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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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in seinen Augen blitzte es bei der schlagfertigen Antwort der Frau auf. Ich stand ganz in der Nähe und konnte sehen, daß er haselnußbraune Augen hatte, die klug und freundlich blickten, obschon sie nicht so schön funkelten wie dunkelbraune, die ich für meinen Teil anziehender finde. Eine schöne Nase hatte er auch und ein wirklich hervorragendes Profil, was ihn wahrscheinlich eitel machte, denn so geht es mit Menschen, die ein gutes Profil haben. Blieb noch die Sache mit der verkehrten Haarfarbe, die von einem hitzigen Charakter und Eifersucht zeugte, obschon er sehr gut gebaut war, und das fällt jemandem wie mir natürlich immer auf. Ich dachte gerade, welch ein Jammer, daß ein so hervorragendes Profil an jemanden verschwendet war, bei dem alles auf einen schlechten Charakter hindeutete, als ich merkte, daß er mich auch ansah. Ich gab den Blick unumwunden zurück und blickte fest und mißbilligend, er sollte nämlich merken, daß es sich nicht schickte, eine ehrbare Witwe so anzuschauen, und er prustete, weil er ein Lachen unterdrücken mußte, was nun wirklich bewies, daß er einen schlechten Charakter hatte.
    Das hörte der Bischof, und seine Augen schossen zur Seite, er hatte wohl Angst, daß ein Mörder oder so ähnlich den Laut ausgestoßen hatte, und da fiel sein Blick auf mich, und das war nun wirklich ungewöhnlich und für mich vollkommen unvergeßlich.
    Wolseys Gesicht war in Fett eingebettet und von vielen Sorgenfalten zerfurcht, und seine Augen blickten sehr scharf und ziemlich einschüchternd, und das rechte mit dem Hängelid zuckte und verlieh ihm etwas Finsteres. Normalerweise würde ich mich vor diesem bösen Blick verstecken, doch als ich ihn so ansah, da tat er mir sehr leid, denn wer so aussieht, der muß einfach böse blicken, vor allem dann, wenn Leute, unter die man sich nur ungern mischt, sich darüber lustig machen, wie man aussieht und wie man gekleidet ist. Und er tat mir auch leid, weil ich ihm an den Augen ablesen konnte, daß er ein weltlicher Intrigant war, doch daß all seine Ränke ihm nur schadeten, denn ein Gottesmann sollte sich an Gott halten, so wie sich ein Maler ans Malen halten sollte.
    Ich merkte jedoch, daß er merkte, er tat mir leid, und da schürzte er den Mund, als wollte er sagen, welch neue Narretei ist das? Versuche nicht, mich zu täuschen, ich durchschaue dich. Ich weiß, das ist viel für einen einzigen Blick, doch was ich gesehen habe, das habe ich gesehen. Und daher wußte ich auch, daß es Wolsey und mir bestimmt war, uns eines Tages zu begegnen, nur weil sich unsere Blicke auf der Thames Street kurz getroffen hatten. Aber ich hoffte, es würde noch eine gute Weile auf sich warten lassen, denn je größer der Bogen ist, den man um große Männer macht, desto sicherer ist man, vor allem dann, wenn man wie ich zum gemeinen Volk zählt. Die ganze Prozession zog vorbei, stieß wieder zu den Bootsleuten und war verschwunden, und ich vergaß dieses Gefühl von Vorherbestimmung.

    In der Guthrun's Lane kann man die Goldschläger hinten in ihrer Werkstatt sehen, wie sie Blattgold zwischen Pergament fein und dünn hämmern. Ich bin gut im Aufbringen von Blattgold, denn das habe ich für Vater gemacht, doch ist das jetzt kaum noch gefragt, da ich keine vornehme Kundschaft habe, und meine nichtswürdigen Evas nebst Adam erfordern kein Blattgold. Master Ailwins Laden befindet sich genau am Ende der Gasse, er ist klein und eng, jedoch sehr langgestreckt, und hinten gibt es Öfen und Glasgefäße mit blubberndem, stinkendem Zeug, und dazu alle Arten von Krügen, Behältnissen und Schachteln mit Dingen, die er einmal brauchen könnte, meistens jedoch nicht. Sein Fensterladen war aufgeklappt, und ich konnte im Inneren einen gewaltigen und reich aussehenden Mann erblicken, der etwas kaufte. Der reiche Mann war in eine Unterhaltung mit Master Ailwin vertieft, der buschige weiße Augenbrauen hat und dem aus den Ohren Haare wachsen. Von dem reichen Mann konnte ich nur den Rücken sehen, doch es war ein sehr rundlicher Mensch, nicht übermäßig groß, und er trug ein Gewand aus grünem Samt in fremdländischem Schnitt, vielleicht italienisch. Er wirkte sehr aufgebracht, und ich konnte sehen, wie er mit der großen runden Faust in einem großen schwarzen Handschuh auf den Ladentisch einhämmerte. Hoffentlich hatte Master Ailwin nicht zu knapp gewogen, das könnte ihn teuer zu stehen kommen, und was würde dann aus mir? Also wartete ich mit Nan draußen, und schon kamen

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