Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
hatte. Es war wirklich ganz prächtig und ging über das gesamte dritte Stockwerk eines schmalen, kleinen Hauses auf dem Pont au Change, unmittelbar dort, wo die Goldschmiede und Geldwechsler zu Hause sind – und einige Händler, die Juwelen, kostspielige Kuriositäten und Manuskripte aus früheren Zeiten anbieten, und auch Galerien, die Kunstwerke verkaufen, die einstmals vornehmen, vorübergehend mittellosen Leuten gehörten. Einen Schuhmacher gab es auch, der sehr elegante Schuhe anfertigte, doch die waren zu fein für mich. Und das Atelier lag angenehm nahe beim Hôtel des Tournelles – dem Palast, in dem der König residierte, wenn er sich in Paris aufhielt – und auch nicht weit von der Louvre-Festung, dem größten seiner Stadtpaläste. Der Fußboden in meinem neuen Atelier war nur ein klein wenig geneigt, und es gab ein schönes Nordfenster, was immer das beste Licht gibt, und zwei Kamine. Möbliert war es auch, obschon sehr einfach: Ein großer alter Küchenschrank, ein Bettgestell, in das eine ganze Familie gepaßt hätte, und ein arg ramponierter Arbeitstisch.
    »Der letzte Bewohner war Kupferstecher«, sagte die Vermieterin mit argwöhnischem Blick. »Ich glaube, der Advokat der Herzogin hat etwas von einem Maler mit Hausgesinde gesagt.« Und nichts von einer übel beleumdeten Frau, die sich als Witwe verkleidet, schien ihr Blick zu besagen.
    »Ich bin Malerin, jedoch nur für hochgestellte Herrschaften. Ich lebe bei Hofe. Das hier ist nur mein Atelier. Der Advokat der Herzogin hat mir versichert, daß diese Behausung schicklich für eine ehrbare Frau ist, doch vielleicht hat er die Spelunke auf der anderen Straßenseite nicht bemerkt. Ich weiß nicht, ob es meiner Gönnerin recht ist, wenn ich auch nur eine Nacht gegenüber von etwas verbringe, was sich ›Das Faß des Riesen‹ nennt. In England hätte ich ein Atelier so weit unter meinem Stand nicht angenommen. Ich bekomme noch einen schlechten Ruf, wenn ich hierbleibe.« Die Augen der Vermieterin wanderten von meiner schwarzen Witwentracht zu Nan mit ihrer strengen Miene und dem ordentlichen Kleid und dann zu dem Lakai der Herzogin in seiner reichen Livree, der meine Kiste trug. Ich konnte sehen, wie sie nachrechnete.
    »So was ist mir noch nie untergekommen«, sagte sie mürrisch.
    »In England gibt es viele ehrbare Frauen, die ein Gewerbe betreiben – und Dutzende von Malerinnen. Vielleicht habt Ihr in Paris Weberinnen?«
    »Aber natürlich, wie sonst sollte sich die Witwe eines ehrlichen Mannes wohl durchschlagen?«
    »Und genauso ergeht es den Malerinnen in England. Nur daß die natürlich vornehmer sind, weil sie mit Persönlichkeiten von Rang verkehren.« Die grimmige alte Französin mit Haube und Schürze schüttelte verwundert den Kopf. »Widerlich…« brummelte sie, »fremdländisch… gleichwohl, die Herzogin höchstpersönlich…«
    »Was hast du der Frau erzählt?« fragte Nan, als die Vermieterin die Außentreppe hinunterstapfte.
    »Daß es in England Dutzende von Malerinnen aus höchsten Kreisen gibt«, erwiderte ich.
    »Du lügst, daß sich die Balken biegen«, sagte Nan und runzelte grimmig die Stirn. Das hatte Master Ashford auch immer gesagt, und es stimmte mich traurig, aber das mußte sie nicht unbedingt wissen.
    »Oh, sieh mal aus dem Fenster«, sagte ich, um das Thema zu wechseln, »vor dem ›Faß des Riesen‹ sind drei Betrunkene hoch zu Roß. Oh… da… dachte ich mir's doch. Einer liegt schon unten.« Der Mann, der heruntergefallen war, lag rücklings im Dreck. Auf einmal erspähte er mich und zeigte hoch. Und als die beiden anderen zu mir heraufblickten, gab es viel Gegröle auf französisch, lauter Dinge, die ich nicht verstand.
    »Barmherziger, schon wieder eine Schenke«, sagte Nan. »Du lernst nichts dazu, es ist aussichtslos. Was du brauchst, Susanna, ist ein Mann, der für dich sorgt – ein anständiger, kein Säufer oder Schürzenjäger –, denn eins ist so sicher wie das Amen in der Kirche, allein schaffst du es nicht in dieser Welt.«
    »Ach, Unfug, Nan, ich hatte einen Mann, und der hat überhaupt nicht für mich gesorgt, und das Ganze fängt gerade an, mir richtig Spaß zu machen. Hör mal, das sind Jubelrufe. Der Zug der Königin dürfte fast in Les Tournelles angekommen sein.« Und so ließen wir natürlich alles stehen und liegen und eilten, um die Königin in ihrer Sänfte anzusehen, und neben der ritt sehr vertraut der Dauphin Franz, dazu kamen noch die Heerscharen ihrer französischen Dienerinnen,

Weitere Kostenlose Bücher