Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
unangenehmes Ziehen in der Magengegend.
Da es mittlerweile spät geworden war, hatte Lu bereits das Abendessen vorbereitet.
Beim Öffnen der Küchentür strömte Phil ein Geruch entgegen, den er beim besten Willen nicht einordnen konnte.
In einer Auflaufform blubberte etwas Dunkelgrünes mit Inseln von zerlaufenem Käse. Arne, der nach Phil die Küche betreten hatte, ließ sich von Lu eine große Portion auffüllen. „Hab ich einen Mordshunger!", rief er.
„Frau Marten hat sich die Mühe gemacht, ein neues Rezept zu erfinden. Sie nannte es Vitaminpudding", erklärte Lu.
„Klingt toll!" Nach dem ersten Bissen hielt Arne einen Moment inne.
„Stimmt etwas nicht?", erkundigte sich Lu.
„Doch, doch, alles gut. Ich war nur überrascht. Es schmeckt ausgesprochen ... interessant." Mit starrer Miene kaute Arne weiter.
Unschlüssig drehte Phil seine Gabel in der Hand. Das war also die Überraschung, die seine Mutter im Kühlschrank versteckt hatte. Phil betrachtete den grünen Klumpen auf seinem Teller. Um seinen Magen hatte sich eine Faust geschlossen, was es ihm unmöglich machte, auch nur einen Bissen herunterzukriegen. Nicht einmal Pizza oder Spagetti hätten im Moment daran etwas ändern können.
Als es läutete, sprang Phil sofort auf, doch Arne war noch vor ihm an der Haustür. „Bitte überlass das in Zukunft mir", bat er, bevor er nach einem raschen Blick durch den Türspalt die Mitarbeiter von der Spurensicherung und den Techniker einließ. Während von den Tastaturen der Laptops Fingerabdrücke genommen wurden, begutachtete der Techniker die Telefonanlage.
Phil erklärte ihm, dass eine Fangschaltung überflüssig sei, wovon sich der Mann selbst überzeugen wollte. Er wählte mit seinem Mobiltelefon die Nummer vom Apparat der Martens. Zunächst erschien eine Handynummer auf dem Display, anschließend stand dort: Diensthandy des Polizeibeamten Henry Möller. Der Mann stutzte und versuchte es mit seinem privaten Handy. Der korrekten Nummer folgten Name und Anschrift des Besitzers.
Noch etwas ungläubig sah Herr Möller auf. „Tja, ich glaube, es gibt in der Tat nicht viel für mich zu tun. Ich hoffe, Herr Marten bekommt keine Probleme mit dem Datenschutz."
„Das ist im Moment unsere geringste Sorge. Zu gegebener Zeit werde ich mich darum kümmern", bemerkte Arne und zwinkerte Phil zu.
Herr Möller stellte eine Verbindung zur Polizei her, damit man dort jeden Anruf für die Familie Marten verfolgen konnte. Wenig später verließ er zusammen mit seinen Kollegen das Haus.
Schon während des Abendessens hatte Lu das Gästezimmer für den Besucher hergerichtet. Danach begann er mit der Beseitigung der Spuren von der Spurensicherung.
Phils Kopf dröhnte, er fühlte sich vollkommen ausgepumpt. Arne musterte ihn besorgt. „Du siehst erschöpft aus. Versuch trotz allem ein bisschen zu schlafen. Ich werde in der Nacht wach bleiben. Lu kann mich dann morgen früh ablösen."
Phil ging auf sein Zimmer, aber er war viel zu aufgewühlt, um einschlafen zu können.
Jetzt, wo er endlich allein war, überwältigten ihn Angst und Trauer – die Gefühle, die er den ganzen Nachmittag über verdrängt hatte – und ein paar Tränen rollten über sein Gesicht ins Kopfkissen.
Manchmal mussten seine Eltern im Auftrag der Firma für mehrere Tage verreisen, doch dann riefen sie ihn jeden Abend an. Außerdem wusste Phil genau, wann sie wiederkamen. Dieses Mal war es ungewiss, wann und ob er sie überhaupt wiedersehen würde. Panik überkam Phil. Was würde geschehen, wenn sie für lange Zeit verschwunden blieben? Oder sogar für immer? Wie sollte er allein zurechtkommen, wovon sollte er leben? Würde man ihn in ein Heim stecken? Seine Großeltern waren schon vor längerer Zeit gestorben, seine einzige Tante lebte weit weg. Seit Jahren hatten sie keinen Kontakt mehr zu ihr.
Es dauerte lange, bis die Erschöpfung die Oberhand gewann und Phil die Augen zufielen.
Die Einladung
Phil schlief sehr schlecht in dieser Nacht. Unruhig wälzte er sich im Bett von einer Seite auf die andere.
Im Traum musste er gegen Monster und Drachen kämpfen. Zwar konnte er sie besiegen, doch als er glaubte, es endlich geschafft zu haben, stand Herr Sanders vor ihm, seinen Drachenring drohend auf ihn gerichtet. Hinter ihm sah Phil seinen Vater, der mit unzähligen Eisenringen an eine Wand geschmiedet war. Er schien vollkommen erstarrt zu sein. Selbst den Mund hatte man ihm verschlossen. Nur die Augen, die Phil unendlich traurig anblickten,
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