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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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entschlüpft, die nicht von liebender Zuneigung und frommer Sorge zeugten, und ich hatte nicht geduldig ausgeharrt wie Griseldis, die dafür belohnt und nicht bestraft und ins Elend gestürzt wurde wie ich. Schauer durchliefen mich, und mir wurde ganz schwindlig.
    »Seht ihr, was ihr angerichtet habt, und sie ist noch dazu in Hoffnung!« Aus weiter Ferne, als wäre ich unter Wasser, konnte ich hören, wie Nan über die Seeleute herfiel. »Ihr habt sie umgebracht, so habt ihr sie erschreckt!« Der erste Anfall schüttelte mich, daß ich zu Füßen des Leichnams hinsank, und die Frauen im Raum stimmten ein Wehgeschrei an. Ich spürte, wie mich schwere Hände festhielten, und hörte die Witwe Anweisungen geben: »Nicht hier, dorthin – wollt ihr das Kind auch noch umbringen?« Als der Anfall abklang, verdrehte die Witwe, die neben mir kniete, die Augen gen Himmel und rief aus: »Oh, dieser Gram! Nur eine Witwe kann den Gram einer anderen Witwe ermessen!« Ich war zwar benommen, doch ich begriff nur zu gut, daß sie die Situation genoß, wie nur ältere Menschen Schicksalsschläge genießen können. »Was wissen Männer schon davon, wie wir Frauen leiden!« verkündete sie triumphierend und fast so glücklich wie Nan, wenn die wieder einmal ein Zeichen dafür entdeckt, daß der Weltuntergang bevorsteht. Ich konnte die Seeleute verlegen murmeln hören, sie befanden sich auf dem Rückzug zur Tür, doch dort vertrat Nan ihnen den Weg.
    »Da seht ihr, was euer Kapitän angerichtet hat!« sagte sie. »Wißt ihr, welche großen Gönner Master Dallet hat? Er hat sogar unseren alten König gemalt und auch den neuen König Harry, das heißt, als der noch Prinz war, und so manchen anderen Edelmann. Ein Skandal, seiner schwangeren Frau diesen armen, gemordeten Leichnam abzuliefern und sie umzubringen, den überlebt euer Herr nicht.«
    »Er hatte ein Recht –« brummelte der kleinere Seemann.
    »Nan – Nan«, flüsterte ich. »Ich spüre etwas. Ich glaube, das Kind kommt.« Nan hörte mich nicht, dafür aber die Witwe, die ein Geheimnis durch drei Wände erlauschen kann.
    »Eine arme unschuldige Witwe umbringen – und obendrein ihr verwaistes Kindlein«, setzte die Witwe hinzu, »der Skandal stinkt zum Himmel. Ganz London soll mich hören. Euer Herr entgeht der Strafe nicht, Gott und die Menschen werden ihn richten«, verkündete sie in gerechtem Zorn und zeigte mit dem Finger theatralisch in Richtung Himmel. Die Blicke der Seeleute schossen hin und her. Es gab kein Entrinnen, die Frauen hatten ihnen den Weg verstellt. In einer überfüllten Schenke hätten sie das Messer ziehen können, aber hier?
    »Richtet ihm aus, er soll herkommen und sich des Waisenkindes annehmen, das er gemacht hat, sonst bekommt es die ganze Welt zu hören«, sagte Nan, die noch immer die Tür verstellte.
    »Verfluchte Klatschweiber – da siehst du, was er angerichtet hat. Ich hab´ ihm ja gleich gesagt, er soll ihn verschwinden lassen. Jetzt muß er ihnen das Maul stopfen«, knurrte der Lange mit dem Ohrring.
    »Ein Mann, der seine Christenpflicht gegenüber Witwen erfüllt, verdient hohes Lob«, sagte Nan, diese Säule der Rechtschaffenheit.
    »Ja, und ein stilles Gebet – still –, wehe euch, ihr richtet ihm das nicht aus«, setzte die Witwe hinzu, als Nan schließlich die Haustür freigab. Dann sagte sie zu mir auf dem Fußboden: »Wir sorgen dafür, daß er zumindest für die Beerdigung zahlt und vielleicht noch ein hübsches Sümmchen für uns – schon wieder eine Wehe, mein armes kleines Täubchen?«
    »Das war gewiß eine –«
    »Ojemine, es kommt«, sagte die Witwe, »und viel zu früh nach meiner Rechnung.« Ach, diese neugierige Witwe. Natürlich hatte sie nachgerechnet. Das tun alte Frauen immer nach einer Hochzeit. Während sie und Nan mir beim Aufstehen halfen, verkündete sie: »Wenn ihr mich fragt, das Dumme an Männern ist, sie lassen nichts als Unordnung zurück. Und wir Frauen können dann hinter ihnen aufräumen.«
    »O wie wahr«, stimmte Nan zu, »aber wir müssen meiner Herrin jetzt nach oben und ins Bett helfen, ehe die nächste Wehe kommt.«
    »Aber Mutter«, hörte ich die Tochter der Witwe hinter mir jammern, »was ist nun mit diesem, pfui – Master Dallet?«
    »Den bahren wir unten auf. Was bleibt uns anderes übrig? Man kann doch einer Frau in den Wehen keine Leiche ins Zimmer legen, oder?«

    Ich legte mich zu Bett, und Mistress Hull nutzte die Gelegenheit, die Nase in jeden Winkel unserer Zimmer zu stecken, denn

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