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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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schob sein Barett ein wenig zurück und blickte sie ernst an. »Stimmt, so heißt man nicht, aber es macht mir Spaß, auch in der Fremde so angesprochen zu werden. Sir ist in meiner Heimat die Anrede für Männer von Stand, und so wie es aussieht, ist das alles, was mir von meinem Stand geblieben ist.«
    »Du meinst, du warst adelig?«
    Er reckte das Kinn vor und strich sich dann über seine stoppeligen Wangen. »Was heißt hier warst? Ich bin adelig! Was soll die Frage? Schau mal in den Spiegel. Du siehst auch nicht gerade so aus, wie man sich gemeinhin ein Freifräulein vorstellt.«
    Verlegen blickte Gabriela ins Feuer und drehte den Stock mit dem Hasenbraten. Sir begann nicht wieder zu pfeifen. Offenbar hatte ihre Frage ihn nachhaltig verärgert.
    »Müsste ich in einer goldenen Kutsche fahren, damit du mich als das anerkennst, was ich bin?«
    »Ich weiß doch nicht einmal, wie du wirklich heißt. Wie soll ich dann wissen, was du bist«, entgegnete sie gereizt. »Lass uns aufhören damit. Ich glaube, der verdammte Hase ist jetzt gar.«
    Der Schotte schnaubte verächtlich. »Namen! Ich habe meinen Namen in der Schlacht bei Culloden verloren. Die Männer meines Clans gehörten zu den ersten, die unseren Prinzen im Stich gelassen haben. Wir waren sogar mehr als die Rotröcke!« Er fluchte in einer Sprache, die Gabriela nicht verstand, und spuckte dann ins Feuer. »Die meisten sind gar nicht erst gekommen, als Bonnie Prince Charlie die Clans zu den Waffen gerufen hat. Und die, die gekommen sind, waren nicht mit dem Herzen bei der Sache. Neuntausend Hannoveraner und Überläufer hat der Schurke Cumberland von Inverness herangeführt, als der Prinz sich mit mir und noch fünftausend bei Culloden stellte, um … «
    Gabriela nahm den Hasen vom Feuer und blickte kurz auf. »Hattest du nicht eben gesagt, die Engländer seien euch unterlegen gewesen?«
    »Unterbrich mich nicht, Weib! Jedes Kind weiß, dass ein Highlander für mindestens zwei Rotröcke zählt. Also waren wir ihnen überlegen!«
    Sie legte den Hasen auf einen flachen Stein neben der Feuerstelle und begann, ihn mit einem langen Dolch zu zerteilen, der Sir gehörte und den dieser merkwürdigerweise dirk nannte, als sei es in seinem Land selbstverständlich, dass Klingen einen Vornamen hatten. Noch immer im Zweifel, ob zu essen wirklich eine gute Idee wäre, legte sie sich einen Schenkel und ein Stück vom Rücken zur Seite, während der Schotte weiter erzählte.
    »Wie die Teufel haben sie geschossen, die Rotröcke. Viele unserer Männer waren nur mit claybegs und targaids , also mit schweren Degen und Schilden, bewaffnet. Sie haben uns niedergemäht wie der Schnitter den Roggen. Die feinen Lords, die sich hinten gehalten haben, hatten uns befohlen, frontal anzugreifen. Es wurde ein fürchterliches Gemetzel. Die Schlacht hat nicht einmal eine Stunde gedauert, und als die Überlebenden aus den ersten Reihen sich aus dem aussichtslosen Kampf zurückzogen, waren die Clansoberen schon geflohen. All die edlen Maclarens, Grants, Camerons, Macbeans, Mac Gillivrays, Madfies und noch viele andere. Obwohl sich nicht viele dem Aufstand angeschlossen hatten, schickte doch jede große Familie ein paar ihrer Mitglieder, um im Fall eines Sieges nicht als Verräter dazustehen.« Er seufzte. »Sogar mein eigener Vater und meine Vettern sind davongelaufen, ohne auch nur einen Schritt in Richtung der Rotröcke marschiert zu sein.« Sir griff nach dem dirk und spießte ein Stück vom Hasenbraten auf. »Danach begann das Massaker. Gnadenlos hat der Schlächter Cumberland die flüchtigen Rebellen verfolgt. Quer durch die Highlands hat er uns gejagt. Fand man ein Haus, in dem man einem Jakobiten Zuflucht gewährte, so wurde das Haus verbrannt und das Familienoberhaupt gehängt. Frauen, die Verwundeten geholfen hatten, überließ Cumberland seinen Soldaten, um sie danach öffentlich auszupeitschen. Es heißt, er hat in jenem Frühjahr und Sommer so viel Clansblut vergossen, dass all seine Soldaten ihre roten Röcke noch ein zweites Mal darin hätten färben können. Zu guter Letzt hat niemand es mehr gewagt, einem Jakobiten die Türe zu öffnen. Wer noch etwas für uns übrighatte, hat abseits der Dörfer auf den Feldwegen Brot verloren oder eine Decke, die man zu Verbänden zerreißen konnte. Als ich nicht mehr wusste, wohin ich noch sollte, bin ich zu einem Felsen im Meer hinausgeschwommen, weil ich nicht wollte, dass die Rotröcke meine Leiche in die Hände bekommen. Dort haben

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