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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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deinen Namen in seiner Gegenwart auch nur zu erwähnen. Von den Torwachen erfuhr ich, dass du noch in der Nacht des Feuerwerks in einer Kutsche abgereist warst.
    Allein die Götter wissen, welche Seelenqual mir diese Kunde bereitete. Einer meiner Männer hat deinen Gatten in einer Schenke aufgespürt. Offenbar hat ihn dein Onkel nach dem Feuerwerk für ein paar Tage in Haft nehmen lassen, um dir einen Vorsprung zu verschaffen. Bis ich in die Schenke kam, war er schon recht angeheitert, und gegen ein Abendessen und eine Flasche Wein hat er mir deine Geschichte erzählt. Ich glaube nicht, dass er die Wahrheit gesagt hat, doch wie es scheint, hast du das auch nicht.
    Wie dem auch sei, wenn du nach Temeswar reist, begibst du dich in tödliche Gefahr. Da du diesen Brief in Händen hältst, weißt du, dass ich dir einen meiner Freunde nachgesandt habe. Auch wenn er manchmal etwas seltsam sein mag, ist Sir ein rechtschaffener Kerl. Er hat sehr vielseitige Talente und vermag dir gewiss zu helfen, so du denn bereit bist, Hilfe anzunehmen. Ich weiß, dass ich unseren Streit in der Feuerwerksnacht nicht ungeschehen machen kann, und wahrscheinlich werden sich unsere Wege nie wieder kreuzen, doch hoffe ich, dass es dir wohl ergehen möge, und du meiner gedenkst, wie du mich vor diesem törichten Zwist gekannt hast.
    Ich bin kein guter Briefeschreiber und manchmal, vor allem wenn es besonders wichtig ist, fallen mir nicht die rechten Worte ein. So bleibt mir nur zu hoffen, dass du an der Aufrichtigkeit meiner Worte keinen Zweifel hegst.
    Nun lebe wohl, meine Amazone.
    Gregorius
    Sorgfältig faltete Gabriela das Pergament und legte es in den Kasten mit den Duellpistolen. Der Brief hatte ihre Gefühle verwirrt. Während sie las, war noch einmal ihre Wut auf den Feuerwerker aufgelebt, doch als sie zum Ende kam, war ihr Zorn verraucht.
    Sie blickte zu Sir, der inzwischen eingeschlafen war und lauthals schnarchte. Für einen Moment überlegte sie, ob sie einfach aufstehen und sich davon machen sollte. Aber wohin konnte sie schon gehen? Nachdenklich blickte sie in die Flammen und dachte an jene glücklichen Tage, als sie an der Seite ihres Vaters auf die Jagd gegangen war.

3. KAPITEL
    Sie waren im Gasthof »Zum schwarzen Hahn« in der Mihalla, der Vorstadt aus der Türkenzeit, nordwestlich von Temeswar, abgestiegen. Dort bewohnten sie zwei kleine Zimmer unter dem Giebel und erholten sich von den Strapazen des langen Ritts. In den letzten Tagen hatte Sir einigen Respekt vor dem verrückten Freifräulein bekommen. Offenbar war sie schon lange nicht mehr eine so weite Strecke geritten. Sie musste völlig wund sein, und sobald sie abstieg, stelzte sie daher wie ein Storch im Salat. Doch kein Wort der Klage kam über ihre Lippen. Niemals hätte sie ihm gegenüber eine Schwäche eingestanden.
    Um in der Stadt nicht so sehr aufzufallen, hatte Sir eine Hose angezogen und fühlte sich nun entsprechend unwohl. Die Wollhose zwickte und war bei der sommerlichen Hitze alles andere als angenehm zu tragen. Gabriela hatte sich, seit sie im Gasthaus abgestiegen waren, kaum aus ihrem Zimmer bewegt. Nun stand er vor ihrer Türe und zögerte anzuklopfen. Doch er musste wissen, wie es weitergehen sollte. Er konnte sich in aller Seelenruhe mitten in einer Schlacht eine Pfeife anzünden, doch tagelang herumsitzen und warten, das konnte er nicht!
    Endlich klopfte er gegen das rissige Holz der Tür, von dem in breiten Bahnen die rote Farbe abblätterte. Von drinnen erklang eine brummende Antwort, und er trat ein. Gabriela lag auf dem Bauch im Bett und putzte ihre Pistolen.
    »Was willst du?«, fragte sie unwirsch.
    Sir bemerkte, dass die Schwellung in ihrem Gesicht fast ganz abgeklungen war. Einmal abgesehen von ihrem Hinterteil war der lange Ritt ihr gut bekommen. Sie sah jetzt nicht mehr so käsig aus wie in jener Nacht, als er sie aus der Kutsche geholt hatte.
    »Wirst du zum Banus gehen und dich seinem Gericht stellen?«
    »Sehe ich aus wie eine Frau, die alle paar Stunden ihre Meinung ändert? Natürlich werde ich gehen!«
    Sir seufzte leise. Störrisch wie ein Esel, genau wie er befürchtet hatte. Auf dem Tisch unter dem Giebelfenster lag der Brief, den ihr Onkel an den Grafen Nádasdy geschrieben hatte.
    »Darf ich mir das Schreiben an den Banus noch einmal ansehen?«
    Gabriela zuckte mit den Schultern. »Du kennst es doch ohnehin schon. Aber nur zu … «
    Sir überflog die Zeilen. Das war so gut wie ein Todesurteil. Er schmatzte geräuschvoll und

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