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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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an Ffoulkes weitergegeben hat. Und von dort sind sie natürlich …«
    Grey sog die Abendluft tief in seine Lungen. Der letzte Rest seiner defensiven Wut verflog, und er wurde von Kälte erfüllt. Es ging sie persönlich an - aber nicht direkt. Hals Sorge galt natürlich dem General - und ihrer Familie, falls die alten Gerüchte im Licht dieses neuen Skandals wieder ausgegraben wurden, angefacht durch die erneute Heirat ihrer Mutter.
    »Was hat man denn unternommen?«, fragte er. »Ich habe nichts davon auf der Straße gehört oder in den Zeitschriften gelesen.«
    Hal zog ein wenig den Kopf ein; sie passierten gerade ein
Tor, das von Fackeln erhellt wurde, und Grey sah den Schatten seines Bruders, vornübergebeugt und geschrumpft, das Abbild eines alten Mannes.
    »Man hat es so weit wie möglich geheim gehalten. Doch gestern hat man Bates und Otway verhaftet.«
    »Und Ffoulkes?«
    Hal hob den Kopf und stieß einen langgezogenen weißen Atemhauch aus.
    »Ffoulkes hat sich heute Morgen erschossen.«
    Grey ging mechanisch weiter. Er spürte die Kälte und das unebene Straßenpflaster nicht mehr.
    »Möge Gott seiner Seele gnädig sein«, sagte er schließlich.
    »Und uns«, sagte Hal ohne jede Spur von Humor.
     
    Mehr konnte oder wollte Hal nicht sagen, und sie legten den Rest des Weges schweigend zurück. Als sie in die St. James Street einbogen, wurde Grey aus seinen sorgenvollen Gedanken gerissen.
    Kerzenlicht strömte einladend durch die Fenster des Clubs und beleuchtete etwas, das der Körper eines Mannes zu sein schien, der neben der Tür auf dem Pflaster lag. Als sie näher auf das Gebäude zukamen, sah Grey, wie jemand den Kopf aus der offenen Clubtür steckte, den Körper betrachtete und den Kopf wieder einzog, nur um einem weiteren Kopf zu weichen, der diesen Vorgang wiederholte.
    »Weißt du, wer das ist?«, fragte Grey seinen Bruder, als sie den Liegenden erreichten. »Ist es ein Mitglied?« Auch Grey war natürlich Mitglied bei White’s, doch er besuchte den Club nur selten, weil ihm die etwas schäbige Gemütlichkeit und das exzellente Essen im Beefsteak mehr zusagten.
    Hal betrachtete den Mann blinzelnd und schüttelte den Kopf.
    »Es ist niemand, den ich kenne.«
    Der Mann lag flach auf dem Boden, und seine gespreizten Beine lugten unter einem ordentlich geschneiderten Militärmantel hervor. Auch der Hut des Mannes war von guter Qualität;
er war ihm vom Kopf gefallen und gegen die Wand gerollt, wo er jetzt auf der Kante lag wie ein beschwipster Bettler.
    »Meinst du, er ist tot?«
    Die Perücke des Mannes war verrutscht und verdeckte den Großteil seines Gesichtes. Es hatte schwach zu schneien begonnen, und im Flockengestöber und dem flackernden Licht war es unmöglich zu erkennen, ob er atmete.
    »Lass mich nachsehen; vielleicht -« Hal bückte sich, um den Mann zu berühren, wurde aber durch einen Ausruf von der Tür daran gehindert.
    »Nicht anfassen! Noch nicht!« Ein junger Mann kam aufgeregt aus dem Club und fasste Hal am Arm. »Wir haben ihn noch nicht ins Buch eingetragen!«
    »Was, das Wettbuch?«, wollte Hal wissen.
    »Ja - Rogers sagt, er ist tot, und ich sage, er ist es nicht. Der Einsatz sind zwei Guineen! Wollt Ihr mit mir wetten, Melton?«
    »Er ist mausetot, Melton!«, kam ein Ruf aus der offenen Tür, wahrscheinlich war es Rogers. »Whitbread und Gallager sind auch meiner Meinung!«
    »Ist er nicht, sage ich!« Der junge Mann schlug mit der Handfläche gegen den Türpfosten. »Ihr könntet doch eine Leiche nicht von einer Schneiderpuppe unterscheiden!«
    »Halt!« Aus dem Augenwinkel sah Grey eine Bewegung und fuhr herum, die Hand an seinem Schwert - jedoch nicht mehr rechtzeitig, um den zerlumpten Jungen zu packen, der herbeigehuscht war, um sich den Hut des am Boden Liegenden zu schnappen. Ein Triumphschrei gellte durch den dichter werdenden Schnee zu ihnen zurück.
    »Ruft die Wache, zum Kuckuck. Wir können ihn doch nicht hier liegen lassen, ob er nun tot ist oder nicht«, sagte Hal ungeduldig. »Er wird ja noch ausgeraubt.«
    Grey trabte gehorsam zum nächsten Wirtshaus, wo er zwei Männer der Wache fand, die sich gegen das Wetter stärkten. Nachdem sie widerstrebend ihren Glühwein hinuntergeschüttet
hatten, hüllten sie sich murrend in ihre Mäntel und Hüte und kehrten mit ihm zum Club zurück, wo sein Bruder unterdessen auf sein Schwert gestützt über dem Mann Wache gestanden hatte.
    »Das wurde auch Zeit«, sagte Hal und steckte seine Waffe ein. »Sie sind hier!«, rief

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