Die Suche nach dem Regenbogen
war frisch verheiratet mit einer schönen Frau, der er treu ergeben war und die ihr erstes Kind erwartete –«
»Ah, dann ist es eine Liebesgeschichte«, rief die Prinzessin. Mutter Guildford warf de Longueville einen grimmigen Blick zu, der selbst einen Löwen mitten im Sprung gezügelt hätte, doch er ließ sich nicht beirren.
»So ist es«, bestätigte de Longueville munter. »Aber eine mit ungewöhnlichem Ausgang. Dieser Maler, der erst kürzlich seinen Meister gemacht hatte, war hoch verschuldet. Doch er war ein Glückspilz, denn ein hoher Herr erteilte ihm den fürstlichen Auftrag, ein kleines Gemälde nach einem großen zu malen, ein Kleinod sozusagen.« Die Runde beugte sich vor, und Suffolk stützte die Ellenbogen auf den Tisch. Der Franzose verstand sich aufs Erzählen. »Am folgenden Tag kehrte der hohe Herr zurück und traf draußen vor der Tür einen Geistlichen, der einer frisch Verwitweten Beistand leisten wollte, deren Ehemann in der Nacht zuvor bei einer Straßenschlägerei ermordet worden war. Es war der Künstler, den man genau an dem Abend umgebracht hatte, als der Auftrag erteilt wurde, während seine Witwe nichtsahnend auf seine Rückkehr wartete.«
»Ach, ist das traurig«, sagte Mistress Popincourt. »Viel zu traurig für eine Liebesgeschichte.« Mutter Guildford fuhr sich mit dem molligen Zeigefinger verstohlen über die Augenwinkel.
»Stellt Euch die Bedrängnis des Edelmannes vor, als ich – äh, er feststellte, daß das Kleinod unmöglich fertiggestellt sein konnte. Gleichwohl fand er, als er das Atelier des Künstlers betrat, ein Meisterwerk vor, das vollkommener war, als es irdische Hände erschaffen können.« Die Gesellschaft hielt einhellig den Atem an. »›Woher stammt dieses Kleinod?‹ fragte der Edelmann. Und die junge Frau des Künstlers, die noch immer nichts von ihrem großen Verlust wußte, sagte, ihr Mann sei an diesem Morgen lautlos gekommen, habe den ganzen Tag ohne Speis und Trank gearbeitet und sei nach getaner Arbeit genauso lautlos verschwunden. Die Frau argwöhnte nichts, doch der Edelmann wußte sofort: Es war der Geist ihres toten Mannes, der, treu bis über das Grab hinaus, zurückgekehrt war, um den Auftrag auszuführen und für sie und das Kind zu sorgen.«
»Erstaunlich!« rief ein anderer Edelmann.
»Und so rührend. Ach, wie schlecht die Welt auch sein mag, es gibt noch immer wahre eheliche Liebe.« Mutter Guildford wischte sich ein paar dicke Tränen ab.
»Hier, in dieser Stadt, sagt Ihr?«
»Wer das wohl gewesen sein mag. Habt Ihr nicht gesagt, Ihr hättet den Mann gekannt?«
»Da es um die Ehre einer Dame geht, habe ich Stillschweigen geschworen«, sagte de Longueville und war mit dem Aufsehen zufrieden, das er erregt hatte.
»So sagt schon«, beharrte Jane Popincourt, »der hohe Herr, das wart Ihr, nicht wahr?« De Longueville räkelte sich gesättigt und nackt auf dem großen Bett und lehnte sich in die Kissen zurück. Obschon die schweren Samtvorhänge ganz zugezogen waren, bedeckte sich Mistress Jane statt mit dem Hemd züchtig mit dem Bettlaken. De Longueville lächelte verschmitzt und zog daran.
»Laßt mich noch einmal sehen«, sagte er.
»O nein, nicht ehe Ihr gestanden habt«, rief sie mit gespielter Schamhaftigkeit.
»Nun, dann bin ich geständig: Ich war es«, sagte de Longueville und zupfte an dem Laken.
»Aber wer war die Frau?« sagte Mistress Jane auf einmal erschrocken und hielt das Laken mit beiden Händen fest. »Undankbarer! Ihr habt eine andere!«
»Zusätzlich zu Euch, die mein ein und alles ist?« neckte er sie. »Das sei ferne von mir, meine süße kleine Jeanne.« Doch als er ihre Miene sah, fuhr er ernster fort: »Ich habe im Auftrag von jemand – anders – gehandelt. Die Frau ist eine hochgestellte Edeldame, bitte verzeiht, aber ich habe geschworen, ihren Ruf zu schützen.« Auf einmal mißtraute Mistress Jane seinem sinnlichen Lächeln, seiner einschmeichelnden Stimme. Blitzten diese dunklen Augen allein bei ihrem Anblick auf? Sie musterte sein Gesicht, wollte eine verborgene Bedeutung ablesen. Hatte sie nicht alles für dieses Stelldichein aufs Spiel gesetzt? Wenn etwas durchsickerte, riskierte sie ihren Ruf und ihre Stellung bei der Prinzessin. Er könnte über sie klatschen, wenn er sie verließ. Männer, ach, ihnen ist nicht zu trauen, dachte sie. Als ob ein Mann jemals widerstehen könnte, mit einer Eroberung zu prahlen. Hast du nicht erlebt, wie er das Geheimnis eines anderen verraten hat, nur um auf
Weitere Kostenlose Bücher