Die Suche nach dem Regenbogen
auftragen und es für meine eigenen Ideen nutzen könnte, die mir unentwegt im Kopf herumgingen. Doch zwischen die Ideen schoben sich immer wieder traurige Gedanken an den armen Tom, der mir gefolgt und durch meine Schuld gestorben war, und auch an Master Ashford, der mein Herz ganz schön zum Klopfen gebracht hatte, auch wenn er sich wegen seiner üblen Laune wirklich nicht für eine ernsthafte Freundschaft geeignet hätte. Dennoch, den gräßlichen Tod durch Ertrinken hatte er nicht verdient, und ich konnte mir gut vorstellen, wie sie sich auf dem unteren Geschützdeck bei all dem hereinströmenden Wasser gefühlt haben mußten, schließlich hatte ich den Kanal auch überquert. Zuweilen plagten mich Alpträume.
Als wir dann in St. Denis ankamen, stellte sich heraus, daß Nan ein neues Umschlagtuch und Strümpfe brauchte und daß meine Schuhe abgelaufen waren und Wasser durchließen, und bei Hofe, wo alles so fein ist, konnte ich nicht gut in Holzpantinen auftreten, also mußten neue her. Dazu brauchte ich Geld, und so ließ ich ab von meinen eigenen Ideen, arbeitete sehr hart und verbrauchte fast alle Farben, die ich mitgebracht hatte, für Madame Claudes Gemälde, doch jetzt konnte ich sie um einen Vorschuß für den Rahmen bitten, und vielleicht bekam ich ja auch einen neuen Auftrag. Und die Dinge wandten sich wirklich zum Guten, denn meine Engel gefielen Madame Claude sehr gut, da sich doch ihre tote Mutter darunter befand. Als ich ihr dann meine Miniaturen zeigte, betrachtete sie diese lange. Darauf verzog sie das Gesicht und blickte in die Luft, als dächte sie ganz scharf nach, und am Ende sagte sie: »Könntet Ihr von mir auch so ein Bild malen, das ich meinem Herrn schenken kann? Wenn er das auf Reisen mitnimmt, würde es ihn an mich erinnern, während ich daheim auf ihn warte.« Ach, das arme, arme Ding, selbst wenn sie eine Königstochter ist. Bildete sie sich etwa ein, eine Miniatur von ihr würde ihren Ehemann, diesen Herzog Franz, davon abhalten, jedem Rock nachzulaufen? »Und… und könntet Ihr mich hübsch malen? Ein… ein wenig schlanker um die Taille herum? Die Königin gibt jetzt die Mode an… und er, ach, alles spricht nur noch davon, wie schlank sie ist…«
»Venus soll üppiger gewesen sein und wohlgerundete Formen gehabt haben«, sagte ich taktvoll. Doch das arme Mädchen blickte sehr ratlos und verstört, und dann sagte sie: »Venus? War das nicht eine Heidin?« Ich wechselte das Thema und sagte, wie wohlbeleibt die früheren Königinnen von Frankreich, keine von ihnen eine Heidin, gewesen seien, und schließlich sagte sie seufzend: »Ich sehe genauso aus wie Mutter. Das macht das königliche bretonische Blut. Und man hat mir erzählt, daß der Vater des englischen Königs Henri ein Usurpator war und nur einen sehr entfernten Anspruch auf den Thron hatte. Das wäre eine Erklärung dafür. Zweifelhaftes Blut. Oberflächliche Menschen laufen den falschen Dingen nach.« Madame Claudes Gedanken arbeiteten so sichtbar wie das Uhrwerk, das man sieht, wenn man auf einen Kirchturm hinaufklettert. Und sie knirschten und klapperten tüchtig, genauso wie die Kirchturmuhr. Doch man verzeiht ihr den Lärm, weil es an ein Wunder grenzt, daß sie überhaupt geht.
In St. Denis mußten wir warten, weil dort die Krönung unserer Prinzessin stattfinden sollte, und die Franzosen lassen nun einmal keine ungekrönte Königin nach Paris hinein. Daher konnte sie erst nach der Krönung und ihrem offiziellen Einzug in die Stadt, der an sich schon ein großes Fest ist, im Schloß Les Tournelles wohnen. Also wartete alles und mußte wegen des bitteren Winters die Zeit drinnen totschlagen, während die französischen Damen, darunter auch Claude, der Königin Gesellschaft leisteten und sie in französischen Sitten und Gebräuchen und Hofetikette unterwiesen. Und dort stellte ich dann auch fest, daß man annimmt, Maler hätten keine Ohren, denn sie klatschten und intrigierten, als ob ich gar nicht zugegen wäre. Und überall aus Sicherheitsgründen nur Frauen, sogar die Hunde und der Hofnarr waren weiblich, was wieder einmal beweist, wie französische Männer denken. Und wenn die Frauen unter sich waren, erzählten sie Geschichten, bei denen mir das Blut in die Wangen stieg, abgesehen von ein paar alten Damen, die sich für sehr fromm hielten, nur weil sie gern schreckliche Geschichten über Märtyrer hörten, und darin konnten sie es mit den Mönchen aufnehmen, denen ich früher die Evas nebst Adam verkaufte. Und
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