Die Suche nach dem Regenbogen
so hörte ich denn auch brühwarm, daß der Herzog von Suffolk kommen und bei dem Turnier mogeln wollte und daß er von petite famille sei und daß unser Erzbischof und selbst unser König ihn in Wirklichkeit geschickt hätten, damit er der Königin ein Kind machte, weil der alte französische König sie nicht mehr schwängern könnte. Aber ich mußte den Mund halten, anstatt die Ehre der Königin mit der Frage zu verteidigen, wie die Geheimnisse des Brautlagers wohl so schnell über den Kanal gedrungen wären. Ein vorlauter Künstler riskiert Kopf und Kragen, wie Nan mich des öfteren ermahnt.
Doch an dem Tag, als ich kam, um Madame Claude zu malen, da wußte ich, dieses Mal hatte ich eindeutig zuviel gehört, denn diese Herzogin Marguerite, die schlüpfrige Geschichten für ein Buch sammelt, war einfach so hereingeplatzt und hatte damit angefangen, daß »Mutter« ihr gesagt hätte, man dürfe unsere Königin Mary nie allein lassen. Ich wußte nicht so recht, wer »Mutter« sein mochte, da für mich alles noch so neu war, aber wenn eine nicht auf den Kopf gefallen und niemandes Freundin war, dann die hier. Ich überlegte, ob ich später nachfragen sollte, wer »Mutter« sei, doch die Gelegenheit bot sich nicht mehr. Ich hatte den Raum kaum verlassen, da kam eine Hofdame hinter mir hergetrippelt und sagte, Herzogin Marguerite wolle mich sehen und es ginge um große Ehre und ich solle mitkommen und im Vorzimmer zu ihrem Schlafgemach warten, aber ja nicht mit jemandem reden, denn natürlich sei die Ehre zu groß, als daß andere davon wissen dürften. Eine schöne Ehre, sagte ich bei mir und dachte an die Schlinge des Henkers oder irgendein gräßliches französisches Verlies. Und Nan konnte ich auch nicht mehr Lebewohl sagen, sonst kam sie in den Genuß der gleichen Ehre. Dann dachte ich, so ergeht es einem Menschen, der häßlich von seinem Ehemann denkt und schlechten Mönchen Geld für schlüpfrige biblische Bilder abnimmt.
Doch schon bald hörte ich rasche Schritte, ein schweres Kleid raschelte, und Herzogin Marguerite winkte mich in ihr Schlafgemach und schloß die Tür. Sie war ungefähr so alt wie ich, doch hochgewachsen und kräftig, und sie hatte die unglaublich lange Nase, die bei Franzosen für aristokratisch gilt. Nur Herzog Franz, ihr Bruder, hatte eine noch längere, und er war es auch, der den König dazu bewogen hatte, Mistress Guildford heimzuschicken, da war ich mir ganz sicher, denn die hatte ihm den Weg vertreten. Und die Herzogin hatte das gleiche dunkelkastanienfarbene Haar und die gleichen Augen, und die blickten sehr besorgt. Oh, gut, dachte ich. Vielleicht darf »Mutter« nicht erfahren, daß sie das Geheimnis so leichtfertig ausgeplaudert hat. Das heißt, sie kann nichts Offensichtliches tun, um mich zum Schweigen zu bringen. Ihr Schlafgemach war sehr hübsch, auch wenn es nur ausgeliehen war. Goldbestickte Gobelins mit ihrem Monogramm und dem Wappen ihres Mannes – jedenfalls nahm ich an, daß es das war – dienten als Vorhänge des großen Bettes aus dunklem Holz. Es gab auch ein paar hervorragende Wandbehänge mit mythologischen Themen, darunter das Urteil des Paris mit einer Athene, die ziemlich böse blickte und die, abgesehen von ihrem Helm, völlig unbekleidet war. Die anderen hatten noch weniger an, und ich muß schon sagen, im Vergleich dazu wirkten meine Gemälde von Adam und Eva geradezu züchtig.
Sie setzte sich auf ihr Bett, und ich knickste zunächst, dann hörte ich mir im Stehen an, was sie zu sagen hatte. »Eure winzigen Porträts sind wirklich faszinierend. Ganz der Stil unseres verstorbenen Maître Fouquet. Wo habt Ihr diese Kunst erlernt? Es ist sehr ungewöhnlich, daß sich eine Frau allein durchs Leben schlägt.«
Ich war mit meiner Antwort sehr vorsichtig. »Madame, mein Vater hat mich diese Kunst gelehrt, und sie ist seine Erfindung, denn darin sind sowohl seine eigenen Geheimnisse als auch die der Buchilluminatoren vereint. Er hat gesagt, es stünde einer Frau wohl an, ein ordentliches und anständiges Gewerbe zu lernen, falls sie durch ein grausames Geschick einmal allein dastehen sollte.«
»Dann seid Ihr also allein? Ganz allein?« Oje, die Unterhaltung lief völlig in die falsche Richtung.
»Ich bin zwar Witwe, habe aber das große Glück, mich auf die Großherzigkeit und Fürsorge meines früheren Gönners, des Erzbischofs Wolsey, verlassen zu können.« Der Name wirkte Wunder. Sie stützte den Ellenbogen auf das Kopfpolster, doch ihre Miene veränderte
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