei uns …«
    Olowain sah sie aus blanken Augen an. »Ja. Bruder. Bahayn bedeutet Bruder. In der Alten Sprache.« Er sah in die Runde. »Die Dämonen haben die Alte Sprache benutzt.« Er stand eine Weile an seinen Stab geklammert da, darauf wartend, dass seine Stimme wiederkehrte. »Die Dämonen kommen aus dem Alten Reich.«
    Hel starrte auf ihre Hände hinab. Das ergab Sinn. Darum hatte Mercurin so wenig von der Welt gewusst. Darum hatte er so viel verschwiegen.

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