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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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kaufen, ohne daß jemand argwöhnte, ich würde daheim unter Beimischung von Lilien- und Stiefmütterchenessenz Farben herstellen. An Indigo kam ich heran, wenn ich vorgab, ich wollte etwas Garn färben oder ein altes Kleid, das sich in Blau besser machen würde. Doch wenn man Feiellbraun und Azurblau und Malachit und Türkisgrün kaufen will, dann fragen sich die Leute, wozu die Witwe eines Malers die wohl braucht, und die einzige Antwort ist nicht sehr ehrbar, denn sie denken, man hat sich mit einem anderen Maler eingelassen und lebt heimlich in Sünde, damit einem die Rente nicht verlorengeht. Und was am schlimmsten ist: Wenn Klatsch und Tratsch blühen, kommt vielleicht der Büttel vorbei, sucht nach Männern und findet statt dessen Gemälde.
    Nachdem ich das mit Mistress Hull besprochen hatte, die eine sehr gewitzte Frau ist, beschlossen wir, jemanden einzuweihen und ihn tüchtig zu bestechen, und zum Glück kannte ich einen solchen Menschen. In einem Gäßchen, das in der Nähe der Goldschläger von der Bladder Lane abgeht, gibt es einen Apotheker, der auch Alchimist und nicht gerade sehr ehrlich ist, das aber auf ehrliche Art und Weise. Ich meine, er betrügt nicht allzu schlimm, aber er glaubt, daß die Gesetze nur für andere gelten. Darum ist mein Vater auch so gut mit ihm ausgekommen, der glaubte nämlich auch, daß die Gesetze nur für die anderen wären, insbesondere die Zunftgesetze, die nur englische Maler schützen, die nicht richtig malen können, und die deshalb bessere Künstler ausschließen müssen. Master Ailwin stellte sehr gute alchimistische Farben her, beispielsweise Auripigment und Grünspan und Bleiweiß, und er kam an alles heran, was man so brauchte, sogar an Dinge, die etwas mit Schwarzer Magie zu tun hatten, wie Daumen von Toten, doch so etwas möchte ich gar nicht haben. Der einzige Haken an Master Ailwin ist, daß er zu allem seine Meinung sagen muß. Nie kommt man schnell aus seinem Laden, immer muß man disputieren, und dabei bestreitet er ohnedies die ganze Unterhaltung allein. Außerdem gehen bei ihm zwielichtige Gestalten ein und aus, doch daran störte sich Vater nie. Er sagte immer, das Leben ist voller zwielichtiger Gestalten, und solange sie sich malen lassen, soll man nicht daran rühren.
    Und so kleidete ich mich eines schönen Morgens in mein bestes schwarzes Kleid, das aus dem guten Wolltuch mit den kleinen Biesen rings um den Rock und den Ärmeln im französischen Stil, und dazu meine französische Kapuze, die sehr elegant ist, holte mir Nan und machte mich durch das Ludgate-Tor auf den Weg in die Stadt und zu Master Ailwin. Der blaue Himmel hatte jedermann auf die Fleet Street ins Freie gelockt, und ein Apparat auf dem Wasserturm machte sogar Musik, er hatte Glöckchen und spielte Kirchenlieder. Oben auf dem Turm ist das Bild des heiligen Christopherus, unter ihm sind Engel und darunter die Glöckchen. Der Wasserturm steht in der Nähe der Fleet Bridge, wo jedermann vorbei muß, wenn er durch das Stadttor will. Die Südseite der Straße ist gesäumt von schönen Häusern aus Stein mit Zierat, der wundersam anzusehen ist.
    Und wieder einmal erwies sich, wie wichtig in dieser bösen Welt gute Kleidung ist. Wenn ich mich schlicht kleide und frohgemut und hart arbeite, dann machen mir behaarte Männer aus der ›Ziege und dem Krug‹ schöne Augen und reißen sich darum, mich zur Haustür zu geleiten. Doch wenn ich nichts Gutes im Schilde führe und mein bestes Kleid aus dem schwarzen Wolltuch anhabe, mit dem mich der Mörder meines Mannes bestochen hat, und wenn alles zum Tor drängelt und dazu noch Karren und Esel mit Feuerholz, Eiern und Obst im Wege sind, dann machen mir die Leute Platz, und bedeutend aussehende Menschen im Kaufmanns- und Advokatengewand halten mit ehernem Blick niedere Männer davon ab, mich zufällig zu streifen. Es ist auch hilfreich, daß Nan die Hunde fortscheucht, denn ich würde kaum noch wie eine bedeutende Witwe aussehen, wenn die Leute mitbekämen, daß mir die Hunde nachlaufen, was doch seltsam ist.
    Wirklich vornehme Menschen benutzen das Tor ohnedies nicht, sondern sie kommen zu Wasser und steigen dann die Treppe vom Fluß hinauf. Und sie müßten sich eigentlich gar nicht unter das gemeine Volk mischen, aber sie fürchten um ihr Leben, falls sie nicht vor der London Bridge aussteigen und die Bootsführer allein darunter hindurchfahren lassen. Danach steigen sie wieder ein, doch es kommt sie hart an, daß sie sich ein Weilchen unter das

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