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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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spuckte dann mitten auf das Pergament.
    Für einen Herzschlag starrte ihn Gabriela wie versteinert an. Dann war sie mit einem Satz an seiner Seite. Kühl drückte die Mündung ihrer Pistole auf seine Stirn.
    »Was hast du da getan, du Bastard! Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Was soll ich jetzt mit dem Brief machen? So kann ich ihn unmöglich abgeben, auch wenn du das Siegel nicht zerbrochen hast, als du in meinen Privatangelegenheiten herumgeschnüffelt hast.«
    Sir grinste zufrieden. »Genau das war meine Absicht!«
    Sie spannte den Hahn ihrer Pistole. »Das wirst du bereuen! Gehört das auch zu den Dingen, die dir Meister Gregorius aufgetragen hat?«
    »Im Gegensatz zu dir brauche ich niemanden, der mir das Denken abnimmt!«
    Sie versetzte ihm einen Schlag mit der flachen Hand, dass ihm der Kopf zur Seite flog. Dann riss sie ihm das Pergament aus den Händen und versuchte es trocken zu tupfen. Doch es war zu spät. Ein Teil der Tinte war verlaufen.
    »Warum bist du so sehr in den Tod verliebt? Willst du nicht lieber leben?«
    »Und die Ehre meiner Familie besudeln? Nein, ich werde nicht fortlaufen«, entgegnete Gabriela störrisch.
    »Ich glaube dir, dass du niemanden getötet hast. Warum willst du unbedingt für etwas sterben, was du nicht getan hast? Erzähl mir nicht, dass es dir leichtfällt. Ich weiß, warum wir hier seit zwei Tagen im Gasthof sitzen. Du zögerst … «
    »Ich bin kein Feigling! Mein Arsch sieht aus wie ein Stück blutiges Fleisch. Wenn ich schon auf einer Gerichtsbank sitzen muss, dann will ich wenigstens in einer Verfassung sein, die es mir erlaubt, das Ganze in Würde durchzustehen.«
    »Und wenn es noch einen anderen Weg gäbe?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Meine römischen Freunde haben mir geholfen, ein Talent zu entfalten, das zwar nicht rühmlich, dafür aber umso nützlicher ist. Es fällt mir sehr leicht, Schriften zu fälschen. Da dein Onkel so zuvorkommend war, diesen Brief auf Pergament und nicht auf Papier zu schreiben, ist es möglich, die Tinte abzuwaschen oder abzuschaben. Wir werden nur die Unterschrift des Generals übrig lassen und ansonsten einen neuen Brief verfassen. Ich habe da auch schon eine ganz spezielle Idee, die deinen Neigungen sicherlich entgegenkommt. Wir werden allerdings noch mindestens einen weiteren Tag brauchen, bis alle Vorbereitungen getroffen sind.« Sir hatte ein verschwörerisches Lächeln aufgesetzt und wartete auf Gabrielas Antwort. Es war ihr deutlich anzusehen, dass seine Worte sie zumindest in Versuchung führten. Was gab es für sie auch zu verlieren! Er sollte nur aufpassen, dass sie nicht auch ihn in ihre Angelegenheiten mit hineinzog.
    Sie ritten durch das Wiener Tor nach Temeswar ein, querten den belebten Domplatz, um dann über die Wiener Gasse bis zum Paradeplatz zu gelangen, wo die Kommandantur stand. So wie Olmütz war auch Temeswar in den letzten Jahren neu befestigt worden, ja man hatte sogar fast alle alten Wohnhäuser abgerissen und durch schöne, zweistöckige Bauten aus Ziegelstein ersetzt. Überall in den Straßen wimmelte es nur so von Soldaten. Temeswar war die wichtigste Garnisonsstadt im Banat. Hier sollte jeder Angriff der Türken zum Stehen kommen, falls die Grenzstädte im Süden verlorengingen.
    Nachdem Gabriela dem wachhabenden Offizier das Schreiben ihres Onkels gezeigt hatte, wurde ihnen der Weg zum Quartier des Banus gewiesen. Die Kommandantur war ein neuer, weitläufiger Bau, der strahlend weiß und gekrönt von einem blinkenden Kupferdach im Sonnenlicht lag.
    Nervös zupfte Gabriela an den Hosen, die Sir ihr besorgt hatte. Ihr Herz schlug laut wie eine Trommel und sie fühlte sich schlecht. Am Morgen hatten ihre Blutungen eingesetzt und starke Krämpfe quälten sie. Doch ihr Besuch beim Banus konnte nicht länger hinausgezögert werden. Es war der erste Juni des Jahres 1756. Fünf Tage war sie schon mit Sir in der Stadt, und sie wusste, wenn sie heute nicht ging, dann würde sie niemals mehr den Mut dazu aufbringen. In den letzten beiden Tagen hatte sie fast ununterbrochen die neuen Kleider getragen, die Sir bei einem jüdischen Schneider besorgt hatte. Eine enge, mit Stickereien verzierte Hose nach ungarischer Art, dazu wadenhohe Halbstiefel, ein weißes Hemd, eine bestickte Weste und einen Pelz, jene kurze Jacke, wie sie die Husaren trugen, das war ihr Kostüm. An der Seite führte sie den Säbel ihres Vaters. Um das martialische Bild abzurunden, hatte sie sich noch eine der Duellpistolen in ihren

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