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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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willst doch nun nichts tun, was wir beide anschließend bedauern würden! Glaube mir, ich bin dir wohlgesonnen und will dich nur davor bewahren, dass gleich mir noch andere dein tollkühnes Spiel durchschauen werden. Mein einziges Begehr ist es, dich aus der Ferne studieren zu dürfen, denn jemand wie du ist mir noch nicht untergekommen.«
    Gabriela hatte sich wieder unter Kontrolle. Sie löste die Hand von der Waffe. Die Stimme des Mannes klang vertraut. Sie waren sich schon einmal begegnet. »Wer bist du? Gib dich zu erkennen, denn ich mache keine Geschäfte mit Schatten.«
    »Mein Herz ist betrübt. Ich hatte gehofft, du würdest dich an mich erinnern. Wir sind uns vor dem Antlitz des Lasters begegnet … «
    »Bist du ein heidnischer Orakelpriester oder warum gefällt es dir, in Rätseln zu sprechen? Unter Zigeunern würdest du dich wohl auch gut machen … « Gabriela stutzte. Das Antlitz des Lasters? »Die Hure Babylon!«
    Der Schatten verbeugte sich und lüftete eine unförmige Pelzmütze. »Im Allgemeinen ziehe ich es vor, wenn man mich Gregorius nennt.«
    Misstrauisch musterte sie den Feuerwerker. »Woher weißt du, wer ich bin?«
    Er antwortete mit einem Lachen. »Ich bin unter Musikern, Künstlern und Schauspielern aufgewachsen. Leute, die sich so oft verstellen, dass sie manchmal gar nicht mehr wissen, wer sie wirklich sind. Das schärft den Blick. Und unter uns … Ich habe schon bedeutend bessere falsche Bärte gesehen. Bei hellem Tageslicht würde ich mit diesem Borstengestrüpp, das du unter deiner Nase trägst, lieber nicht herumlaufen. Es muss schon finster sein, oder man muss sich den Freuden des Bacchus hingegeben haben, um nicht zu erkennen, was dir ins Gesicht geschrieben steht. Doch warum dieses Maskenspiel? Was bringt die Nichte des Stadtkommandanten dazu, sich nachts in übel beleumundeten Schenken herumzutreiben und einen eleganten Raufbold zum Duell zu fordern?«
    »Und was treibt den berühmtesten Feuerwerker Nürnbergs in diese Schenke?«
    »Nun, die Nacht war kalt, kein warmer Schoß in Sicht, und außerdem hatte sich der junge von Zeilitzheim an mich gehängt. Da er nur zu ertragen ist, wenn er sich betrunken hat, habe ich mit ihm die nächste Kneipe angesteuert. So viel zu mir. Beantwortest du auch gelegentlich eine Frage?«
    »Was ist dein Preis für meine Geschichte?«
    »Wenn du es schaffst, mich glauben zu lassen, dass du mir wirklich die Wahrheit gesagt hast, dann werde ich dich lehren, ein Mann zu sein. Ich weiß viel über die Kunst, sich zu verkleiden und zu schminken. Es wäre mir auch ein Leichtes, dir einen besseren falschen Schnauzbart zu machen … «
    »Warum sollte ich dir vertrauen, Gregorius?«
    Der Feuerwerker sah sie lange an und nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife, bevor er antwortete. »Vielleicht, weil ich in dir einen verwandten Geist fühle? Auch du willst dich nicht einfach dem Leben ausliefern, von dem andere wünschen, dass du es führst. Du verbirgst dich hinter einer Maske. Vielleicht ist es vermessen von mir, den Wunsch zu haben, jenes Geschöpf kennenzulernen, das hinter den Larven des Wolfstöters und der Nichte des Festungskommandanten steht. Auf jeden Fall verspricht es ein interessanter Zeitvertreib für einen langen Winter zu werden, in dem mir wieder einmal nichts zu tun bleibt, als Hunderte Raketen zu bauen. Weißt du, wie das ist, mit anzuschauen, wenn sich die Arbeit eines halben Jahres binnen einer Stunde in Rauch auflöst? Das Feuer ist ein trügerischer Freund, sage ich dir … Und was dich angeht, welches Risiko gehst du schon ein? Ich sage dir auf den Kopf zu, dass du, noch bevor der Frühling kommt, auffliegen wirst. Du gehst nicht wie ein Mann, du verstellst deine Stimme zu sehr … Dabei ist sie dunkel genug. Sie klingt nur deshalb falsch, weil du dir zu viel Mühe gibst, dich wie ein Mann anzuhören. Wenn ich mit dir fertig bin, würde dich selbst dein eigener Vater für einen Knaben halten!«
    Die Erinnerung an ihren Vater versetzte ihr einen Stich. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und sah sich um, ob es irgendwo im Finstern vielleicht einen Zeugen für ihr Gespräch geben mochte. Doch soweit sie sehen konnte, waren sie beide allein. Was hatte sie zu verlieren, wenn sie sich auf den Vorschlag des Feuerwerkers einließ? Er hatte ihr Spiel ohnehin durchschaut … Wenn er sie jedoch lehrte, ihre Rolle besser auszufüllen, dann würde dies nur von Vorteil für sie sein. Schließlich streckte sie ihm die Hand entgegen.

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