Die Sünde aber gebiert den Tod
müsst nun Heilung finden.«
»›Was ist unser Leben? Ein Rauch sind wir, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.‹«
»Sagt Jakobus, ich weiß. Aber Eure Zeit ist noch nicht gekommen, dass Ihr ein Rauch werdet und verschwindet.«
»Nein, nicht? Es wäre so leicht«, seufzte er.
»Nein, Pater, bitte nicht.«
»Euch liegt daran, Begine?«
»Ja, mir liegt daran, Ivo!«, flüsterte sie sehr leise. Aber er hatte es gehört. Zufrieden schloss er die Augen wieder, doch seine Hand bewegte sich, und er nahm ihre mit festem Griff in die seine.
Er schlief, während sie über ihm wachte. Dabei war sie in ein wortloses Gespräch mit Maria, der geheimnisvollen Rose, versunken, und die Zeit verstrich. Es hatte zur Vesper und zur Komplet geläutet, und später kam der Krankenbruder wieder zu ihr. Er sah die miteinander verbundenen Hände und lächelte still.
»Ist alles in Ordnung, Frau Begine?«
»Ja, Bruder. Doch ich glaube, er hat zu fiebern begonnen.«
»Das war zu erwarten. Draußen am Tor steht eine Magd aus Eurem Konvent und wird Euch nach Hause begleiten. Kommt morgen wieder, wenn Ihr wollt. Der Abt hat Euch die Erlaubnis gegeben, ihn des Tags zu besuchen.«
»Danke, Bruder Markus. Ich werde bestimmt vorbeischauen.«
Sie zog ihre Hand vorsichtig aus Pater Ivos Griff und verneigte sich rasch vor dem Krankenbruder.
28. Kapitel
A lmut ging in ihre Kammer, noch viel zu aufgewühlt, um jemandem Rechenschaft abzulegen. Irgendwer hatte die Beginen über ihren Aufenthalt im Kloster wohl benachrichtigt, und am Morgen, so befand sie, würde genug Zeit bleiben, um alles zu erklären. Im Dunkeln und noch in ihren Kleidern sank sie auf ihr Bett und starrte an die Decke.
Nicht lange blieb sie so liegen, denn Schritte auf der Stiege kündeten Besuch an. Die Meisterin selbst war es, die eintrat und die Tür wieder hinter sich zuzog. Ein Handlicht brachte etwas Helligkeit in den Raum, als sie den Stuhl herbeizog und sich setzte.
»Almut, dein Handeln war wieder einmal äußerst unbedacht. Hätte diese Franziska nicht aus dem Besuch des jungen Fredegar geschlossen, du könntest möglicherweise im Kloster sein, hätten wir nicht einmal gewusst, wo wir nach dir suchen sollten.«
»Ja, Magda. Verzeih, Magda.«
»Du machst es dir sehr einfach.«
»Nein. Ich habe gegen die Regeln verstoßen. Ich weiß. Oft und immer wieder. Ich kann nicht anders.«
Die Meisterin schüttelte betrübt den Kopf. »Du bist eine kluge und mutige Frau. Du bist fleißig, hilfsbereit und aufmerksam, aber manchmal, Almut, frage ich mich, ob es wirklich deine Bestimmung ist, das ruhige und gehorsame Leben einer Begine zu führen.«
»Doch, Magda, das ist es.« Almut richtete sie auf und sah die Meisterin an. »Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt ausstoßen willst. Aber ich bin gerne hier, ich fühle mich wohl bei euch und geschützt. Der Konvent ist ein Ort der Sicherheit für mich, hier kann mir nichts passieren. Bitte, was kann ich tun, damit du mir noch eine Gelegenheit gibst, das zu beweisen, Magda? «
»Ich habe nicht behauptet, ich wolle dich ausstoßen, Almut. Ich habe nur überlegt, ob dir ein Leben in der Welt nicht besser anstünde. Du hast zu viel Unternehmungsgeist, und Gefahren scheinen dich auf wundersame Weise anzuziehen.«
»Ich laufe den Gefahren aber nicht nach!«
»Nein, das hat man heute deutlich gesehen!«
»Ach, Magda, wenn ich nicht eingegriffen hätte, wäre ein Unglück geschehen.«
»In Groß Sankt Martin!«
»Ja, im Kloster.«
Magda beugte sich vor und sah Almut eindringlich an.
»Bist du sicher, dass du nicht besser ein bürgerliches Leben führen solltest? Mit einem Mann an deiner Seite? Auch die Ehe könnte dir einen sicheren Hort gewähren.«
»Nein, nein. Nie, Magda. Ein Mann wird nie ein sicherer Hort für mich sein.«
»Nein?«
Unsagbar trostlos klang es, als sie flüsterte: »Nein, wie könnte er. «
Mit einem seltsamen und plötzlichen Verständnis nickte Magda.
»Nein, wie könnte er – ein Mönch und Priester«, stellte sie leise fest.
Almut legte die Hände an die brennenden Augen und atmete schluchzend ein.
»Der Prior hat ihn beinahe zu Tode gepeitscht, Magda.«
Und die Patriziertochter Magda von Stave, die die ihr anvertrauten Beginen mit kühler Selbstsicherheit, unbestechlicher Gerechtigkeit und einer gewissen Unnahbarkeit zu führen verstand, legte Almut den Arm um die Schultern, zog ihren Kopf an ihre Brust und streichelte sie.
Am Morgen hatte Almut ihre
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