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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hatte den Eindruck gehabt, dass der Feldmarschall keinen Ausweg mehr wusste. Die Offiziere um ihn behandelten ihn zwar höflich, doch spürte sie, dass die meisten ihn verachteten. Abgesehen von einigen Speichelleckern, die ihre Ränge wohl durch des Prinzen Gnade empfangen hatten. Als sie berichten musste, dass sich Daun und Nádasdy zunächst noch von Prag zurückzogen, hatte für fast eine Minute Schweigen in der Runde der Offiziere geherrscht.
    Sie war so erschöpft gewesen, dass sie sich auf den Kartentisch hatte aufstützen müssen. Drei Tage lang hatte sie kaum Schlaf gefunden. Der Prinz hatte ihren Brief von Nádasdy entgegengenommen und ihr dann befohlen, sich von einem Diener in ein Gemach leiten zu lassen, wo sie ruhen konnte.
    Ein wenig beschämt blickte Gabriela auf ihre Stiefel. Sie erinnerte sich dunkel, wie sie sich in das große, weiche Bett geworfen hatte. Offenbar war sie sofort eingeschlafen. Mit einem stummen Gebet dankte sie der Jungfrau Maria, dass der Diener nicht auf die Idee gekommen war, sie zur Nacht auszukleiden, damit sie es bequemer hatte.
    Müde blinzelnd zog sie den schweren Samtvorhang zur Seite. Auf einem vergoldeten Sekretär unter dem Fenster stand ein silbernes Tablett mit Bratenscheiben, dunkler Sauce und einem kleinen Brot. Knurrend meldete sich ihr Magen. Sie war so hungrig wie eine Wölfin.
    Gabriela ließ sich aus dem Bett gleiten. Wie ein Raubtier schlang sie das Fleisch in großen Brocken herunter. Dazu riss sie Stücke aus dem Brot und tunkte es in die Soße. Auf dem Tablett stand auch eine silberne Karaffe mit Wein. Suchend blickte sie sich um. Auf einem zweiten kleinen Tisch auf der anderen Seite des Bettes sah sie eine kostbar bemalte Porzellanschüssel und daneben einen dickbauchigen Krug. Dort holte sie sich ein Glas voll Wasser und wusch sich anschließend das Gesicht.
    Dann öffnete sie die Tür des Zimmers und spähte auf den Flur. Direkt neben dem Eingang saß ein livrierter Diener auf einem Stuhl. Ein alter Mann. Der Kopf war ihm auf die Schulter gesunken. Er schlief.
    Leise schloss sie die Tür, holte das Nachtgeschirr unter dem Bett hervor und erleichterte sich. Wie immer, wenn sie ihre Notdurft verrichtete, quälte sie die Sorge, dass man sie überraschen könnte. Sie ließ sich kaum Zeit dazu und riss hastig wieder die Hose hoch. Dann kämmte sie mit den Fingern durch ihr Haar und flocht ihre Husarenzöpfe an den Schläfen neu. Als sie sich noch den gröbsten Schmutz von der Uniform geklopft hatte, trat sie aus dem Zimmer.
    Der alte Kammerdiener schlief noch immer. Sie räusperte sich leise. Obwohl all der Kanonendonner ihn nicht gestört zu haben schien, erwachte er bei diesem leisen Geräusch sofort.
    »Sie müssen verzeihen, gnädiger Herr«, entschuldigte er sich mit breitem Wiener Akzent. »Ich hab so viele Stunden gesessen und darauf gewartet, dass Sie wieder erwachen.«
    Erschrocken blickte Gabriela zu den Fenstern. Die Sonne lag hinter dunklen Wolken verborgen, sodass schwer zu schätzen war, wie spät es sein mochte.
    »Ich soll mich beim Feldmarschall melden.«
    »Ja, gnädiger Herr. Der Stab ist im Vladislav-Saal. Ich werde Sie dorthin führen. Wenn der gnädige Herr mir bitte folgen würde.«
    Der Diener schlug ein überraschendes Tempo an und führte Gabriela durch mehrere Korridore und über eine große Wendeltreppe zu einem prächtigen Saal. Wohl zwanzig Offiziere standen dort in kleinen Gruppen zusammen. Ständig kamen Boten herein, die Nachrichten überbrachten. Deutlicher noch als in ihrem Schlafgemach hörte man hier den Kanonendonner.
    »Wie es scheint, ist der Herr Feldmarschall nicht zugegen«, murmelte der Leibdiener.
    Ein junger Mann in Husarenuniform bemerkte sie und kam ihnen entgegen. Mit abschätzendem Blick musterte er Gabriela vom Scheitel bis zur Sohle. »Sie sind also der Held des gestrigen Tages.« Er schlug die Hacken zusammen und verbeugte sich knapp. »Gestatten, Lieutenant Somogy von den Esterházy-Husaren. Meine Eskadron ist nach der Schlacht vom Rest des Regiments abgeschnitten worden, und wir mussten uns in die Stadt zurückziehen. Das hier ist kein Ort für einen Husaren. Wenn’s so weitergeht, werden wir wohl bald zum Fußdienst auf den Schanzen eingeteilt und sie schlachten unsere Pferde, damit es noch mal ’ne Portion Fleisch gibt.« Der junge Offizier lächelte bitter. »Sie glauben gar nicht, wie sehr ich Sie beneide, Kamerad.«
    Gabriela blickte verlegen zur Seite.
    Somogy lachte. »Nur keine falsche

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