Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
du?«
»Die Magierschaft hat alle Schiffe nach Aradon gerufen.«
Hel machte große Augen. »Was, die ganze Liga?«
Nova nickte. »Ich wusste nicht, dass auch die Schwalbe angegriffen wurde. Es hat Unfälle bei drei Schiffen gegeben - der Adler , der Eule und der Kranich . Niemand weiß genau, was passiert ist. Es gab keine Überlebenden.«
Hel fühlte, wie etwas in ihr zusammensackte. Sie hatte viele Sturmjäger von den Schiffen gekannt. Gesichter und Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf wie ein Hagel feiner Nadeln. Sie wollte etwas sagen, doch die einzigen Worte, zu denen sie fähig war, lenkten von ihrem Schock ab: »Und die Magierschaft hat nun … hat die Liga nach Aradon gerufen?«
»Um die Unfälle aufzuklären. Angeblich. Vielleicht hat jemand die Schiffe angegriffen. Vielleicht sind sie aber auch abgestürzt, weil etwas mit dem Lirium nicht gestimmt hat, und deshalb müssen jetzt alle anderen Schiffe überprüft werden. Es kursieren so viele Geschichten - halte dich bloß von den anderen Sturmjägern fern, wenn du dich nicht verrückt machen lassen willst. In Aradon werden wir Antworten kriegen.« Er sah sie besorgt an. »Die Taube fliegt morgen früh hier los. Wir könnten dich mitnehmen.«
Hel kaute auf ihrer Unterlippe. Morgen schon … Sie schüttelte den Gedanken an den Jungen - Mercurin - ab und nickte. »Danke. Ich kann im Augenblick nicht bezahlen, aber die Magierschaft wird mir Geld leihen.«
Nova winkte ab. »Unsinn, Hel! Wir haben einen Gast auf der Taube , der uns für die Mitreise großzügig bezahlt. Einen blinden Passagier können wir uns leisten.«
»Danke. Ich zahl’s aber trotzdem zurück.«
Er sah sie mitleidig an und Hel wich seinem Blick aus. Sie würde Geld verdienen. Es gab genug Schiffe in der Liga, auf denen sie anheuern konnte. Irgendjemand würde sie schon nehmen.
»Also, die Taube liegt im Nordhafen, morgen bei Sonnenaufgang geht es los. Magst du solange hier bei uns bleiben? Die Jäger von der Albatros und der Möwe sind auch da, es ist eigentlich ganz lustig.«
Hel schielte zu einem Grüppchen lärmender Männer hinüber, die sich lautstark über abstürzende Schiffe unterhielten. »Danke, ich will lieber allein sein.«
»Bist du sicher? Ja, stimmt eigentlich.« Er kratzte sich den Kopf. »Du willst jetzt wohl … Komm, ich setz mich mit dir hinten an die Tische.«
»Schon gut. Ich seh dich morgen beim Schiff.«
»Wirklich?«
Sie nickte wieder.
»Was machst du jetzt?«, fragte er unsicher.
Hel zuckte die Schultern. Bloß keine Tränen. Sie zog die Nase hoch und verschränkte die Arme. »Ich hau mich irgendwo aufs Ohr, bin hundemüde.«
»Ich glaube, Roian und Sillima sind auf der Taube geblieben, sie lassen dich rein. Warte.« Er nestelte an seiner Jacke herum und gab ihr eine vergoldete Manschette in Form eines Degens. »Sag, dass ich dich geschickt habe.«
»Alles klar«, murmelte Hel. »Und danke noch mal.«
Sie nahm die Manschette und ging. Irgendwas rief Nova ihr hinterher. Sie hörte es nicht mehr, wollte es auch nicht
hören. Seine Unbeschwertheit machte sie wütend. Dabei half er ihr mehr, als sie hätte erwarten dürfen. Trotzdem konnte sie ihm nicht dankbar sein.
Hel lief vom Platz und tauchte in das Gassenlabyrinth ein. Überall strömte fröhlicher Lärm aus den Tavernen. Die ganze Welt schien zu feiern, und sie kam sich inmitten all der lachenden Leute so unendlich allein vor, dass es wehtat. Aber irgendwo war ja auch er - Mercurin. Allein. Von dunklen Sorgen verfolgt. Wieso hatte er sie einfach stehen lassen? Er hätte ihr doch vertrauen können … welchen Gefahren er sich auch stellen musste, sie hätte versucht, ihm zu helfen. Sie schuldete ihm ihr Leben, und er gab ihr nicht einmal die Chance, sich zu revanchieren.
Hel ließ sich auf einer abgetretenen Stufe nieder und stützte das Gesicht in die Hände. Sie übertrieb, das wusste sie. Mercurin ging sie im Grunde gar nichts an. Sie suchte nur nach etwas, um sich abzulenken … von dem, was jetzt auf sie zukam. Das war die eigentliche Wüste, die tödliche Leere: ihre Zukunft. Wenn sie den Magiern vom Absturz berichtet hatte, was sollte sie dann mit sich anfangen? Wer würde sie brauchen, wo doch so viele fähige Sturmjäger ihre Beschäftigung verloren hatten? Lirium verschwand, die Flotte der Liga verschwand, alles ging dahin … es gab keine Aussicht, für niemanden.
Plötzlich wirkten die feiernden Gestalten gar nicht mehr so fröhlich. Der Mann, der unter den Anfeuerungsrufen der
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