Die Suche nach den Sternen
erwartet, damit schied ein tödlicher Ausrutscher eigentlich aus. Dennoch hastete er zur Funkstation. Das eingehende Funksignal war ungewöhnlich stark, und er war gezwungen die Lautstärke seiner Kopfhörer weit hinunterzudrehen.
»Verbindungsmann Queli Teb. Wer ist da?«
»Bleiben Sie ganz ruhig«, sagte eine unbekannte Stimme, »und ich werde Ihnen alles erklären. Ich bin Maq Ancor, und ich spreche zu Ihnen von einem Raumschiff namens Shellback, gegenwärtig in Ihrer unmittelbaren Nähe. Wir befinden uns im Auftrag des Instituts für Solaristik auf der Mars-Schale auf einem Forschungsflug. Können Sie mir folgen?«
»Von der Mars-Schale habe ich gehört«, sagte Teb. »Ich begegnete vor einigen Jahren einem Mann, dessen Vorfahren von dort stammten. Ich bin der örtliche Verbindungsmann. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Wir möchten Ihre Stadt besuchen, aber unser Schiff ist sehr laut und darüber hinaus ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Wir wollen auf keinen Fall eine Panik auslösen. Wie sollen wir Ihrer Meinung nach am besten vorgehen?«
»Die meisten Bewohner der Stadt sind im Erntelager zehn Kilometer nördlich von hier. Kommen Sie aus dem Süden und landen Sie zwischen dem Stadtrand und dem gläsernen Kamm. Ich werden den übrigen Bescheid sagen, damit sie keine Angst vor Ihnen haben.«
»Und Sie haben keine Angst, Verbindungsmann Queli Teb?« Die Stimme hatte einen amüsierten Unterton.
»Angst davor, eine Legende zu treffen? Ja, ein bißchen schon.«
»Eine Legende? Können Sir mir das bitte erklären?«
»Verbindungsleute sind dazu da, untereinander Informationen auszutauschen. Sie sammeln Fakten, stellen sie zusammen und verbreiten sie weiter. Die Einwanderer, die am Hyperterminal ankommen, sprudeln förmlich über mit Geschichten von weit entfernten Schalen. Wie oft habe ich schon den Namen Shellback gehört! Jetzt hoffe ich, sie endlich mit eigenen Augen zu sehen.«
Die Shellback blieb drei Tage, und während dieser Zeit kamen die meisten der Bewohner vom Erntelager zurück, um einen Blick auf das Schiff zu erhaschen – nach einhelliger Meinung die häßlichste Maschine, die sie je gesehen hatten. Sie sahen sich auch ausgiebig die Mannschaft an: Cherry, dessen Holo-Projektoren Visionen von anderen Schalen heraufbeschworen; die grünhäutige Schönheit Sine Anura und Maq Ancor, dessen Kopf angeblich einem uralten Tier namens Löwe ähnelte, und der unaufhörlich Fragen stellte.
Ancor saß viele Stunden lang mit dem Verbindungsmann im Funkhaus und lauschte dem ununterbrochenen Strom von Nachrichten. Hin und wieder fragte er nach Entfernungen und der Länge der Jahreszeiten. Er berichtete auch über die Motive, die ihn zu der Expedition veranlaßt hatten, und Teb hörte aufmerksam zu. Maq Ancor war ein Mann mit einer Mission, das war nicht zu übersehen, aber der Verbindungsmann konnte seinen Ängsten wegen der Überbevölkerung des Universums nicht folgen. Waren nicht noch große Teile der riesigen Schale völlig menschenleer? Teb konnte auch nicht verstehen, warum Ancor die sogenannten Sterne so wichtig waren oder warum er glaubte, daß die Transpluto-Schale das Ende des Universums darstellte. Solaria war unendlich, oder nicht?
Er schilderte Ancor seine Gedanken, der ihm darauf geduldig die Struktur des Universums erklärte und abschließend den glasigen Kamm erwähnte, den er eine Exis-Ebene nannte. Teb, der immer noch nicht überzeugt war, fragte schließlich: »Aber wenn die Transpluto-Schale das Ende des Universum ist, warum hören dann hier nicht die Exis-Speichen auf?«
»Was sagst du da? Bist du dir sicher?«
»Die Speiche in unserer Nähe endet nicht hier, und ich gehe davon aus, daß das auch für die übrigen gilt.«
»Mein Gott! Was bin ich für ein Trottel!«
»Du?«
»Ja, ich. Jetzt weiß ich, warum ich die Sterne nicht sehen kann. Irgend etwas steht im Weg. Es kann keine bewohnbare Schale sein, denn Zeus hat nicht die technischen Mittel, noch eine weitere zu bauen, aber dort draußen muß etwas sein. Teb, du kannst gar nicht ermessen, wie froh ich bin, daß du mich auf die Speichen aufmerksam gemacht hast.«
»Genau dafür sind wir Verbindungsleute da«, entgegnete Evon Queli Teb lapidar.
Am nächsten Morgen traf die Mannschaft der Shellback Vorbereitungen zum Weiterflug. Ancor hatte die ganze Nacht über die Instrumente gebeugt verbracht, und als er sich von den Stadtbewohnern verabschiedete, hatte die Müdigkeit tiefe Linien in sein Gesicht gegraben.
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