Die Sünde aber gebiert den Tod
Ausgeglichenheit einigermaßen wiedergefunden und konnte Magda über die Vorgänge im Einzelnen unterrichten. Sie erhielt anschließend die Erlaubnis, sich im Kloster nach Pater Ivos Befinden zu erkundigen.
Es ging ihm schlecht, erfuhr sie von Bruder Markus. Das Fieber war gestiegen, und er wehrte sich im Schlaf gegen seinen unsichtbaren Peiniger. Sie hatten alle Mühe, ihn ruhig zu halten, damit die Wunden auf dem Rücken nicht wieder aufbrachen. Es war nicht immer gelungen.
»Kommt später noch einmal wieder, Frau Begine. Ich werde ihn zur Ader lassen, manchmal bringt es den Fiebernden Erleichterung.«
»Nein, Bruder Markus, tut das nicht. Er hat doch schon so viel Blut verloren!«
Almut wies auf das fleckige Hemd.
Der Infirmarius sah sie nachdenklich an.
»Ihr habt Erfahrung darin, Kranke zu behandeln?«
»Einige, Bruder. Wir werden häufig an Schmerzenslager und Sterbebetten gerufen. Schwächt ihn nicht weiter.«
»Nun gut, aber ich will versuchen, ihm eine beruhigende Arznei einzuflößen. Dieweil möchte, glaube ich, der Herr Gero von Bachem mit Euch sprechen.«
Sie fand den Ritter und seinen Knappen im Gästehaus, beide in ein ernstes Gespräch vertieft. Der Ritter sah müde und kummervoll aus, Fredegar wirkte ebenfalls tief bedrückt. Doch beide begrüßten Almut ausgesucht höflich und baten sie, am Kamin Platz zu nehmen.
»Es scheint, Frau Almut, Ihr seid wider Willen tief in meine ganz persönlichen Angelegenheiten eingedrungen. Und verzeiht, das macht es nötig, Eure Zeit in Anspruch nehmen zu müssen.«
»Wenn ich Euch denn helfen kann, Herr Gero, so will ich es gerne tun. Aber auch ich habe einige Fragen an Euch, denn wie auch immer – es gibt einen Mörder. Nicht ganz zu Unrecht hat mich Pater Ivo gewarnt, diejenigen, die über ein bestimmtes Wissen verfügen, befänden sich in Gefahr.«
»Ja, Ihr schwebt in Gefahr, Frau Almut. Und ich sehe mich, zu meinem höchsten Bedauern, nicht in der Lage, Euch zu beschützen. Aber ich will Euch aufrichtig und so ausführlich wie möglich Eure Fragen beantworten. Ich glaube, wir beide verfolgen das gleiche Ziel.«
»Ja, den Mörder der Frau Bettina zu entlarven. Und die Entführer Eures Kindes zu finden. Zwei Angelegenheiten, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben. Aber vielleicht gibt es doch einen Zusammenhang. Nur ich sehe ihn im Moment noch nicht. Wenn Ihr eine Vermutung habt, teilt sie mir mit. Wen haltet Ihr für den Mörder?«
»Liegt das nicht auf der Hand? Diejenigen, die auch mich bedrohen, müssen meiner Dame gefährlich gewordensein. Sie wusste um den Verrat, den man an mir verüben wollte. Eine Warnung davor sollte mir nicht überbracht werden. Doch der treue Fredegar hat es ohne ihr Wissen geschafft, mir die Botschaft zukommen zu lassen. Das konnten die Häscher nicht ahnen. Sie müssen geglaubt haben, Bettina selbst wolle mit mir sprechen. Mein Gott, was für ein entsetzlicher Zufall, dass sie gerade hier im Kloster auftauchte. Ich hatte ihr mit Absicht verschwiegen, dass ich bei den Mönchen Unterschlupf suchen wollte.«
»Wer sind Eure Feinde, Herr Gero?«
»Wenn ich das nur wüsste. Die Lage im Umfeld des Erzbischofs ist kompliziert, er selbst ist – so habe ich den Eindruck – ein Spielball zwischen unterschiedlichen Machtinteressen. Ich hatte mich eine Zeit lang, zu Beginn der Auseinandersetzungen mit der Stadt vor zwei Jahren, für seinen besonnenen Ratgeber gehalten, der versuchte, die Schärfe aus dem Streit zu nehmen.«
»Aber Eure Bemühungen wurden wohl nicht gerne gesehen.«
»Nein. Der Konflikt ging um mehr als um die beiden Juden, die widerrechtlich gefangen genommen wurden. Es ging um eine Machtprobe. Und hätte Friedrich sich etwas diplomatischer verhalten, wäre die Sache wahrscheinlich im Sande verlaufen. Versteht, Frau Almut, ich bin kein Freund eines radikalen Umsturzes, die Ordnung muss erhalten bleiben, denn auf ihr fußt der Frieden und der Bestand des Reiches. Aber es gibt Auswüchse auch dieser bestehenden Ordnung, die zu Unmut führen, und die mit ein wenig Entgegenkommen von beiden Seiten gütlich geregelt werden können. Der Erzbischof, so schien mir einst, hatte sich fast dieser Meinung angeschlossen und wäre bereit gewesen,mit dem Rat zu verhandeln. Doch dann wurden auch noch die beiden Kleriker Kelz und Wevelinghoven festgenommen, und er schäumte vor Wut. Was er nicht wusste, war, dass der Überfall auf die Stadt in seinem Namen durchgeführt werden sollte. Ihr erinnert Euch vermutlich
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