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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Hemd eingeschlagen und unter seinen Arm geklemmt. In der Rechten hielt er den Bierkrug.
    Um zur Stellmacherei zu kommen, musste er quer über den Exerzierplatz. Noch immer standen dort einige seiner Gäste. Flüchtig grüßte er sie, indem er ihnen kurz zunickte oder den Humpen hob. Er musste sich beeilen. Viel Zeit bliebe ihm nicht mehr. Er durfte der Gesellschaft im Fahnensaal nicht zu lange fernbleiben. Sicher würde man schon bald seine Abwesenheit bemerken. Ohne zu zögern, ging er direkt zu seiner Kutsche, auf deren Türe das Wappen der Brettons prangte, ein weißes, steigendes Pferd auf rotem Grund. Der General öffnete den Schlag. Schon am Nachmittag hatte er alles vorbereitet. Auf den Ledersitzen lagen ein schlichter, grauer Mantel, ein Schal, ein Dreispitz und vor allem eine geladene Pistole. Hastig zog er die Kleider an. Der Mantel verbarg seine auffällige, weiße Paradeuniform, den Schal wickelte er ums Gesicht und zog den Dreispitz tief in die Stirn. Dann schob er die Pistole unter den Mantel, klemmte sich Caspars Kleider unter den Arm und griff nach dem Bierhumpen voller Blut. Die Wachen würden ihn so nicht erkennen, und er könnte ungehindert die Tore passieren.
    Einen Moment lang stand er noch zögernd neben der Kutsche. Wenn er einen wirklichen Neuanfang haben wollte, dann musste er erst etwas zu Ende bringen. Seine Hand tastete nach der Pistole. Es gab keinen anderen Weg!
    Gabriela erwachte vom Geräusch schwerer Stiefel auf dem Flur. Fast im selben Augenblick wurde ihre Tür aufgerissen. Das Licht einer Sturmlaterne blendete sie. Verschlafen blinzelte sie zum Fenster. Es war noch stockfinster.
    »Dem Himmel sei Dank! Du lebst!«, erklang eine atemlose Stimme. Es war Branko!
    »Was zum Teufel machst du hier? Es ist mitten in der Nacht! Und … «, sie stutzte. »Natürlich lebe ich! Was soll das heißen? Du lebst! Hat man dir zu viel Wein gegeben letzte Nacht?«
    Der Junge trat ein und schloss die Tür. »Scherze nicht mit mir!« Er wirkte todernst. »Es sieht so aus, als habe man Caspar ermordet und … « Er schüttelte den Kopf. »Aber wie ist das möglich, wo du noch hier bist … «
    »Caspar ermordet?« Gabriela richtete sich im Bett auf. Sie war schlagartig hellwach. »Wie kommst du darauf?«
    »Man hat seinen Dreispitz bei den Anlegestellen am Flussufer gefunden. Eine blutige Schleifspur führt über das Eis bis zum Wasser und ein zerrissenes Hemd trieb zwischen den Eisschollen.«
    Gabriela starrte den Jungen einen Augenblick lang an. »Das ist doch völlig unmöglich … Ich war doch hier … Wer … « Sie stieß die Decke zur Seite und schwang sich aus dem Bett. Mit zitternden Fingern öffnete sie den Deckel ihrer Kleidertruhe. Zuoberst hatte sie immer den Dreispitz liegen. Er fehlte. Die Wäsche war zerwühlt.
    »Wer zum Henker könnte das getan haben?« Nervös nagte Gabriela an ihrer Unterlippe. Zuerst dachte sie an Hauptmann Birtok, doch der Offizier war den ganzen Abend auf dem Fest gewesen.
    So als könne Branko in ihren Gedanken lesen, murmelte auch er den Namen des Füsilierhauptmanns. »Man redet über ihn. Die ganze Garnison weiß, dass er deinetwegen im Streit mit Caspar lag und es beinahe ein Duell gegeben hätte … Angeblich ist am Flussufer auch eine Pistole gefunden worden … Es sieht ganz so aus … «
    »Nein!« Gabriela schüttelte entschieden den Kopf. »Birtok kann mit Leichtigkeit zwei Dutzend Zeugen aufbieten, die ihn den ganzen Abend auf dem Silvesterfest meines Onkels gesehen haben. Als er sich verabschiedete, war er zu betrunken, um noch geradeaus gehen zu können.«
    »Und wenn er irgendeinen Halsabschneider dafür angeheuert hat? Schurken gibt es genug in den Schenken und … «
    »Unsinn! Ich bin hier! Du siehst doch wohl, dass Caspar nicht tot sein kann!«
    »Aber überall am Flussufer ist Blut … « Der Junge schlug hastig ein Kreuz. »Was für ein Teufel mag dort diese Nacht gewütet haben? Wie kann man jemanden ermorden, den es gar nicht gibt? Ist vielleicht dein Schatten … « Ängstlich stierte er auf den Boden.
    Gabriela folgte seinem Blick und lachte. »Wie du siehst, habe ich meinen Schatten noch!« Sie streckte ihm die Hand hin. »Und du kannst dich gerne davon überzeugen, dass mein Leib nicht kalt wie ein Grab ist. Ich bin weder ein Wiedergänger noch ein Gespenst!«
    Branko sah zu ihrer Hand und blickte ihr dann ins Gesicht. Seine Zweifel waren immer noch nicht ausgeräumt. Ganz vorsichtig berührte er ihre Fingerspitzen. In dem Moment griff

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