Die Suche nach dem Regenbogen
jung und galant war. Schließlich war er der König! Und war er nicht dazumal aus größeren Turnieren als Sieger hervorgegangen? Er würde es ihnen zeigen, er würde allen zeigen, daß er noch jung war. Und sie würde nur noch ihn sehen, nur noch ihn.
Franz warf seinem Herrn und König einen schrägen Blick aus schmalen, listigen Augen zu, dann dem zappeligen Mädchen neben ihm. Seine Augen erkundeten ihr zartes Profil, dann die Wölbung, wo ihr Mieder zwei hinreißende weiße Brüste nach oben drückte. Klug, wie er war, verbarg er, daß es ihn nach den Freuden dürstete, die er sich unter ihrem Kleid ausmalte. Das Gesicht des alten Königs war grau, eifersüchtig, entschlossen. Du taugst nicht für sie, dachte er. Ich werde Sieger sein. Bei der Vorstellung, wie süß sein Sieg, wie ihre Miene sein würde, wenn… bogen sich die Mundwinkel unter der langen Nase nach oben.
Am entgegengesetzten Ende des prächtigen Saals zeigte Crouch, heute Ehrengast der Engländer, dem fremdländischen Erzherzog und berühmten Pferdezüchter Belfagoro von Tartaros verschiedene hochgestellte Persönlichkeiten im Raum und gab sich alle Mühe, ihm den Stammbaum der französischen Könige zu erklären. »Also, das Haus Valois, das ist eine jüngere Linie der Kapetinger, zu denen Philipp der Schöne gehörte, und der Thron ist an die jüngere Linie der Valois gekommen, weil König Karl VIII. keinen Sohn hatte. Daher ist dieser König, Ludwig XII., eine Generation älter, denn er ist der Sohn des Herzogs von Orléans, dem Urgroßenkel des seligen Königs. Auch er hat keinen überlebenden Sohn.«
»Uff, Linien, Vetter, jüngere Linien, mir schwirrt der Kopf! Aber habt Ihr nicht gesagt, daß der König keinen Sohn hat? Ei, schaut ihn Euch doch an, so blaß und alt wie der ist, bin ich schon bald frei«, grummelte Belphagor. Crouch, der trotz seiner Breite größer als Belphagor war, blickte auf ihn herunter und lächelte höhnisch. Wie wenig du doch weißt, dachte er. Und Belphagor sagte im Anblick eines ganzen Raums voller Linien, Vettern und jüngerer Linien: »Los, Crouch, erzählt mir mehr von König Karls Vater, dem erlauchten Ludwig XI. Also, das war ein Kerl ganz nach meinem Herzen! Mord, Plünderung, Folter! Wie ist der denn bloß an der Macht geblieben?«
»Der Spinnenkönig hat sich in Plessis-les-Tours eingeschlossen und sich mit einer schottischen Garde umgeben, die ihm treu ergeben war…«
»Und wer ist der Kerl da drüben, der Lange, Dunkelhaarige, der ganz allein herumsteht? Seine Miene gefällt mir. Überheblich. Hinterhältig. Ein Kerl, mit dem ich gut auskommen könnte.«
»Das ist der wohledle Charles de Bourbon, ein großer Krieger vor dem Herrn und ein Held, der soeben die Erbin des größten Landbesitzes in Mittelfrankreich geheiratet hat.«
»Hat er Anspruch auf den Thron?«
»Nur einen sehr entfernten und fraglichen. Doch da er die Erbin hat, wird sein künftiger Sohn weitaus mehr Anspruch haben…«
»Ah, wunderbar, wunderbar«, sagte Belphagor, rieb sich die Hände und leckte sich schon die Lippen nach dem Mann mit dem finster glühenden, aufrührerischen Blick. »Falls dieser König ohne Söhne stirbt, kann ich das Land in einen Bürgerkrieg stürzen.«
»Doch jeder Bewerber, den Ihr unterstützt, muß mit gewaltigem Widerstand von Seiten des Vetters Ludwigs XII. rechnen. Der Sprößling der Angoulêmes ist nicht nur der nächste Erbe, sondern auch noch mit der ältesten Tochter des Königs verheiratet und wird Dauphin genannt, es sei denn, die jetzige Königin bekommt einen Sohn.«
»Ach, da kann ich kaum noch folgen! Meint Ihr den großen Kerl mit der langen Nase da drüben, den Ihr mir bereits gezeigt habt? Der mit der häßlichen kleinen Frau, der immerfort mit anderen Frauen tanzt und schäkert und sich vor den anderen noch damit brüstet?«
»Ebendieser, Euer Ungnaden.« Belphagor blickte quer durch den Raum zu Franz hinüber und kniff die Augen zusammen, um sich sein Bild einzuprägen. Crouch, der dicht neben dem Dämon stand, damit keiner ihr Gespräch mitbekam, sagte leise: »Hier bieten sich viele Möglichkeiten, Lord Belphagor. Ihr müßt Euch nur absichern, daß Ihr den Mann, der die Valois entthronen soll, auch fest im Griff habt. Denn seine Macht wird Eure Macht sein. Am besten hält man ihn dadurch, daß man seine Gefolgsleute gegeneinander aufhetzt, dann muß er für Ausgleich sorgen, und damit habt Ihr ihn. Die Kunst der Machterhaltung ist eine Wissenschaft, die leider zu selten
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