Die Suche nach dem Regenbogen
Tür zum Studierzimmer offengelassen.
»Die Verschwörung macht Fortschritte, Monsieur de Bourbon. Ich habe heute Les Tournelles aufgesucht, und seid versichert, ich habe dafür gesorgt, daß der König in Kürze stirbt. Was macht der Plan für die Unterschiebung?«
Nicholas stockte das Blut in den Adern. Eine Verschwörung zum Königsmord! O mein Gott, er hatte schon zuviel gehört. Er stand wie festgenagelt. Auf einmal sahen die verschiedenen Käsesorten gar nicht mehr so lecker aus.
»Der läuft gut. Die Gesellschaft hat dafür gesorgt, daß einer der Haushofmeister bestochen wurde, er kauft ein Kind aus einem Waisenhaus. Selbst wenn alle festgenommen werden, wird meine Rolle dabei verborgen bleiben.«
»Gut, dann ist der Sturz der Valois besiegelt.«
»Genau darüber möchte ich mit Euch reden. Die Abtei wünscht, daß das Wahre Blut auf den Thron zurückkehrt. Die nächsten Nachkommen der Merowinger sind die Häuser Lothringen und Guise.«
»Na und?«
»Warum Lothringen? Warum Guise? Warum sollte nicht ich, Charles de Bourbon, König werden? Warum sollte der Steuermann anderen zu Diensten sein? Ich bin nicht zum Dienen geboren. Mit Eurer Hilfe, Lord Belphagor…«
»Oh, prächtig! Die Verräter verraten! Ein doppelter Betrug ist mir noch lieber…«
»Ich denke mir das so. Wenn der falsche Erbe untergeschoben ist, möchte ich zusammen mit der Königin Regent werden. Das Militär gehorcht mir. Und mit Eurer Hilfe ergreife ich dann die Macht. Und durch meine Frau habe ich einen unmittelbaren Anspruch auf den Thron. Mein Sohn wird meine Krone durch das Recht des Blutes und das Recht der Macht erben. Ich bin dem Thron so nahe wie einst Henry Tudor, als er die neue englische Dynastie gründete. Bourbon muß herrschen…«
Nicholas blieb bei den Fleischküchlein stehen, schob sie dann allesamt in seine Kapuze und drehte diese wieder um, so daß sie beulte wie ein Bettelsack. Wie auch immer seine Politik, seine Fleischküchlein waren hervorragend. Alsdann baute er sich hinter den beiden Unterteufeln auf, räusperte sich, um sich bemerkbar zu machen, und streckte ihnen die geöffnete Hand hin. Sie hörten ihn nicht. Er hustete leise. Sie hörten ihn noch immer nicht. Da er sich im Vorzimmer nicht gern durch größeren Lärm bemerkbar machen wollte, zupfte er an dem herabhängenden Satinärmel des einen, und der drehte sich mit einem so grimmigen Blick um, daß den armen Studenten jählings die Angst packte. Der Unterteufel kicherte, griff dann in eine große Börse und drückte Nicholas das Honorar in die Hand. Der machte große Augen. Statt zehn kupferner Sous hatte der Unterteufel ihm Livres in Gold gegeben. Ob er sich mit dem Unterschied nicht auskannte? Na schön, den mache ich gewiß nicht schlau, dachte Nicholas und floh aus dem geheimnisvollen Haus auf die verschneite Straße.
Draußen erschauerte er. Ich komme mir beschmutzt vor, dachte er. Und in der Klemme stecke ich auch. Ich sollte lieber kündigen. Und mir ein anderes Zimmer suchen. Doch über die Universität kann er mich jederzeit ausfindig machen, oder? Und dann das ganze Gold. Jetzt kann ich mir all meine Träume erfüllen. Bücher. Und ihm fiel das wunderschön illuminierte Meßbuch ein, nach dem es ihn in dem Laden verlangt hatte, in den er einmal geraten war, doch damals konnte er es sich nicht leisten. Jetzt war das möglich. Vielleicht fühlte er sich dann ja besser. Schmutziges Geld ist nicht mehr schmutzig, wenn man tugendhaften Gebrauch davon macht, redete er sich ein, als er in Richtung Pont au Change davoneilte.
»Keine Kundschaft«, sagte Hadriel. »Wenn es schneit, gehen die Geschäfte schlecht.« Hadriel plusterte die Flügel, machte es sich auf dem Ladentisch bequem, hob die Oboe erneut an die Lippen und blies eine liebliche, schmelzende Melodie. Zwei kleine Cherubim hockten auf der Bodentreppe und begleiteten die Melodie mit Rebec und Zimbel, während ein anderer in der Luft schwebte und mit schillernden Flügeln den Takt dazu schlug. »Gar nicht so schlecht, gar nicht schlecht, die Musik der Menschen«, sagte Hadriel und setzte das Instrument ab, während der kleine Engel mit dem Tamburin ans Kopfende der Treppe flatterte. »Man kann den Gesang der Seraphim so richtig satt bekommen. Und immer die gleichen Worte. Und dann ihre Hochnäsigkeit! Und alles, weil jeder von ihnen sechs Flügel hat…«
»Hadriel, da ist jemand an der Tür«, verkündete eins der kleinen Geschöpfe.
»Wahrscheinlich Gabriel, der ein Wörtchen mit
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