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Die Sturmrufer

Die Sturmrufer

Titel: Die Sturmrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: blazon
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werden. Amber sah Fischer und Händler, die die Wände ihrer Häuser säuberten und neu kalkten. Netzflicker waren bei ihrer Arbeit. Tote Fische und angespülter Tang wurden in Eimern von den Straßen getragen.
    Es war ungewohnt, ein Teil von Dantar zu sein. Für einen Augenblick ertappte Amber sich noch dabei, wie sie mit einem mulmigen Gefühl einem Mann nachblickte, der so groß wie Omin war und ebenso dunkles Haar hatte, doch dann zwang sie sich, einfach nur ihren Weg zu gehen.
    Sabin lief so schnell, dass selbst Amber Mühe hatte, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Schon kamen die äußeren Stadtviertel in Sicht – und dahinter, am Fuß eines Hügels, erkannte man bereits den ersten Mast eines alten Schiffes. Lumpen wehten wie ein trotziges Banner im Sommerwind. Hallgespenster klammerten sich an Segelreste und murmelten ihre Klagen. Sabin verlangsamte ihren Schritt und Amber holte zu ihr auf.
    »Wir sind fast da«, sagte Sabin leise.
    Amber sah sich um. Die letzte Gasse der Stadt war so gut wie unbewohnt. Lagerkeller und Schuppen waren hier. Amber wollte gerade fragen, wohin sie gehen würden, als sie endlich verstand.
    »Zum Schiffsfriedhof?«, fragte sie ungläubig. »Was willst du dort? Ich dachte, ihr verachtet das Gesindel und die Gestrandeten.«
    Sabin biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. »Satus Familie lebt dort«, sagte sie kaum hörbar.
    Amber brauchte eine ganze Weile, um den Sinn der Worte richtig zu verstehen. »Satu hatte ein Mädchen in den Bergen? Und sie ist jetzt hier?«
    Sabin rang sich zu einem Nicken durch.
    »Sie hat mir Briefe geschickt. Aber ich habe sie verbrannt.«
    »Warum ist sie nach Dantar gekommen?«
    »Bist du so schwer von Begriff, Amber? Es sind die Gesetze eurer Berge, nicht meiner! Sie hat keine Familie mehr, sie hatte nur Satu.«
    »Natürlich hat sie Familie – jeder in den Bergen hat Verwandte. Sie sind wie Distelkletten! Manchmal kommen Wildfremde aus irgendwelchen Bergen, klopfen an deine Tür und geben sich als Verwandte sechzehnten Grades zu erkennen…«
    »Ihre Verwandten haben sich von ihr losgesagt. Sie hat ihren Bräutigam für Satu verlassen. Und sie hat ein Kind.«
    Amber wäre beinahe gestolpert. »Von Satu?«
    Sabin blieb ruckartig stehen und funkelte sie wütend an. »Natürlich von ihm, was glaubst du denn?«
    »Dann verstehe ich es noch viel weniger«, sagte Amber. »Satus Familie sucht deine Hilfe und du lässt sie auf dem Schiffsfriedhof wohnen? Und ich dachte, nur meine Brüder wären Bestien.«
    »Ich habe nie behauptet, ein guter Mensch zu sein«, erwiderte Sabin trotzig. »Ja, ich wollte nichts von der Frau wissen. Ich habe sie sogar gehasst! Nicht einmal Tanijen habe ich etwas von ihr erzählt. Aber ich wollte ihr helfen – um Satus willen. Wozu, glaubst du, habe ich Sumals Auftrag so dringend gebraucht? Ich wollte ihr Geld geben, damit sie sich eine Bleibe suchen kann. Sie hätte zum Rat gehen können und…«
    »Aber jetzt hast du doch noch beschlossen, ihre Familie zu sein?«
    »Nun, ich bürge ja auch für ein Bergmädchen, schon vergessen?«
    Amber lachte. »Deshalb hast du mich also hierher mitgenommen! Ich soll mit ihr reden?«
    »Du kennst die Bergleute.«
    »Wie heißt sie?«
    »Tadsch«, sagte Sabin ärgerlich. »Wie hört sich das nur an? Wie kann man jemanden lieben, der Tadsch heißt?«
    »Ein Name aus den steinigsten Regionen der Nordberge«, antwortete Amber. »Dein Bruder muss die Berge sehr geliebt haben.« Sie lächelte Sabin verschmitzt zu und lief dann auf den mit Lumpenflaggen behangenen Mast zu. Sie sah sich nicht um, aber an den leichten, raschen Schritten hörte sie, dass die Taucherin ihr folgte.

Der Dolch
     
    K önig Beren. Immer wieder sprach Inu diesen Namen aus, während er durch die Straßen seiner Stadt ging. Es war seine Stadt, doch er fühlte sich, als wäre er bisher stets blind durch die Gassen gestolpert. Wie ein Mensch ohne Augen war er tastend den Schnüren immer gleicher Wege gefolgt, nun aber lagen die Welt und die Zukunft endlich klar vor ihm. Ein warmer Schauer durchrieselte seine Brust, als er an Amber dachte. Er lächelte. Kein Seilerkodex konnte ihm befehlen, wen er lieben durfte!
    Durch das Tuch hindurch hatte der Dolch sich in seiner Hand erwärmt. Die Gesandten von den Feuerinseln wussten sehr wohl, was es mit dem Dolch auf sich hatte. Wahre Magie, dem Jadur ebenbürtig. Er durchschnitt jede magische Fessel – Lemar hatte das erkannt. Der Dolch hatte eine Stimme und wusste, was zu

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