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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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vergiftet. In diesem Alter sollte man noch voller Hoffnung sein, doch sie hat keinerlei Heiratsaussichten. Sagt, besitzt dieses junge Mädchen eine Mitgift?«
    »Nein, Euer Gnaden. Ihre Mutter ist Witwe und betreibt einen Laden mit Krimskrams. Sie hat keinen Freier.«
    »Ist sie wirklich so anziehend, wie Ihr sie abgebildet habt?« Etwas an dem Bild – vielleicht nur der Wert, den es als Kleinod besaß – ließ das Mädchen bedeutender, kostbarer und interessanter erscheinen, als es bei einer Person ihres Standes üblich war. Merkwürdig, was ein Bild bewirken kann, dachte Wolsey, während er die Miniatur an seinen Privatsekretär weitergab. Vielleicht sollte ich mich nach dem Ruf des Mädchens erkundigen und ihr aus Mildtätigkeit eine Mitgift schenken. Mit fünfzehn, zwanzig Pfund könnte sie sich einen Ladenbesitzer angeln, jemanden ihres Standes.
    »Tom Whitley, Lehrjunge bei einem Apotheker«, sagte die Malerin, als sie ihm die dritte Schatulle gab. Kopf und Schultern eines gewöhnlich aussehenden braunhaarigen Jungen, der eine Rose in der Hand hielt. Irgendwie hatte die Malerin auf kleinstem Raum die Illusion eines seit kurzem sprießenden, noch flaumigen Schnurrbarts und schwärmerischer Augen geschaffen. Und auf einmal trauerte der große Mann seinem jüngeren Ich nach, das er schon vor so langer Zeit abgelegt hatte, und für einen winzigen Augenblick verspürte er das ganze Herzeleid junger Liebe. Mistress Lark, frisch und hübsch, wie sie die Tische in der Schenke ihres Vaters abwischte. Sie hatte sich seine Tonsur angesehen und gelacht. Und er hatte draußen am Spalier eine Rose gepflückt und sie ihr hingestreckt in der Hoffnung, daß er in ihren Augen Zuneigung erblicken würde, wenn sie sah, was in seinem Gesicht geschrieben stand. Hebe dich hinfort, sagte er im Geist zu dem Andenken an das kräftige, hübsche Mädchen mit den aufgekrempelten Ärmeln. Sie war jetzt eine ehrbare Matrone; er hatte ihr einen bedeutenden Ehemann verschafft, als er immer höher stieg und sie aufgeben mußte. Hatte er nicht ehrenhaft an ihr gehandelt? Hatte er nicht ehrenhaft an den Kindern gehandelt, die er mit ihr hatte und als seine Nichte und seinen Neffen aufziehen ließ? War es nicht das, was Gott und sein eigener, sich über alles hinwegsetzender Ehrgeiz erforderten? Noch einmal musterte er die stämmige, dralle kleine Frau in Schwarz, die diese Gefühle in ihm geweckt hatte. Sie schien nicht zu wissen, was sie bewirkte. Ashford hatte recht. Eine Laune der Natur.
    »Ihr solltet nur kleinformatig malen. Ich finde, diese Arbeiten übertreffen – das da –« Er deutete auf das Ölbild. Sie errötete.
    »Ich arbeite auch viel lieber kleinformatig«, sagte sie. »Die Farben werden auf Wasserbasis gemischt und sind sauberer. Von Ölfarben bekommt man Kopfweh, wenn man nicht gut lüftet.«
    Ja, eine Laune der Natur. Weiß überhaupt nicht, was sie tut. Das war die einzig mögliche Erklärung. Wolsey hatte einmal ein sonderbares Kind gesehen, das sabberte und nichts anderes von sich gab als Psalmen, die aber vollendet. Das Geschöpf, dessen Aufpasser jahrelang mit ihm die Jahrmärkte bereist hatte, wurde ihm als eine Art heiliger Narr vorgeführt. Entsann er sich recht, so war es gestorben, als es ein Dach über dem Kopf und anständiges Essen hatte. Gott schuf die Launen der Natur als Mahnung, was alles Er tun konnte, wenn es Ihm beliebte. Wolsey beobachtete, wie die flinken, drallen Finger die Schatullen wieder schlossen. Ihre fachmännische Geschicklichkeit störte ihn. Ein unerwünschter Gedanke kam ihm: Angenommen, Frauen könnten sich genauso gewandt ausdrücken wie Männer, falls man ihnen die gleiche Ausbildung zukommen ließe? Lachhaft. Er schob die Vorstellung mit vernünftigen Erklärungen beiseite. Irgendwie hatte diese von Gott geschaffene Laune der Natur ihrem Mann die Fertigkeit gefühlsmäßig abgeschaut. Das mußte die Antwort sein.
    »Meiner Ansicht nach können es Eure Miniaturen mit den besten fremdländischen Werken meiner Sammlung aufnehmen, Mistress Dallet.« Wolseys Höflinge, die immer rasch zur Hand waren, wenn es die Ansichten ihres Herrn zu unterstützen galt, murmelten Zustimmung. Die Malerin blickte in die Runde der fremden Männer und auf die mächtige, farbenprächtige Gestalt, die in ihrer Mitte thronte, und fing den Blick dieser Augen auf. Jetzt weiß ich, wie sich ein Tanzbär fühlt, dachte sie. Auf einmal wollte sie nur noch fort. Doch man darf sich nicht verstecken, wenn einen die

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