Die Suche nach den Sternen
Im warmen Licht einer gerade aufgegangenen Proto-Sonne öffneten sie die Luke der Shellback und versammelten sich, um die erfrischende Luft zu atmen und ihre Augen an der natürlichen Schönheit dieses Gartens zu weiden. Es fiel schwer zu glauben, daß hier nicht die Hand eines genialen Gärtners im Spiel gewesen war. Cherry hatte ihren Landeplatz gut ausgesucht: Zu ihrer Rechten erhob sich ein spärlich bewaldeter Hügel, und darunter lag ein weites Tal, durch dessen saftiges Gras und Blumenmeer sich zahlreiche Bäche wanden. Weiter weg, zu ihrer Linken, ging ein zweiter Hügel in ein Moor über, das mit Gruppen breitblättrigen Farns und drahtigem Farnkraut gesprenkelt war. Und dahinter glitzerte durch eine Lücke in den Hügeln die See am Horizont.
Maq sammelte Boden- und Vegetationsproben und analysierte sie, während sich die übrigen zu einem ersten, vorsichtigen Spaziergang aufmachten. Wieder und wieder kam Ancor zu den selben, vielversprechenden Resultaten. Alles hier war perfekt – fast schon zu perfekt. Diese Käfigwelt war nie von dem Eindringling namens Mensch verschandelt worden, sie war jungfräulich, einfach makellos. Ancor schaltete die Instrumente ab, zog die Jacke aus und gesellte sich zu den übrigen für den Spaziergang durch einen der mildesten und freundlichsten Morgen, die sie jemals erlebt hatten.
Als der goldene Abend hereinbrach, zogen sie sich wieder in die Shellback zurück. Es war nicht so sehr die körperliche Anstrengung als vielmehr die ungewohnte Entspannung, die sie erschöpfte. Maq und Sine sprachen nicht über die Möglichkeit, eines Tages an diesen wundervollen Ort zurückzukehren, um sich für immer niederzulassen, aber das mußten sie auch nicht: Sie schliefen miteinander so intensiv und gütig, daß sie beide glaubten, endlich ins Paradies gelangt zu sein.
Doch am Morgen zeigte sich, welcher Art die Schlange in diesem Garten Eden war. Sine war früh aufgestanden, um einen See oder Fluß zu finden, der tief genug zum Schwimmen war. Als die ersten Strahlen der aufgehenden Proto-Sonne den Rumpf der Shellback berührten, öffnete sie die Luke, um aufzubrechen. Sie machte abrupt halt und stieß einen erstickten, ängstlichen Schrei aus. Ancor wurde von dem Lärm aufgeschreckt und kurze Zeit später kam er mit gezückter Waffe auf Sine zugerannt. Sie stand immer noch in der Luke und starrte nach draußen; als sie sich umdrehte, standen ihr Tränen in den Augen.
»Um Himmels willen, Sine, was ist passiert?«
»Sieh dir das an«, sagte sie. »Alles verrottet.«
Ancor sah nach draußen, und der Schock ließ ihn erstarren. Um die Shellback herum starben das Gras und die Blumen. Die Krankheit, die von ihnen Besitz ergriffen hatte, ging offensichtlich vom Schiff aus und breitete sich in immer größeren Kreisen aus. Darüber hinaus konnte Ancor klar die Wege erkennen, auf denen sie am Tag zuvor durch das Tal und über die Hügel gelaufen waren: Sie waren ebenfalls geschwärzt, als ob die Mannschaft der Shellback ein Entlaubungsgift gespritzt hätte.
»Was geht hier vor, Maq?«
»Wir haben alles kaputt gemacht!« stieß Ancor hervor. »Wir hätten uns nicht dümmer anstellen können, als wir es getan haben! Ich war so sehr damit beschäftigt, zu überprüfen, ob uns irgend etwas gefährlich werden kann, daß ich vollkommen vergaß, daß wir diese Käfigwelt bedrohen könnten. Diese Welt hatte wahrscheinlich seit ihrer Erschaffung durch Zeus keinerlei Kontakt mehr mit dem übrigen Universum. Die Tier- und Pflanzenwelt konnte mit den örtlichen Bakterien und Viren fertig werden. Dann kamen wir und brachten eine Unmenge von Mikroorganismen mit uns, gegen die Flora und Fauna wehrlos sind. Unserer Gedankenlosigkeit ist es zu verdanken, daß bald der gesamte Planet verseucht sein wird.«
»Maq, das ist furchtbar!«
»Es ist ein Wunder, daß es noch nicht auf anderen Schalen, die wir besucht haben, passiert ist. Aber wahrscheinlich gibt es durch die Zwangsauswanderer genug Austausch, der dafür sorgt, daß die meisten Bakterien überall in Solaria vorkommen. Doch hier ist die Lage anders. Unseres Wissens nach hatte diese Käfigwelt niemals Berührung mit dem übrigen Solaria, nachdem Zeus’ Terraforming-Maschinen ihre Arbeit beendet hatten. Eigentlich war sie steril und wartete förmlich darauf, infiziert zu werden, nicht anders als der Nährboden in einer Petri-Schale.«
»Wird die ganze Käfigwelt zugrunde gehen?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich vermute, daß zumindest der ganze
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