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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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lachten.
    »Ihr solltet Euch schämen, eine ehrbare Witwe derart anzupöbeln!« sagte ich, doch sie lachten schon wieder, als sie sahen, wie ich die Hunde wegscheuchte, die an mein Brot wollten. Ich war zornig, denn er hatte mich beim Schauen gestört, und dabei versenke ich mich noch mehr als beim Denken.
    Und all die betrunkenen Saufkumpane lachten und grölten: »Die ist zu gut für dich, Peterkin.«
    »Viel zu hochmütig.«
    »Du willst zu hoch hinaus. Königin Susanna die Wahnsinnige hält sich für was Besseres.«
    »Eine Frau sollte sich lieber wieder verheiraten, solange jemand sie noch haben will.«
    »Vor allem, wenn sich herausstellt, daß sie ein weiches Hirn hat.«
    »Ein weiches Hirn schadet bei Frauen nichts, Hauptsache, sonst ist nichts weich.«
    »Sind Eure Speisen auch voller Kohle?«
    Ich schenkte ihnen keinen einzigen Blick, sie sollten wissen, daß ich über solch ungezogene Bemerkungen erhaben war. Ich stürmte nur sehr aufgebracht davon, denn durch sie war die Straße wieder gewöhnlich geworden.
    Im Laden ›Zur Stehenden Katze‹ fand ich eine runzlige alte Mistress Hull, die nur so strahlte und mich in den Arm nahm, und Nan und Cat taten es ihr nach, ehe ich den Brotkorb abstellen konnte.
    »Gute Neuigkeiten, wunderbare Neuigkeiten! Wir haben Eva im Bade verkauft«, riefen Nan und Cat.
    »An einen gräßlichen alten Franziskaner mit Silberblick, der aus York zu Besuch ist. Nicht auszudenken! So weit ist unser Ruf schon gedrungen!« Mistress Hull war ganz aus dem Häuschen. »Zunächst hat er so getan, als betrachte er einen Christus in Ketten , doch dann hat er sich nach Märtyrerinnen erkundigt. Pfui! Man denke! Aber Ihr hättet sehen sollen, wie seine Augen funkelten, als ich ihm Eva im Bade gezeigt habe. Er sagte, sie sollte ihm für seine Betrachtungen über die Schlechtigkeit der Frauen dienen, die den Sündenfall des Mannes bewirkt hätten. Ich sagte: ›Zehn Schilling, keinen Penny weniger. Er bot fünf. Ich erzählte ihm, es handele sich um ein Meisterwerk, und da der Maler verschieden sei, würde es noch im Wert steigen. Er bot sechs. Ich sagte ihm, derlei Gemälde gäbe es in den Privatsammlungen der höchsten kirchlichen Würdenträger Englands. Am Ende habe ich es für acht verkauft, dazu noch zwei Nähnadeln und einen Stecknadelbrief. Nun frage ich euch, wozu braucht ein ehrlicher Klosterbruder einen Nadelbrief?«
    »Ein unehrlicher würde sich damit bei einer verheirateten Frau mit Schlafzimmerblick einschmeicheln«, bemerkte Cat.
    »Ich kann mir schwerlich vorstellen, daß eine Frau dem einen Schlafzimmerblick zuwirft«, sagte Nan.
    »Acht Schilling – und schon so bald! Wie geht es denn mit der Schlange voran?«
    »Ich habe gerade erst damit angefangen.«
    »Dann macht schnell, schnell, und wir werden alle reich.« An diesem Abend feierten wir mit einer prächtigen, großen Pastete, von der ich Bauchgrimmen bekam, das bis zum nächsten Tag anhielt. Doch selbst Bauchgrimmen kann inspirieren, wenn man in Mallaune ist, und so waren meine Krämpfe eine große Quelle der Erleuchtung für mich, und ich arbeitete den ganzen Tag ungemein zufrieden vor mich hin. Ich meine, ich kenne keine schlimmere Schlange als Rowland Dallet, daher beschloß ich, der Schlange statt des üblichen Teufelsgesichts das seine zu geben, und das führte ich ganz in Grün aus, was mir großen Spaß machte. Doch dann ließ ich mich natürlich hinreißen und ging seine Skizzen durch, bis ich eine fand, die mit ziemlicher Sicherheit Mistress Pickering darstellte, weil nämlich kein Name, sondern nur ein »P« darunter stand. Wie hinterhältig von ihm, vor allem da er mir weisgemacht hatte, sie wäre mißgestaltet und hätte ein schreckliches Muttermal im Gesicht.
    Also gab ich Eva Mistress Pickerings glupschäugiges Aussehen, und das machte mir noch mehr Spaß, denn da suhlte sie sich mit dieser grotesken alten Schlange und drückte sie an ihren Busen, den ich recht dürftig malte, aber ihre Schenkel, die malte ich viel fetter, als sie bei einer armen, verkrüppelten Dame, die angeblich hinkte, sein konnten. Hinken, ha! Das Gesicht der Schlange, das heißt von Rowland Dallet, blickte sie lüstern an, und sie sah wirklich so hingerissen aus, als handelte es sich statt einer großen, glitschigen, schwärzlich-grünen Schlange, die sich auf ihr ringelte, um einen gutaussehenden Mann. Den angebissenen Apfel, der fortkullerte, malte ich in einem schönen, glänzenden Rot, so daß er das Auge auf sich zog und zum

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