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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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hat man Euch nicht zugestanden.« Er blickte ratlos in die Runde, als er unsere entsetzten Mienen sah. »Hat man Euch das nicht ausgerichtet?« fragte er.
    »Keineswegs. Ihr wißt, daß er nicht hierbleiben kann. Ich habe Euch erzählt, warum.«
    »Ach das«, sagte er abfällig. Dann sah er Toms betroffene Miene, und da blickte er schon wieder ratlos. »Ist das wahr?« fragte er.
    »Ja«, sagte der Junge.
    »Und deswegen hast du deinen Meister verlassen?«
    »Er wollte es so, Sir. Ich weiß, daß der Mann mich gesehen hat. Er ist später zu meinem Meister gekommen und hat sich nach mir erkundigt. Mein Meister hat ihm erzählt, ich wäre an der Pest gestorben.«
    »Was verstehst du vom Farbenstoßen?«
    »Mistress Susanna verwendet so wenig, daß…«
    »Kurzum, du verstehst dich überhaupt nicht darauf, und sie hat nicht die allergeringste Verwendung für dich.« Er schüttelte den Kopf und blickte jetzt wirklich mitleidig. »Gleichwohl, es könnte wahr sein, warum sonst…?« sagte er bei sich. Dann löste er die Börse von seinem Gürtel und drückte Tom ein paar Münzen in die Hand. »Da«, sagte er, »tut mir leid, aber der Bischof hat die Liste höchstpersönlich abgesegnet. Suche dir einen besseren Meister als diese Frau.« Und dann hob er mich mit grimmiger Miene auf das Sattelkissen und schwang sich selbst aufs Pferd.
    »Ihr solltet Euch für Eure Hartherzigkeit schämen«, sagte ich.
    »Ich schäme mich nur, daß es die Pflicht verlangt, mich von einer solchen Frau den ganzen Weg nach Dover umfassen zu lassen«, gab er zurück. Halsstarrig, wie ich war, versuchte ich, mich am Zwiesel festzuhalten, damit ich nicht vom Sattelkissen rutschte. Den Mann fasse ich nicht an, dachte ich. Es ist mir einerlei, ob ich falle, immer noch besser, als ihn zu berühren. Die Freude mache ich ihm nicht. Ohne den Kopf zu drehen, sagte er: »Mistress Dallet, auch wenn es uns beiden noch so unangenehm ist, Ihr müßt die Arme um mich legen, sonst fallt Ihr herunter, falls das Pferd einmal scheut. Ich habe geschworen, Euch wohlbehalten abzuliefern.« Widerwillig faßte ich ihn um die Mitte und hielt mich an seinem Schwertgurt fest. Dabei wurde mein Gesicht auf seinen Rücken gedrückt. Ich konnte jede Bewegung spüren, wenn er im Sattel die Balance hielt, und nahm ganz nahe seinen warmen Geruch wahr. Sein Brustkasten, das merkte ich, war kräftig und breit. Was für ein Jammer, daß er mir nicht für Adam Modell steht, dachte ich in meiner Schlechtigkeit. Ich bekomme den Rumpf einfach nicht hin. Fort mit euch, verscheuchte ich die Gedanken. Das hier ist der unausstehlichste Mann auf der ganzen Welt. Warum muß einer Frau nur das Herz klopfen, wenn ein gutaussehendes Exemplar der Gattung in der Nähe ist, auch wenn es überhaupt nicht für sie taugt und sie es ohnedies nicht haben will. Mag sein, wir sind tatsächlich so wunderlich, wie die Männer behaupten.
    Wir ritten in völligem Schweigen dahin und schlossen uns dem Gesinde des Bischofs an, das ihn auf dem Weg nach Dover begleitete. Anscheinend hatte jeder Edelmann im Reich um die Ehre gebeten, die Prinzessin und ihr Gefolge zu den Schiffen zu begleiten, und um niemanden vor den Kopf zu stoßen, durften alle mitziehen, jeder mit einem noch prächtigeren Troß als der andere. Als wir über die London Bridge in Southwark einritten, sah ich, daß sich inmitten des Getümmels von Rittern zu Pferd, livrierten Dienern, Pagen mit Fahnen und reich verzierten Sänften eine vertraute kleine Gestalt hinter einem Maulesel mit silbernem Zaumzeug und einem Abt obendrauf duckte. Tom folgte uns.

    Der Wind war stürmisch, der Himmel schiefergrau und regendräuend, während wir in Richtung Dover ritten. Auf der Landstraße wimmelte es von Reitern in blinkender Rüstung mit flatternden Wimpeln, von Dienerschaft, von Schreibern und Aufsehern, von edlen Herren auf schönen spanischen Reitpferden und Damen auf Zeltern und in Sänften. Der ganze Zug war so lang, daß ich kaum den Anfang sehen konnte, der sich vor uns in der Ferne verlor. An der Spitze des Zuges ritt die königliche Garde mit dem König und der Prinzessin, die schwangere Königin zog neben ihnen in einer Sänfte mit. Das weiß ich nur, weil ich es hörte, denn sehen konnte ich es nicht. Jeder von Bedeutung war anwesend: die höchsten Edelleute des Reiches mit Goldketten und reichen Gewändern, die sie eigens für diese Gelegenheit hatten anfertigen lassen. Vierhundert Ritter und Barone, zweihundert Männer von Stand und Knappen und

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