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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mich Fischer gefunden. Sie haben mich zur französischen Küste herübergebracht und mir ein wenig Geld und Essen überlassen. Seitdem träume ich jede Nacht davon, in meine Berge zurückzukehren. Es gibt Hunderte Jakobiten wie mich. Unser Erkennungszeichen ist ein weißes Andreaskreuz, das wir am Hutband tragen. Wir alle warten darauf, dass uns Bonnie Prince Charlie noch einmal zu den Waffen ruft, um die Schande von Culloden zu tilgen.« Er biss in den Hasenbraten, dass ihm das Fett am Kinn entlanglief, und kaute auf beiden Backen.
    »Es gibt hier nichts, das auch nur annähernd so gut schmeckt wie in den Highlands«, brummte er, ohne dabei mit dem Essen aufzuhören.
    »Wovon lebt denn ein Adeliger, so weit weg von seinen Pfründen«, stichelte Gabriela, während sie zögerlich an ihrer Hasenkeule knabberte.
    Sir rülpste laut und lächelte zufrieden. »Man nimmt, was man so kriegen kann. Es gab Zeiten, da habe ich mich als Hühnerdieb über Wasser gehalten. Eine Weile war ich Lieutenant in der französischen Armee, bei den Dragonern des Dauphin. Bei Lawfeld und Kloster Zeven haben wir es dem Schwein Cumberland heimgezahlt und ihn mit seinen Rotröcken vom Kontinent verjagt. Als dann Frieden geschlossen wurde, hat man uns Schotten allerdings schnell wieder entlassen. Danach bin ich mit einer fahrenden Theatertruppe herumgezogen und war für über ein Jahr in Paris der Geliebte einer bildhübschen Comtesse.« Er schnalzte mit der Zunge und rollte mit den Augen.
    »Und das konntest du mit deiner Ehre vereinbaren?«
    Sir zuckte mit den Schultern. »Sie hat mich gut bezahlt. Und wenn ich an die Nächte mit ihr denke, wird mir heute noch ganz warm.« Nachdenklich griff er sich in den Schritt und kratzte sich sein Gemächt. Schließlich stieß er einen verträumten Seufzer aus und schnitt sich ein großes Stück aus dem Hasenrücken.
    Gabriela wendete angewidert den Blick ab. Offenbar hatte Sir keinen Sinn für Anstand und Moral. »Sich einer Frau für Geld hinzugeben … «, murmelte sie gerade so laut, dass er es noch hören musste.
    »… finde ich weniger verwerflich, als für Geld zu töten. Viele meiner Landsleute haben für jeden gekämpft, der ihnen nur genug geboten hat. Ein Schotte sollte so etwas nicht tun. Ich bin lediglich gegen unsere Feinde, die Engländer, ins Feld gezogen. Nimm zum Beispiel James Keith, den Bruder des Earl Marishal of Scotland. Er hat für die Zarin gegen Schweden und Türken gekämpft, und als Bonnie uns zu den Waffen gerufen hat, hat er das geflissentlich überhört, weil ihm seine neuen Herren mehr Gold bieten konnten. Jetzt ist er Gouverneur in Berlin und Feldmarschall in der preußischen Armee. So etwas nenne ich eine Hure!« Er spuckte ein Stück Knorpel ins Feuer. »Einer kleinen Comtesse die einsamen Nächte zu verkürzen, kann ich im Vergleich dazu nicht ehrenrührig finden.«
    »Und wenn es dir in ihrem warmen Bett so gut gefallen hat, warum bist du dann jetzt hier?«
    Er blickte zu dem Stück Hasenrücken, das Gabriela für sich zur Seite gelegt hatte. »Du siehst ziemlich blass aus. Bist du sicher, dass du das da auch noch essen willst?«
    »Wer hat den Hasen geschossen?«
    »War ja nur ’ne Frage … « Sir nahm sich einen Zweig aus ihrem Vorrat an Feuerholz und schnitt einen Span ab und stocherte damit in seinen Zähnen herum.
    »Wir waren bei deinem Treffen mit Magister Gregorius stehen geblieben … «
    »Ach ja.« Sir lächelte verschmitzt. »Er hat ein großes Feuerwerk in Paris gegeben und brauchte noch ein paar furchtlose Gehilfen. Die Sache hat mir solchen Spaß gemacht, dass ich meiner Kleinen den Laufpass gegeben habe und fortan mit Gregorius durch die Lande gezogen bin. Drei Jahre war ich bei ihm und habe in der Zeit alles gelernt, was man über Feuerwerke wissen kann. Aus dieser Zeit beherrsche ich die Kunststückchen, mit denen ich letzte Nacht deinen Kutscher erschreckt habe. Man gibt besonders viel Kohlenstaub ans Pulver, mischt eine Extraprise Schwefel hinein, und schon scheint es, als sei der Höllenfürst selbst gekommen. Diese Nacht wird der Kerl sein Lebtag nicht vergessen!« Sir grinste. »Gregorius hat mir erzählt, wie abergläubisch dein Kutscher ist. Dann haben wir gemeinsam den Plan zu deiner Befreiung ausgebrütet. Den Rest kennst du. Aber wo war ich auch stehengeblieben? Die drei Jahre … Nachdem ich alles gelernt hatte, bin ich selbst als Feuerwerksmeister durch die Lande gezogen und habe gelebt wie ein Fürst, bis mir das Malheur in Venedig

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