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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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breiten Ledergürtel gesteckt. So sah sie aus wie die wilden Reiter aus der ungarischen Steppe und den Grenzbezirken des Banats. Ihr Haar war säuberlich zu einem Zopf geflochten und fiel ihr bis weit auf den Rücken. Neben ihr schritt Sir, der diesmal darauf verzichtete, seinen Rock zu tragen, und einmal abgesehen von dem Barett, das keck mit einer langen Pfauenfeder geschmückt war, hätte man ihn für einen der deutschen Siedler halten können, die sich an der Grenze niedergelassen hatten.
    Im Vorzimmer zur Amtsstube des Banus befahl ihnen ein Adjutant zu warten und ging mit dem Schreiben von Gabrielas Onkel zum General. An der Wand hinter dem verwaisten Schreibtisch hing ein Porträt der Kaiserin. Von draußen ertönte der Schritt marschierender Soldaten. Gabriela wünschte sich, sie wäre niemals hierhergekommen. Was wäre, wenn der General ihre List durchschaute? Sie war eine Frau und kein Mann! Würde das nicht jeder erkennen, der sie genauer betrachtete? Auch Sir wirkte unruhig. Nervös spielte er mit einem der silbernen Knöpfe an seinem schwarzen Gehrock. Rasiert, mit ordentlich gekämmter Frisur und in halbwegs zivilisiertem Gewande konnte man sich schon eher vorstellen, dass er von Stand war. Sie war froh, dass er sich hatte breitschlagen lassen mitzukommen, und sie nun nicht allein wartete.
    Die Tür zur Stube des Generals schwang auf, und der junge Adjutant winkte ihnen. »Der General wünscht Sie zu sprechen, Herr von Bretton.«
    Gabriela atmete tief ein und versteifte sich, so als habe sie einen Besenstiel verschluckt. Dann trat sie in das Nachbarzimmer.
    Dünne blaue Rauchschwaden zogen durch die Luft. Der General stand über einen großen Schreibtisch gebeugt und las in dem Brief, der vor ihm lag. Stumm betete Gabriela, dass er nicht erkannte, dass dieses Schreiben nicht von der Hand ihres Onkels stammte. Außer dem General hielten sich noch zwei junge Husarenoffiziere im Raum auf.
    Gabriela schlug die Hacken zusammen und stand stramm, während Sir keinerlei Anstalten machte, Haltung anzunehmen. Eine Ewigkeit verging, bis der General endlich aufblickte. Er hatte klare, graue Augen. Sein ehemals schwarzes Haar war von breiten grauen Strähnen durchsetzt. Nach Art der Husaren hatte er es zu drei Zöpfen geflochten. Nádasdys Gesicht war wettergegerbt und von feinen Falten durchzogen. Ein gezwirbelter, grauer Schnurrbart ließ ihn ernst aussehen, doch spielte um seine Lippen ein freundliches Lächeln. Obwohl er schon fast fünfzig sein musste, hatte er keinerlei Fett angesetzt und hielt sich kerzengerade. »Ich kenne Seinen Onkel. Er ist ein guter Mann … Wenn Er aus dem gleichen Holze wie jener geschnitzt ist, wird Er ein feiner Soldat werden.«
    Einer der Husarenoffiziere räusperte sich.
    »Wollen Sie etwas sagen, Herr Rittmeister?« Der General blickte den jungen, schmallippigen Mann an.
    »Mit Verlaub, Herr General, glauben Sie nicht, dass jenes Knäblein ein wenig zu jung ist, um bei den Husaren zu dienen? Es trägt nicht einmal Flaum auf den Wangen. Man könnte dies Jüngelchen glatt für ein Weibsbild halten. Die Männer würden ihn nicht akzeptieren! Und … Ist mir eine Frage an dies schmächtige Männlein gestattet, Herr General?«
    »Nur zu! Wenn er beschlossen hat, den Advocatus Diaboli zu spielen, so soll er seine Rolle auch zu Ende führen«, entgegnete der Graf ernst.
    Mit überheblichem Lächeln trat der Rittmeister an Gabrielas Seite. Ihr schlug das Herz bis zum Hals. Der Mistkerl hatte sie mit einem Weibsbild verglichen… Hatte er sie durchschaut? Aus den Augenwinkeln spähte sie zu Sir, der schräg hinter ihr stand. Auch der Schotte wirkte nervös. Was wohl mit ihm geschehen würde, wenn der Schwindel aufflog?
    »Dreh Er sich auf der Stelle, damit man Ihn von allen Seiten mustern mag«, kommandierte der Offizier.
    Gabriela blieb wie versteinert stehen.
    »Hat Er nicht gehört?«, wetterte der Rittmeister.
    Gabriela schluckte. Was hatte dieser Mistkerl vor? Würde er ihr vielleicht gleich zwischen die Schenkel greifen, um seine letzten Zweifel auszuräumen? Jetzt hieß es, alles auf eine Karte zu setzen oder unterzugehen. Sie trat einen Schritt zurück und musterte ihrerseits den Husaren.
    »Auch Ihr seid nicht gerade wie ein Herkules gebaut, Herr Rittmeister. Bedenklicher für einen Reiter und Soldaten erscheint mir allerdings, dass offenbar mit Euren Augen etwas nicht in Ordnung ist, da Ihr anscheinend nicht ohne weiteres zwischen Männern und Weibsbildern zu unterscheiden

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