Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
Vorrat an Gemälden von Adam und Eva auf – und wir machen halbe-halbe.«
    Schwere Steine fielen mir von der Seele, und auf einmal war mir zumute, als wendete sich das Schicksal endlich zu meinen Gunsten. »Gar keine schlechte Idee«, sagte ich. »Abgemacht, halbe-halbe.«
    »Ach, Lob und Dank sei Gott, der Gebete auf sonderbare Weise erhört«, sagte die Witwe und verdrehte die Augen gen Himmel. »Und jetzt, meine liebe Mistress Dallet, müßt Ihr Euch ausruhen, damit Ihr wieder zu Kräften kommt, während wir das Ding da unten verstecken. Gott sei's gelobt, daß es kalt ist, so wird er nicht stinken, und morgen kommt er uns aus dem Haus.«

Kapitel 3
    D as Tageslicht schwand schon dahin, als sich die Franzosen erneut einstellten. Sie waren dick vermummt, schwer bewaffnet und hatten einen dritten Mann mitgebracht, der nach italienischer Mode inkognito ging, nämlich mit einer schwarzen Samtmaske, die unter seiner schlichten breiten Hutkrempe das ganze Gesicht verbarg. Doch die weichen Lederstulpen seiner hohen Stiefel waren umgeschlagen und hatten ein Futter aus roter Seide, und ich erhaschte einen Blick auf goldene Stickerei, die mit Staubperlen abgesetzt war, als sich sein schwarzer Umhang versehentlich für einen Moment öffnete. Ein Mann von höherem Rang als die ersten beiden, dachte ich. Ihr Herr. Und niemand darf wissen, daß er hiergewesen ist.
    Die ersten beiden Männer stellten ihre Laternen auf dem Tisch im Schlafzimmer ab. Abgesehen von diesem Licht wurde der Raum nur durch den Schein des Kaminfeuers erhellt. Master Dallet konnte es nicht leiden, wenn ich Geld für Kerzen ausgab, er sah ja genug davon, wenn er seinen hohen Gönnern aufwartete, warum also daheim gutes Geld auf so kostspielige Dinge verschwenden? Nun, da er tot war, begriff ich allmählich, daß er sein trautes Heim nicht als friedlichen Hafen vor den Sorgen und Fallstricken dieser Welt angesehen hatte. Es hatte ihn gerade nach diesen Fallstricken gelüstet, und sein trautes Heim war ihm dabei nur im Weg gewesen. Das stimmte mich sehr traurig, denn wenn man nicht einmal mehr dem Rathgeber für das treffliche Eheweib trauen kann, wem denn dann? Und jetzt empfing ich auch noch Fremde zu einer unchristlichen Tageszeit, und damit befand ich mich bereits auf der schiefen Bahn, was beweist, wie schnell so etwas geht, wenn man erst einmal auf Abwege geraten ist. Ich hatte nur noch eins im Kopf, nämlich sehr unverfroren aufzutreten und alles zu vertuschen, damit sie den Preis nicht herunterhandelten.
    Das rote flackernde Licht vom Kamin warf große schwarze Schatten, die wie Riesen hinter den Fremden dräuten und sehr furchteinflößend wirkten. Ich blieb jedoch ganz fest, denn das Recht ist immer auf Seiten der Witwen, die Geld brauchen.
    »Madame Dolet, ist es Eurem Mann möglich gewesen, das Gemälde heute fertigzustellen?« fragte der Franzose, der den Auftrag erteilt hatte und besser Englisch sprach.
    »Ja, es ist fertig. Er hat mich mit dem Verkauf betraut, da er einen bedeutenden Auftrag am anderen Ende der Stadt erhalten hat. Wenn es Euch beliebt, so mögt Ihr es jetzt prüfen.« Ich antwortete ihm in Englisch, der Sprache, in der er mit mir geredet hatte.
    »Eigenartig«, sagte der zweite Franzose in seiner Sprache zu dem Maskierten. »Ich habe gehört, dieser englische Maler soll ein eitler Mann sein und sich keine Gelegenheit entgehen lassen, Lob einzuheimsen. Wahrhaftig, das muß ein sehr bedeutender Auftrag sein. Gleichwohl scheint mir, daß Euer Ausflug am Ende doch nicht umsonst gewesen ist.« Der Edelmann sprach mit lispelnder, verzerrter Stimme, da seine fremdländische Maske mit einem Mundstück versehen war, einem Stiel, der in einer Metallkugel auf seiner Zunge endete und seine Stimme verstellte.
    »Ich würde meinen, es ist unmöglich, derlei so schnell fertigzustellen – und ich nehme es nicht an, wenn die Qualität zu wünschen übrigläßt«, setzte er in der gleichen Sprache hinzu. Mit mir redete er dann Englisch, aber mit starkem Akzent, der durch den seltsamen Apparat in seinem Mund noch verstärkt wurde. »Zeigt mir das Porträt.« Ich entzündete ein Binsenlicht am Feuer und führte sie in das Atelier.
    »Da ist es, Mylord«, sagte ich und überreichte ihm die verschlossene Schatulle. »Wenn es Euch beliebt, so überprüft es näher am Feuer. Ich möchte keinen Fleck darauf machen.« Ich hielt mich mit dem tropfenden, in Fett getauchten Binsenlicht in einiger Entfernung von der kleinen Schatulle. Der hohe Herr

Weitere Kostenlose Bücher