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Die Suche

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Titel: Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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alleine, um zu schreiben oder seine Beobachtungen aufzuzeichnen. Manchmal stand er an der Reling, musterte das dunkle Meer, wie es scheinbar ohne Ordnung unter ihm rauschte, die Wellen, die am Rumpf leckten. Er stellte sich vor, der Ozean würde das Schiff verschlingen wollen. Mit ihm an Bord. Ein beruhigender Gedanke.
Adam stützte den Kopf auf die Hand, starrte auf das weiße Blatt Papier. Mittlerweile war es spät geworden. In den Gängen unter Deck wurde es ruhig, nur das Wasser und das leise, allgegenwärtige Brummen der Motoren waren zu hören. Er goss sich Whiskey ein, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte die Beine auf den Tisch und nippte an dem Glas.
Stimmen und Schritte vor seiner Tür ließen ihn aus seinen Gedanken auftauchen. Die Unruhe war unüblich. Hektisch. Er stand auf und verließ seine Kabine, um nachzusehen, was es gab. 
„Ich werde so kein Auge zu tun können, Darling …“
   „Du gehst da raus und wirst dich beschweren, war teuer genug …“
Frauen standen an den Kabinentüren, Männer hilflos im Flur, einige waren schon unterwegs nach oben.
   „Was ist hier los?“, fragte er einen älteren Mann, der an ihm vorbei eilte.
   „Die Heizung ist ausgefallen“, erwiderte der Mann über die Schulter. "Haben Sie das nicht bemerkt?"
    "Nein, habe ich nicht." Er wollte gerade zurück in seine Kabine gehen, als ein junger  Mann mit alarmiertem Gesichtsausdruck die steile Treppe vom Oberdeck hinunter geklettert kam. 
    "Was ist los?", frage Adam laut, doch der Mann eilte im Laufschritt an ihm vorbei und verschwand in einer der Kabinen. Kurz entschlossen folgte Adam dem Gang, erklomm die steile Treppe, schlüpfte aus der Zwischentür und ging nach links auf Deck, wo Menschen umher rannten und Befehle erteilten. Adam hielt einen jungen Seemann am Ärmel fest.
   „Was ist hier los, zum Teufel?“
   „Die Titanic ist gesunken. Wir haben den Kurs geändert und fahren mit voller Kraft zur Unglücksstelle, um Überlebende zu bergen.“ Der Seemann befreite sich aus Adams Griff und eilte davon. Die Titanic? Das unsinkbare Schiff? Wie war das möglich? Und er hatte noch mit dem Gedanken gespielt, eine seiner nächsten Reisen auf dem innovativen Riesendampfer zu unternehmen.
  „Was ist? Warum stehst du da rum? Hilf uns oder geh wieder rein.“ Eher aus Neugier und dem Bestreben, nichts zu verpassen, denn aus reiner Nächstenliebe entschied Adam sich für ersteres. Lange Zeit waren sie damit beschäftigt, die Boote zu prüfen, Decken bereit zu legen und warme Getränke zu besorgen. Jeder fasste mit an. Die Heizung war nicht defekt, sondern ausgeschaltet, um mehr Kraft auf die Kessel legen zu können, und Beschwerden blieben aus, als die Neuigkeit sich herumgesprochen hatte.
Das Schiff glitt über das schwarze Wasser und schob sich durch dichte Nebelbänke.  Irgendwann erschienen winzige, flackernde Lichter auf dem Wasser, erst kaum mehr als eine Täuschung des Auges, später als Sturmlaternen erkennbar, die auf den Wellen schaukelten. Augenblicklich herrschte wieder Hektik. Die Schiffsglocke bimmelte wie wild, und aus der unendlichen Schwärze des Ozeans antworteten dünne Stimmen. Die Carpathia stampfte und rollte, und nicht viel später wurden die ersten Rettungsboote gegen die Flanke des Schiffs gespült. Männer ließen sich mit dicken Seilen an der Seite hinab senken. Mit langen Stäben zogen sie die Boote heran. Frauen und Kinder wurden zuerst an Bord geholt. Adam stand mit einigen anderen oben an der Reling und hielt bereits die Decken auf, die er um die ausgekühlten Körper schlang. Dann schob er sie ins Innere, wo die Frauen heißen Tee und Punsch ausschenkten. Eine junge Frau mit ihrem Baby blickte sich mit ängstlichen Augen suchend um.
   „Sie müssen nach drinnen gehen, Miss.“ Die Frau schüttelte den Kopf.
   „Nein, mein Mann. Mein Mann, er muss bei ihnen sein. Irgendwo da unten.“ Adam biss sich auf die Lippe.
   „Wie sah Ihr Mann aus? Was trug er?“ Er hasste es, ihr Hoffnung zu machen, aber das Baby war wichtiger.
   „Er hatte einen schwarzen Smoking an. Schwarze Haare … etwas …“, sie maß ihn mit ihren Augen, „größer als Sie.“ Adam nickte. Das traf zwar auf den Durchschnitt zu, doch er wollte die junge Mutter im Warmen wissen.
   „Ich werde nach ihm Ausschau halten, Miss, alles klar? Aber bitte gehen Sie mit dem Baby jetzt hinein. Bleiben Sie bei den Frauen und lassen sich einen heißen Tee geben. Sobald ich

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