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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Mittelpunkt des Bildes wurde.
    Ich arbeitete und arbeitete. Vaters Landschaft hatte nie schöner ausgesehen, nur fand ich, ich sollte das himmlische goldene Licht auf dem Berggipfel durch eine Gewitterwolke ersetzen, aus der ein Blitz zuckte, was Gottes Zorn andeutete, und das machte mir noch mehr Spaß. Zuweilen hielt ich inne, wischte mir den Schweiß von der Stirn und mußte einfach lachen. Und komisch, ich hatte den Eindruck, daß hinter mir jemand kicherte, vielleicht waren es auch zwei oder drei, und ich drehte mich unversehens um, konnte aber nichts weiter als eine Art Blitz sehen und ein Rascheln hören. Und noch etwas kam mir komisch vor, aber das muß ich mir eingebildet haben. Mir war, als sähe ich etwas Rosiges blitzschnell verschwinden, eine Art Kinderfuß, doch das habe ich wohl nur geträumt, weil ich zu hart gearbeitet hatte.
    »Susanna, Susanna, wer ist da drinnen bei dir?« konnte ich Nans Stimme durch die Ateliertür hören.
    »Niemand, komm herein. Ich habe das Ganze skizziert, zumindest den Anfang.« Nan trat ein und machte große Augen. »Du mußt es dir mit Lasuren vorstellen«, sagte ich, »das hier vermittelt nur eine grobe Vorstellung.«
    »Grob, das trifft es. Was hast du nur angestellt? Die Schlange hat Master Dallets Gesicht, soviel steht fest. Und die Frau, auf der er sich räkelt, das ist Mistress Pickering, wie sie leibt und lebt.«
    »Dann hast du sie also gesehen, Nan? Und was ist mit dem Muttermal und dem Klumpfuß und all den furchtbaren Leiden, die ihr dieser Erzlügner angedichtet hat? Du hast gewußt, daß er sündigte und mich betrog, und hast es mir nicht gesagt. Das war nicht sehr nett von dir.«
    »Ach«, sagte sie und blickte betrübt, »ich dachte, du könntest doch nichts daran ändern, und wenn du davon gewußt hättest, es hätte dir das Herz gebrochen, und so haben wir allesamt den Mund gehalten.«
    »Wir allesamt? Wir allesamt? Also hat jeder Bescheid gewußt, daß, mein Mann ein Galgenstrick und Taugenichts und ein gräßlicher – gräßlicher – Verführer war, nur ich nicht? Ihr seid alle gemein, gemein, gemein!«
    »Nein, sind wir nicht. Wir wollten dich nur schonen. Die Welt denkt sich nichts dabei, wenn ein Mann den Frauen nachläuft. Für ihn ist das die Würze des Lebens. Nur Frauen kommen bei so was in Bedrängnis. Und du – du nimmst alles immer so ernst. Ich meine, vielleicht hättest du auch noch die Rezepte aus dem Buch ausprobiert, in dem du immer nachschlägst, und dann hätte er gemerkt, daß du Bescheid weißt, und hätte dir etwas angetan, um dich aus der Welt zu schaffen. Der Mann war eine Schlange, ich habe ihm nie über den Weg getraut.«
    Das beunruhigte mich aber doch, denn vornehme Manieren sind ein Zeichen für eine gute Kinderstube, und im Rathgeber für das treffliche Eheweib werden verschiedene Möglichkeiten aufgezählt, wie man christliche Vergebung üben kann, vor allem dann, wenn ein Ehemann von nichtswürdigen Frauen in Versuchung geführt wird. Aber vielleicht hatte Nan ja recht, denn in dem Buch stand nichts über böse Männer, die nichtswürdige Frauen in Versuchung führen, und daher hätte es so ausgehen können wie mit dem Rezept für Gemüsesuppe im dritten Kapitel, die haarscharf schmeckte, als hätten sie Teufel gekocht, die mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden waren, und die ich beseitigen mußte. Nur daß ich Rowland Dallet nicht hätte beseitigen können. Doch irgendwie beseitigte er sich selbst, und das machten wahrscheinlich all die guten Rezepte aus dem Buch, die ich ausprobierte, damit er Erfolg hatte. Ich meine, er wußte, daß ich einfach überfloß von christlicher Vergebung und Güte und nur darauf wartete, diese nach vielen empfohlenen Rezepten an ihm auszuprobieren, und damit hatte ich so viele glühende Kohlen auf sein Haupt gesammelt, daß er sich dieser nichtswürdigen Person einfach an den Hals werfen mußte, um das Böse zu vergessen, das er getan hatte. Und so kam er ums Leben, weil sein christliches Gewissen diese wahre Ergebenheit und Nachsicht nicht länger ertragen konnte, und so sollte es auch kommen, also hat das Buch recht. Aber eine Schlange bleibt er gleichwohl.
    »Dann habe ich ihn wohl genau getroffen«, sagte ich.
    »Gewiß«, sagte Nan und betrachtete das Bild eingehender. »Ei, was für Augen ihm diese schamlose Person macht«, sagte sie und fing an zu kichern. »Mein Gott, und erst dieser Ausdruck auf dem Gesicht der Schlange! Ich würde sonstwas darum geben, den Ausdruck auf seinem

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