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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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hochgestellter Herr, ein mächtiger Edelmann, der höchste Edelmann Frankreichs, abgesehen vom Dauphin, heimlich zu Signor Belfagoro gekommen.«
    »Hmm. Ich könnte mir denken, der will König werden, stimmt's?«
    Nicholas atmete erleichtert auf. »Woher habt Ihr das gewußt?« sagte er. »Jetzt fürchte ich um mein Leben, falls er argwöhnt, daß ich gelauscht habe…«
    »Ach, an Eurer Stelle würde ich mehr für meine Seele fürchten. Habt Ihr keine Ahnung, wer Belphagor ist?«
    »Belphagor?«
    »Und das Ihr, ein Student der Theologie? Was habt Ihr denn studiert?«
    »Nun ja, hmm, das Neue Testament und das Alte Testament. Und die Kirchenväter, Augustinus und…«
    »Das Böse habt Ihr nicht studiert?«
    »Aber, aber, das Böse ist schlecht. Und ich will ein guter Mensch sein. Eines Tages bin ich Priester und mache meine alte Mutter glücklich.«
    »Ach, mein lieber kleiner Nicholas. Da Ihr Euch nicht mit dem Bösen auskennt, seid Ihr über die Fallstricke des Bösen gestolpert. Habt Ihr nicht gewußt, daß Belphagor zu den Fürsten der Unterwelt gehört? Und Ihr seid seit Wochen im traulichen Miteinander bei ihm und lest ihm Machiavelli vor.«
    »Dann… dann sollte ich sein Geld wegwerfen, oder?«
    »O nein. Ihr habt ihn redlich übers Ohr gehauen, also gehört es Euch auch. Das Problem ist, was stellt er bei Euren nächsten Zusammentreffen mit Euch an?«
    Nicholas begann zu zittern. Kalte Schauer liefen ihm über den Rücken. »Helft mir«, sagte er mit angstvoller verzagter Stimme. »Bitte, helft mir, Madame –«
    »Ach, nennt mich einfach Hadriel«, sagte Hadriel. »Ich glaube, ich weiß, was Ihr braucht, und das ist kein Meßbuch. Glücklicherweise habe ich dergleichen auf Lager. Wenn Ihr Eure Sache gut gemacht habt, gebe ich Euch das Meßbuch. So, und nun laßt Euch das hier zeigen, und dann plaudern wir ein wenig. Ich möchte alles über das von ihm ausgeheckte Komplott wissen, und was er in letzter Zeit sonst noch getrieben hat. Und ich muß Euch das hier zeigen…« Hadriel holte unter dem Ladentisch ein häßliches Büchlein hervor, dessen schwarzer Ledereinband sich bereits auflöste. Ein Zauberbuch. Nicholas' Zähne klapperten. Hadriel legte ihm den Arm um die Schulter, als wäre er ein alter Freund, beruhigte ihn mit dieser Geste und sagte ganz sanft: »Kommt, wir wollen es durchblättern. Seht Ihr hier? Das gilt ganz besonders für Belphagor. Bedenkt, was für einen hervorragenden Priester Ihr abgebt, wenn Ihr nicht nur das Gute kennt, sondern auch das Böse besiegt habt…«
    Über ihnen lachte der braunäugige kleine Cherub unsichtbar und unhörbar und klatschte in die Hände. »Eine List!« rief er. »Fünf zu drei für Hadriel.« – »Die Wette nehmen wir nicht an!« quietschten die anderen kleinen Engel und purzelten und schossen zusammen durch die Luft, als spielten Tümmler unter Wasser.

    »Hier in Paris ist es kälter«, sagte Robert Ashford und zog den schweren grauen Wollumhang fester um sich. »Die Wärme ist um diese Jahreszeit das einzig Gute am Süden.«
    Ein privater Ausrufer kam auf der Straße an uns vorbei, er pries die Weine eines Händlers an und wetteiferte mit den lautstarken Verkäufern der Buden für gebrauchte Kleidung, die eine Straßenseite säumten. »Knöpfe, Knöpfe! Schöne Knöpfe!« – »Kommt, Monsieur, kauft der bezaubernden Dame einen Muff aus Kaninchenpelz, kaum gebraucht!«
    Master Ashford war noch immer auf der Hut, und ich war auch noch immer auf der Hut, doch nach seiner Rückkehr waren wir gemeinsam auf der Hut, und ich fand, ehrlich gesagt, Gefallen an seiner Gesellschaft, auch wenn wir kaum über das sprachen, was in uns vorging.
    »Mir ist überhaupt nicht kalt, das verdanke ich dem wunderbaren Essen, zu dem Ihr mich eingeladen habt. Und die Musik war auch ausgezeichnet. Wer hätte gedacht, daß es nur Schüler waren? Ich für mein Teil finde, das waren bereits Meister.«
    »Allmählich hasse ich diese Verfolgungsjagd. Morastige Straßen, wenn es überhaupt welche gibt, nur Schindmähren zu mieten, und die Wirtshausbesitzer sind bestechlich. Meinetwegen kann der Süden sein Wetter behalten. Mehr ist an ihm ohnedies nicht dran.«
    »Oh, hört Ihr, Robert! Der Vogelmarkt! Das muß ich sehen.« Wir folgten dem Gezwitscher und Gepiepse und Flügelgeflatter und bogen um die Ecke. Da standen die Vogelfänger und ihre Buben mit Käfigen voller Amseln, Lerchen und Vögeln jeglicher Art, von denen ich nicht einmal die Namen kannte. Eine alte Frau rief ihre

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