Die Suche nach dem Regenbogen
brummte ich.
»Mistress Littleton, ich weiß aus eigener, trüber Erfahrung, daß es an der Zeit ist, Mistress Dallets Farben und persönliche Habe zu verstecken, sonst nehmen die Gläubiger ihr noch das letzte Hemd. Und wie kann sie malen, wenn sie nichts mehr hat?« Also machten sich die beiden an die Arbeit und trugen die Wollbahnen, das Nähzeug, die Staffeleien, den Tisch und die Farben die Treppe hinunter. Diese Arbeit sagte Mistress Hull zu, da sie es ihr erlaubte, unsere Habseligkeiten noch eingehender zu durchschnüffeln.
»Oh, was ist das? Eine Laute? Ich wußte gar nicht, daß Mistress Dallet spielen kann.«
»Meine Herrin spielt wie eine Dame und singt dazu, obschon sie seit ihrer Heirat mit diesem Bösewicht keine Note mehr gesungen hat.«
»Und was ist mit der Truhe hier? Die sieht mir schrecklich schwer aus. Fremdländisch, oder? Oh, was für hübsche Messingbeschläge.«
»Sie ist flämisch. Dort arbeitet man solche Dinge aufwendiger. Wir wollen versuchen, sie hinunterzuschaffen. Cat kann uns dabei helfen. Wenn wir sie leerräumen, bekommen wir sie vielleicht nach unten.« Und so räumten sie die Truhe leer und legten all die guten Porträtzeichnungen meines Mannes einfach auf den Fußboden, was irgendwie einer Entweihung gleichkam, aber noch schlimmer war es, daß sie auch Das höchst erbauliche Leben der Heiligen Jungfrau und Gottesmutter und den Rathgeberfür das treffliche Eheweib dazulegten, auch wenn sie auf den Zeichnungen lagen. Ich meine, ich bin mit Büchern immer sehr achtsam umgegangen, weil sie voller Weisheit und mir Vorbild sind, nur daß überall, wo die Heilige Jungfrau wandelte, Rosen und Lilien sprossen, und das ist keinem Sterblichen gegeben, wie gut er auch immer sein mag. Gleichwohl ist das Buch voll von erbaulichen Beispielen für die heiligen Gedanken und die täglichen guten Werke der Jungfrau, was wiederum zu erhebenden Gedanken anleitet. Der Mann, der das Buch geschrieben hat, muß wirklich ein sehr bedeutender geistlicher Denker gewesen sein, denn so wie er beschreibt, was sich zugetragen hat, muß er die Heilige Jungfrau persönlich gekannt haben, und ihre vollendete Güte hat gewiß auf ihn abgefärbt.
»Und was für ein Bruchstück von einem Buch ist das hier? Es hat ja nicht einmal einen Deckel«, sagte Nan. Ich warf dem Ding einen schiefen Blick zu. Die Handschrift war ein Gekritzel, das kein normaler Sterblicher lesen konnte, auch wenn es Englisch gewesen wäre, was aber nicht der Fall war. Doch das Pergament war von allerbester Qualität, und die Ränder waren breit und wie neu.
»Ach, Master Dallet hat doch immer alten Kram mit nach Haus geschleppt! Wie die verrottete alte Büste, die er auseinandergenommen hat. Taugt zu gar nichts. Wirf es weg, Susanna.«
»Das Pergament ist sehr gut. Aus dem Grund hat er es gewiß haben wollen, nämlich um es zu schleifen und wieder zu verwenden. Vater hat immer gesagt, das ist ein knauseriger Zug.« Angenommen, es kämen noch mehr Franzosen, die weitere Miniaturen haben wollten? Das Zeug da käme mir gut zupaß, denn so müßte ich kein Geld für Pergament ausgeben, was sehr teuer werden kann, wenn man sich mit den unterschiedlichen Qualitäten auskennt und nicht übers Ohr gehauen werden will. Ich könnte die Ränder einfach abschneiden, und auch die Mitte wäre gewiß noch zu gebrauchen. »Ich glaube, ich habe noch Verwendung dafür, Nan«, sagte ich.
»Was Knauserigkeit angeht, so ist Master Dallet unübertroffen, das kann man wohl sagen«, meinte Nan. »Packt es zu den anderen Sachen, einen Platz in der Truhe verdient es nicht.«
Mistress Hull hatte das Kinn in die Hand gelegt und betrachtete nachdenklich unseren Tisch. »Sie werden sich wundern, wenn kein Tisch und keine Stühle im Haus sind«, sagte sie. »Wir wollen doch niemanden mißtrauisch machen, oder? Die müssen wir dalassen.«
»Nehmt wenigstens den Teppich mit. Nach so etwas suchen sie nicht, da Master Dallet kein Testament und keine Inventarliste hinterlassen hat. Außerdem hat er Mutter gehört.«
Natürlich konnte sich Mistress Hull ein künstlerisches Urteil über die halbfertig hinterlassenen Gemälde meines Mannes nicht verkneifen, was wirklich sehr ungehörig ist, wenn man bedenkt, welch furchtbares Zeug ihr Seliger gemalt hat. »Du meine Güte!« platzte sie heraus. »Wenn das nicht ein scheußliches Werk ist. Master Dallet hätte grüne Erde als Untermalung wählen sollen. Mein Mann hat darauf geschworen.« Aha, das erklärt die grünen
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