Die Suche nach den Sternen
plumpe Weise beschatten zu lassen.
An der Straßenecke folgte ihm ein zweiter Mann, aber bei diesem handelte es sich um einen seiner eigenen Männer, der sicherstellte, daß Imref Varter nicht von einem weiteren Verfolger beschattet wurde. Die beiden Männer, die ihm scheinbar angetrunken und laut singend entgegenkamen, hatten dieselbe Aufgabe. Als die Betrunkenen Imref passierten, gaben sie ihm ein für Nichteingeweihte unsichtbares Zeichen, daß der Distrikt, der vor ihm lag, frei von neugierigen Augen war. Ein paar hundert Meter weiter wartete ein Hover-Taxi aus Imref Varters persönlichem Wagenpark. Der Fahrer kannte bereits Route und Fahrtziel, und so ließ der Ex-Geheimdienstler lediglich ein kurzes Begrüßungslächeln aufblitzen, als er in den Beifahrersitz sank. Einige Sekunden später nahm das Taxi Fahrt auf und steuerte auf den Hyperterminal zu, um dessen Exis-Speiche herum sich der Ballungsraum ausbreitete.
Kapitel 13
Die tägliche Ankunft von Abermillionen Zwangsauswanderern, die an der Exis-Speiche durch Zapoketa ihre unfreiwillige Reise zu den äußeren Schalen antraten, hatte die Errichtung des Hyperterminals zu einer zwingenden Notwendigkeit gemacht. Der endlose Strom der Auswanderer gelangte per Land, Wasser, Luft und Exosphäre nach Zapoketa. Jeder von ihnen hatte bei der gigantischen, unbestechlichen Lotterie, mit deren Hilfe Zeus das Bevölkerungswachstum regulierte, den kürzeren gezogen. Allerdings hatten sich in letzter Zeit mehrmals unerklärliche Aussetzer im Ablauf des Auswanderungsprogramms ereignet, und es kursierten Gerüchte, die besagten, daß Zeus es nicht mehr vermochte, neue Schalen für die immer weiter wachsende Bevölkerung Solanas zu erschaffen. An diesem Morgen stellte Imref allerdings mit gemischten Gefühlen fest, daß die Auswanderertransporte nach Plan verliefen: Er war froh darüber, weil der konstante Aderlaß der einzige Weg war, die überbordende Bevölkerung der Saturn-Schale unter Kontrolle zu halten, und gleichzeitig galt sein Mitleid den unglücklichen Verlierern von Zeus’ Lotterie. Sie wurden ihren Familien und Freunden und ihrer vertrauten Umgebung entrissen und an einen unermeßlich weit entfernten Ort verfrachtet, von dem jede Rückkehr ausgeschlossen war.
Nicht jeder in der gewaltigen Menschenmenge, die sich durch den Terminal zwängte, war ein Auswanderer. Ein gut ausgebauter Verkehrsknotenpunkt wie Zapoketa diente selbstverständlich auch als Zwischenstopp und Umsteigepunkt für Reisende, die lange Strecken auf der Schale zurücklegten. Die Hallen des Terminals wimmelten deshalb zu jeder Tages- und Nachtzeit von Menschen. Imref Varter fühlte sich dort wie zu Hause. Als Kind hatte ihm der Terminal als riesiger Spielplatz gedient, und er kannte die Anlage wie seine Westentasche. Der Lärm und das Geschrei waren Musik in seinen Ohren, und selbst in seinem fortgeschrittenen Alter konnte er sich schneller durch die Menschenmassen bewegen als jeder andere, der dort nicht seine Kindheit verbracht hatte.
Imref Varter stieg aus dem Hover-Taxi und glitt schnell mitten in die ihm am nächsten stehende Menschenansammlung, ohne mehr als einen flüchtigen Blick auf den gewaltigen goldenen Speer der Exis-Speiche zu werfen, der über dem Terminal in den Himmel ragte. Über einen Kilometer entfernt und fünfzehn Minuten später trat er in allernächster Nähe zu seinem Ziel wieder aus der Menge. Varter winkte der Wache an dem Tor kurz mit seiner Sondergenehmigung zu, dann befand er sich in dem Bereich des Terminals, in dem die privaten Gleiter und Flugzeuge anlegten. Dort erwartete ihn ein unauffälliger Gleiter mit laufenden Turbinen, und keine dreißig Sekunden später war das Fahrzeug mit Imref Varter verschwunden.
Der blonde Pilot des Gleiters schien auf den ersten Blick viel zu jung für seine Aufgabe, aber in seinen Augen glitzerte eine Härte, die selbst einen flüchtigen Beobachter schnell eines besseren belehrt hätte. Der scheinbar harmlose Junge war nämlich in ganz Zapoketa berüchtigt.
»Ich habe deine Nachricht erhalten, Imref. Und ich habe mir alle Bilder angesehen. Warum du das Ganze treibst, geht mich nichts an. Ich kann das Ding für dich durchziehen, aber das wird dich einiges kosten. Hast du irgendeine Vorstellung davon, wer dich beschattet?«
»Überhaupt keine, Yonathan. Zuerst dachte ich, es wären meine alten Kollegen vom Geheimdienst, die nachsehen wollen, warum der alte Imref auf einmal so reich ist. Aber ich habe immer noch genug
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