Die Suche nach dem Regenbogen
mehrere Katzen, die sie wegscheuchte, und ich ging nicht hinein, weil ich meine Geschäfte geheimhalten wollte, und das wiederum bedeutete, ich führte nichts Gutes im Schilde.
Daher wartete ich an der Ecke zur Bladder Lane und tat so, als interessierte mich Master Ailwins Apotheke nicht im geringsten. Inzwischen hatten sich auch zwei große Hunde eingestellt, doch Nan blieb keine Zeit, sie wegzuscheuchen, da kam der Unbekannte auch schon schnaufend aus der Tür gestürmt und rannte mich mit seiner massigen Gestalt fast über den Haufen. Sein Gesicht gefiel mir nicht. Seine Augen waren sehr hell und kalt und wirkten, als wäre es besser, nichts von seinen Gedanken zu wissen. Seine Haut war so häßlich und bleich wie die eines Geschöpfes, das nach dem Regen aus der Erde oder aus einem verfaulten Baumstumpf kriecht. Er hatte Falten zwischen den Augenbrauen, Tränensäcke und einen seltsam breiten Mund, den er so angeekelt zusammenkniff, als wäre er über einen der Hunde gestolpert und nicht über mich. Dann blickte er auf mich herab und bedachte mich mit einem Lächeln, das nicht bis zu den berechnenden Augen reichte und bei dem mir unbehaglich und bänglich zumute wurde. Ich sah, daß er mein Mißfallen spürte. Er sprach in dem verschlagenen, heuchlerischen Ton, mit dem der Schlachter dem Kalb gut zuredet, ehe er ihm die Kehle durchschneidet. »Euch kenne ich doch«, sagte er. »Seid Ihr nicht Rowland Dallets Witwe?«
Ich antwortete: »Die bin ich, Sir, doch da ich Euch nicht kenne, wird unsere Bekanntschaft warten müssen, bis wir einander geziemend vorgestellt worden sind. Gehabt Euch wohl«, und damit wollte ich an ihm vorbei, doch nicht in Richtung von Master Ailwins Laden, da er nicht wissen sollte, wohin ich strebte. Nan und alle knurrenden Hunde folgten mir. Er jedoch bewegte sich recht flink für jemanden von seinem Umfang, baute sich in seiner ganzen Breite vor mir auf und vertrat mir den Weg.
»Führwahr, Mistress Dallet, lauft mir nicht so schnell davon. Ich freue mich, Euch genesen und wieder wohlauf zu sehen«, sagte er und stemmte dabei die schwarz behandschuhte Hand gegen die Mauer, so daß ich nicht an ihm vorbeikam. Dann rückte er mir so auf den Leib, daß mir unbehaglich wurde. Ich hörte, daß er von der Anstrengung, mich aufzuhalten, ins Schnaufen gekommen war. Hauptsache, er atmete mich nicht an. »Was ist aus dem Kind geworden?« fragte er mit honigsüßer, heuchlerischer Stimme. »Gedeiht es? Vielleicht hat man es Euch nicht ausgerichtet, aber ich habe angeboten, für es aufzukommen?«
»Sir, das Kind wurde tot geboren«, sagte ich und versuchte, mich an ihm vorbeizudrängen.
»Unerhört«, knurrte er und sah überrascht aus, rührte sich jedoch nicht vom Fleck. »Was seid Ihr?« Und das war wirklich interessant, denn er sagte nicht: »Wer seid Ihr?«
»Ich bin eine Witwe und muß mich recht und schlecht durchschlagen, weil mein seliger Mann keinerlei Vorsorge für mich getroffen hat«, gab ich zurück. »Und jetzt gehabt Euch wohl, Sir.«
»Und Ihr auch, Mistress Dallet«, sagte er, doch dann besann er sich scheinbar auf seine guten Manieren und zog so schwungvoll den mit Edelsteinen besetzten Hut, daß es wiederum spöttisch wirkte. »Wenn wir uns das nächste Mal unterhalten, werde ich dafür sorgen, daß wir einander geziemend vorgestellt werden.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt und ließ uns stehen.
»Wenn es in der Hölle friert«, sagte Nan, die mich zuweilen in Erstaunen versetzt. Wir sahen ihm nach, wie er fortging, und erst als er verschwunden war, kehrten wir auf einem Umweg zum Apotheker zurück und mir schien, daß eine dunkle Wolke meinen Tag verdüsterte.
»Ei, wenn das nicht die kleine Susanna Maartens ist. Diese blauen Augen würde ich überall herauskennen! Immer herein, immer herein, was kann ein alter Mann für eine so bezaubernde – oh, Witwe, ja, tun? Ei, das ist wirklich schlimm. Und dabei hat Euer Vater so viel von diesem Master Dalbert, so hieß er doch, gehalten. ›Ein brillanter, junger Mann‹, hat er gesagt. Euer verehrter Vater, ein Kunsthandwerker von großen Gnaden und großer Genauigkeit, aber starrköpfig! Der junge Mann jedoch – viel bessere Manieren als Euer Vater – schade, schade. Und was führt Euch allein hierher? Möchtet Ihr etwas haben, womit Ihr Euch einen anderen Mann angeln könnt? Oder vielleicht ein Pulver, mit dem man zu Geld kommt – Ihr seht mir nämlich so aus, als könntet Ihr Euch den Ehemann ganz allein
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