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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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gewesen. Bleibt und sagt mir mehr. Wie soll ich das schaffen? Was ist, wenn ich es nicht schaffe?« Doch die leuchtende Säule war verschwunden. Das Zimmer war klein und dunkel. Ein fauliger Geruch und ein gespenstisches, schwefliges Licht umgaben die Wiege, die leer und voller schwarzer Blutflecke war.
    Geraume Zeit später erwachte ich und war sehr schwach. Helles Tageslicht fiel ins Zimmer, und Nan spähte mir ins Gesicht. »Sie hat die Augen aufgeschlagen!« rief sie. »Sieh mal, was wir für dich haben, alles, wonach du dich gesehnt hast. Hier ist Apfelsinenmarmelade, wie du gesagt hast. Und eine Bahn Leinen. Und Mistress Hull hat eine Wiege aufgetrieben, die fertig zum Verkauf stand. Und sieh nur, Bruder Thomas hat dir zwei Bahnen der feinsten Wolle gebracht. Da, fühl mal!« Sie hielt mir die Wolle an die Wange, so wie man Spielsachen in der Hoffnung um ein sterbendes Kind häuft, daß eins davon es dazu bewegt, sich zu rühren und zu lächeln wie früher. Ich drehte den Kopf auf dem Kissen. Mir wurde kalt ums Herz. Neben meinem Bett stand die böse Wiege aus meinem Traum.
    »Wie – wie seid ihr über Nacht an die ganzen Sachen gekommen?« fragte ich.
    »Ach, Kindchen, es war mehr als nur eine Nacht. Drei Nächte und drei Tage«, sagte Mistress Hull, die auf der Bank saß und nähte. »Und die ganze Zeit haben wir bei Euch gewacht. Ihr seid in einen seltsamen Schlaf gefallen, lagt fast wie tot und wolltet nicht aufwachen. Manchmal habt Ihr am ganzen Leib gezittert, und Eure Gliedmaßen haben sich bewegt und gezuckt. Einmal mußten wir Euch festhalten, sonst hättet Ihr Euch verletzt.« Nan sah betreten aus, vermutlich hätte sie mir das nicht alles erzählt.
    »Pssst. Ihr wißt doch, man darf sie in ihrem Zustand nicht aufregen«, sagte sie zu Mistress Hull und bedachte sie aus zusammengekniffenen Augen mit einem Blick, der durchgehende Pferde zum Stehenbleiben bringen kann, nicht jedoch Mistress Hull, die Nan an Jahren voraus ist und auf ihre älteren Rechte pocht.
    »Und was sich nicht alles getan hat«, fuhr Mistress Hull fort, denn darin gleicht sie mir: Sie läßt sich nicht gern mitten in einer Geschichte das Wort abschneiden. »Nicht zu sagen. Master Dallet hatte ein prächtiges Leichenbegängnis, wirklich ganz prächtig, und der Sarg war sehr elegant, obschon er gestunken hat, als wäre er unter dem Bahrtuch geplatzt. Aber alle haben ihm die letzte Ehre erwiesen und damit auch Euch.«
    »Als ob er das verdient hätte«, fuhr Nan dazwischen.
    »Und es waren ein paar elegante Leute anwesend, wirklich sehr elegant, und Fremde. Einer von ihnen, ein sehr vornehmer hochgewachsener Herr, nicht mehr ganz jung, blaß, aber sehr leutselig, ist an mich herangetreten und hat gesagt, er möchte Vorkehrungen treffen, für Master Dallets Sohn zu sorgen, wenn dieser im Sommer geboren wird, denn er würde ihn gern in seinem eigenen Haus aufziehen.« Mistress Hull platzte fast vor lauter Neuigkeiten.
    »›Und was ist mit meiner Herrin?‹ habe ich ihn gefragt«, unterbrach Nan, die immer beweisen möchte, daß sie die Klügste ist und an alles denkt, »und da hat er gesagt: ›Oh, um die kümmere ich mich auch. Master Dallet war mir ein Herzensbruder.‹ Aber ich könnte schwören, daß ich diesen Menschen noch nie im Leben gesehen habe.« Nan purzelten die Worte genauso heraus wie Mistress Hull.
    »Aber er hat den Eindruck eines sehr hochstehenden Herrn gemacht. Sein Hut war mit einem großen Edelstein besetzt. Seine Augen waren sehr hell, und er hat sich ständig umgeblickt. Auf mich hat er wie ein ungemein kluger Mann gewirkt, zu klug für meinen Geschmack. Ich konnte ihn mit anderen reden hören, sehr geistreich und mit eingeflochtenen lateinischen Brocken, wie es Ärzte tun, so richtig gelehrt! Und eine grüne Samtrobe in fremdländischem Schnitt hat er angehabt, überall mit Zobel verbrämt. Und da er so schrecklich dick war, hat er gewiß das Doppelte dafür zahlen müssen.« Mistress Hull konnte zwar kein Latein, doch mit Preisen kannte sie sich besser aus als ein Pfandleiher.
    »Und vergeßt die goldene Kette nicht, gediegenes Gold mit einem merkwürdigen Zeichen darauf.«
    »Ein Ausländer, ein hochstehender ausländischer Herr. Ach, du hast ja keine Ahnung, wie wir darauf gewartet haben, daß du die Augen aufschlägst. Wo es so viel zu erzählen gibt.« Mehr sagte Nan nicht, aber mir war klar, sie dachte, was auch ich dachte, nämlich daß es äußerst verdächtig ist, wenn reiche fremdländische Herren

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