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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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studiert wird, Mylord. Verlaßt Euch auf mich, ich führe Euch sicher durch diesen Irrgarten.«
    Belphagor warf Crouch einen argwöhnischen Blick zu. »Macht mich mit dem Kerl, diesem Bourbon, bekannt, sein flackernder Blick gefällt mir. Er erweckt ganz den Eindruck eines mürrischen, ehrgeizigen Burschen und eignet sich als mein König.«
    »Mylord, das dürfte im Augenblick schwierig sein, da er tanzt.«
    »Ach, die Pocken auf diese ganze widerwärtige Festlichkeit! Dann sehe ich ihn eben später. Kommt, Crouch, diese Kreaturen wimmeln herum wie die Maden. Nein, Maden mag ich ja. Wie… wie…«
    »Kaninchen vielleicht, Lord Belphagor?« schlug Crouch vor, und seine Augen funkelten boshaft und vergnügt.
    »Ja, Kaninchen. Pelzig. Braunäugig. Widerwärtig.«
    Am anderen Ende des festlichen Saals hatte sich eine Gruppe Damen um die untersetzte kleine Claude geschart, die nicht tanzte, und diese Damen betätigten sich aus den unterschiedlichsten Gründen in einer beschaulichen Sportart für drinnen, dem Klatschen, statt sich beim Tanzen körperlich zu betätigen. Zu der Gruppe gehörte die zarte, verkrüppelte Herzogin von Bourbon, die größte Erbin Frankreichs, mit ihrer furchteinflößenden Mutter, Anne de Beaujeu, einst Regentin von Frankreich, die selbst Königin gewesen wäre, wenn Frauen den Thron erben könnten.
    »Und ich sage, das kleine Füllen, das der englische König uns geschickt hat, wird ihn schnurstracks in die Hölle bringen«, verkündete die alte Dame.
    »Aber sie ist so aufmerksam. Habt Ihr beim Bankett nicht bemerkt, wie sie darum gebeten hat, daß man Prinzessin Renée etwas von dem Dessert ins Kinderzimmer schickt?« Claude hatte schon wieder vergessen, daß Mary der Feind war, und war in ihre alte Gewohnheit zurückgefallen, an allen Menschen etwas Gutes zu finden. Die Damen gaben sich alle Mühe, und das nicht nur zu ihrer eigenen Genugtuung, allzuschnell vergessenen Groll erneut zu entfachen.
    »Habt Ihr Euren Mann mit ihr tanzen sehen?«
    »Ja, und was die wohl geredet haben? Ich konnte sehen, wie sie errötet ist.«
    »Er benimmt sich ihr gegenüber nur ritterlich, und das geschieht auf Befehl des Königs. Er hat es mir erzählt, und ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie der König ihn darum gebeten hat.«
    »Dann seid Ihr ein argloses Lamm.«
    »Ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.«
    »Er unterhält sich auch allein mit ihr. Habt Ihr gesehen, wie er sich auf dem Turnier zu ihren Ehren vor ihr gebrüstet hat? Nicht vor Euch hat er sich verneigt, sondern vor ihr.«
    »Aber… er war der Schirmherr des Turniers, das schickte sich so…«
    »Aber sie, o wie unzüchtig. Rote Haare, na, so was kennt man doch.«
    »Ja, und der ungehobelte englische Herzog war ihr Liebhaber. Sie hat nach ihm geschickt.«
    »Sie will dem König einen Erben unterschieben. Das schafft er nämlich nicht mehr. Der ganze Hof weiß Bescheid. Einen englischen Erben für den französischen Thron. Was sie nicht mit Gewalt erreicht haben, das bekommen sie durch List und Tücke. Niemand ist törichter als ein alter Tor, sag' ich.«
    »Der sieht den Frühling auch nicht mehr, das könnt Ihr mir glauben. Seht nur, wie blaß er ist, der alte Mann, und von Kopf bis Fuß in Satin, als wäre er noch einmal Zwanzig. Wenn er keinen Mittagsschlaf macht, ist er gleich krank.«
    »Nehmt Euch lieber in acht, meine liebe Madame Claude, wenn Euer Mann König wird. Es wäre nicht das erste Mal, daß ein französischer König seine Gemahlin zugunsten einer Geliebten einsperrte.«
    »Wißt Ihr noch, Jeanne de France. Bekommt lieber schnell ein Kind, dann kann er Euch nicht ins Kloster stecken, wie es damals der armen Königin ergangen ist.«
    »Aufhören, aufhören! Das ist nicht wahr. Monsieur ist gut zu mir. Und irgendwann liebt er mich auch, da bin ich mir sicher. Außerdem hat meine Mutter mir die Bretagne vermacht. Und die würde er nie aufgeben.«
    »Die Bretagne hat er durch die Ehe mit Euch. Er wird Advokaten anheuern, wartet nur ab. Die finden schon ein Schlupfloch, damit er Euer Erbe auch ohne Euch behalten kann. Ihr solltet Euch lieber darin üben, Eure eigenen Interessen besser zu wahren, Madame Claude, sonst verbringt Ihr den Rest Eures Lebens hinter Klostermauern.«
    »Traut keinem Advokaten, wenn es Mann gegen Frau geht. Ich spreche aus bitterer Erfahrung«, bemerkte die alte Dame, die einmal Regentin von Frankreich gewesen war. Sie hatte quer durch den Raum ihren Schwiegersohn ausgemacht. Wunderbar, dachte sie.

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