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Die Suche

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Titel: Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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sehr lange bei Imagina und den Wulfen. Mattis hat mich begleitet und gewartet, bis sie mich holen kam. Dann ist er mit Rosa seine eigenen Wege gegangen. Es war eine schöne Zeit dort. Ich habe viel über mein neues Wesen gelernt, nachdem du entschieden hattest, mich vor der Pest zu retten.“ Er grinste schief, rieb sich über die Nase.
   “Aber du weißt ja, dass sie uns dann in unser neues Leben entlässt. Ich habe es genossen, Dinge getan, die ich immer schon tun wollte - und dann war da Adam. Ich war auf der Titanic und er war...“
   “Du warst auf der Titanic? Nicht dein Ernst, oder?“ Jo nickte, machte eine ausladende Handbewegung, die wohl das Schiff darstellen sollte. Ich wollte noch so viel hören, aber leider hielt der Fahrstuhl. Wir waren angekommen. Jo zuckte mit den Schultern und stieß sich von der Fahrstuhlwand ab.
   „Wir reden ein andermal“, sagte er und verließ den Lift. Ich folgte ihm über den hellen PVC-Boden durch den Flur. Eine Nachtschwester kam aus einem der Zimmer, blieb vor der Tür stehen und trug etwas auf ihrem Klemmbrett ein. Ich ging auf sie zu und sie blickte demonstrativ auf ihre Uhr.
   „Die Besuchszeiten sind zwischen 4 und 6 morgen Abend.“ Freundlich lächelte ich sie an, obwohl ich sie am Liebsten unhöflich angeknurrt hätte.
   „Das wissen wir, vielen Dank. Wir sind auf der Suche nach Samuel Koch, der in Zimmer 23 auf seinen Vater wartet.“ Sie zog ihre feinen, nachgemalten Augenbrauen in die Höhe, klemmte sich das Brett unter die Achsel und fuhr sich durch ihren Pony.
   „Folgen Sie dem Gang bis zum Ende. Dann auf der rechten Seite.“ Ich nickte und drehte mich zu Jo. Gemeinsam gingen wir den Flur entlang und betraten das letzte Zimmer. Sam saß auf dem Bett, den Kopf in seinen Händen vergraben, die Beine baumelten hinab. Seine Fleischwunde war versorgt worden, was ich an seinem freien Oberkörper erkennen konnte. Besorgt lief ich zu ihm, setzte mich neben ihn, wollte ihn nicht gleich überfallen mit meinen Fragen, die mir auf den Lippen lagen. Schweigend beobachtete ich ihn. Schließlich sah er zu mir auf, legte seine zitternden Hände auf die Matratze.
    „Warum passiert das, Anna?“ Er klang unendlich verzweifelt. Ratlos schüttelte ich den Kopf, strich über seine Finger und räusperte mich.
   „Es tut mir so leid, Sam.“ Eine Träne löste sich aus meinem Auge, rollte langsam meine Wange hinab.
   „Wieso tut es dir leid?“ Verständnislos sah er mich an, berührte mit seinem Zeigefinger  mein feuchtes Gesicht, zog mich zu sich. Sein herber Geruch aus bitterer Schokolade wehte mir um die Nase.
   „Es ist alles meine Schuld. Ich hätte gehen sollen, als ich die erste SMS bekommen habe.“ Sam schob mich ein Stück von sich.
   "Was meinst du?"
   „Marcus hat mich gefunden. Doch ich habe es nicht ernst genommen. Ich … ich wollte dich nicht verlassen, ich konnte nicht einfach abhauen. Da warst du … und du und ich … es …“, stotterte ich, während die Tränen ungehemmt aus meinen Augen kullerten. Er zog mich erneut an sich, hielt mich, wiegte mich beruhigend hin und her wie ein kleines Kind. Ich wollte so viel sagen, aber als ich Luft holte, öffnete jemand die Tür. Sam sah über meine Schulter und ich drehte auch den Kopf. Es war der Arzt, der uns vor dem Fahrstuhl begegnet war. Der mit dem mürrischen Blick. Jetzt sah er freundlich aus. Zwar schien er müde zu sein, aber der Stress war nicht mehr zu spüren.
   „Samuel Koch?“ Sam nickte. Der Mediziner kam auf ihn zu und reichte ihm seine Hand. 
   „Dr. Paul Wyznowski. Ich bin der behandelnde Notarzt heute Nacht.“ Sein Englisch klang gebrochen, die Gesichtszüge sahen slawisch aus, kantige Wangenknochen und eine etwas zu große Nase. Doch die Augen strahlten Verbundenheit aus.
   „Was ist mit meinem Vater?“, fragte Sam mit bebender Stimme. Der Arzt räusperte sich und kratzte sich an der Nase.
   „Er hat einen schweren Schlag auf den Kopf bekommen. Aber glücklicherweise nicht so schlimm, als dass wir ihn nicht wieder hinbekämen. Er hat auf jeden Fall eine schwere Gehirnerschütterung…“ In dem Moment öffnete sich wieder die Tür und ein Pfleger schob ein Bett hinein. Jo bewegte sich und hielt ihm die Tür auf, während der schlaksige Pfleger das Krankenbett durch die Tür bugsierte und an einem freien Platz im Zimmer positionierte.
   „Danke“, murmelte der Pfleger und schloss die Kabel an, die am Bettende über den Stangen

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