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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ohnmächtig geworden war, hatte er beschlossen, sich nie wieder eine solche Schwäche anmerken zu lassen, und sich angewöhnt, das Salz stets dabeizuhaben - obwohl er es, soweit Grey wusste, noch nie benutzt hatte. Doch er war sich einigermaßen sicher, dass Hal es vorzog, wenn diese Vorsichtsmaßnahme nicht öffentlich bekannt wurde.
    »Ah!« Der Arzt stieß einen Laut der Genugtuung aus; das Gesicht des Patienten hatte sich plötzlich verzogen.
    Danach gab es so viel zu tun, dass keine Zeit blieb, das Gespräch fortzusetzen. Mit weiteren Anwendungen des Salzfläschchens, warmen Wickeln und - sobald es sein Bewusstseinszustand erlaubte - reichlich Brandy wurde der Herr allmählich wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt, obwohl er nach wie vor nicht sprechen konnte und nur verwundert die Stirn runzelte, wenn man ihn anredete.
    »Ich glaube, er hat einen Schlaganfall erlitten«, bemerkte
Longstreet, der seinen Patienten neugierig beobachtete. »Ein häufiges Vorkommnis bei Menschen mit einer cholerischen Disposition. Bitte beachtet die geplatzten Äderchen auf den Wangen - und vor allem auf der Nase.«
    »Tatsächlich.« Grey betrachtete den Mann genau. »Glaubt Ihr, dass er sein Sprachvermögen zurückerlangen wird?«
    Longstreet zuckte mit den Schultern, schien aber guter Dinge zu sein. Der Mann hatte schließlich überlebt. Was konnte man mehr von einem Arzt verlangen?
    »Bei guter Pflege ist es möglich. Wissen wir, wer er ist?«
    Grey hatte die Manteltaschen des Mannes durchsucht und darin einen geöffneten Brief gefunden, der an einen Dr. Henryk van Humperdinck, Great Ormond Street 44, adressiert war.
    Der Mann schien zu reagieren, als man ihn mit diesem Namen ansprach, und so schickte man eine Nachricht zur Great Ormond Street und trug den Patienten unter der Aufsicht des geduldigen Mr. Holmes in eins der Schlafzimmer in der oberen Etage, bis man seine Angehörigen ausfindig machen und informieren konnte.
    »Hattet Ihr auf ihn gewettet?«, fragte der Arzt jovial, während er sich die Hände an einem Handtuch abwischte. »Ich hoffe, ich habe Euch nicht arm gemacht, indem ich ihm das Leben gerettet habe. Oder aber Euren Bruder.«
    »Nein«, beruhigte ihn Grey. »Ich hätte gewonnen, wenn ich rechtzeitig für eine Wette hier gewesen wäre. Und mein Bruder wettet nicht.«
    »Nicht?« Longstreet klang überrascht.
    »Nein. Er spielt zwar Whist um Geld, aber nur, weil er auf sein Können vertraut, sagt er, nicht aber auf sein Glück.«
    Longstreet musterte ihn merkwürdig.
    »Euer Bruder wettet nicht?«, wiederholte er und lachte zynisch. Als er Greys verständnislose Miene sah, veränderte sich sein Gesicht wieder, und er spitzte die Lippen, als überlegte er, ob er etwas sagen sollte.
    »Ihr habt es noch nie gesehen?«, sagte er schließlich und warf einen Seitenblick auf Grey. »Wirklich nicht?«

    Da er keine Antwort erhielt, durchquerte er das Zimmer und ergriff das Wettbuch, das auf einem Beistelltisch liegen geblieben war, nachdem Mr. Holmes sorgfältig eingetragen hatte, wie auf Mr. Humperdincks Zustand gewettet worden war.
    Longstreet blätterte mit langen, flinken Fingern darin zurück, bis er schließlich mit einem kleinen, zufriedenen Grunzen fand, was er suchte.
    »Da.« Er reichte Grey das Buch und zeigte auf einen Eintrag, der einsam am Kopf einer Seite stand, die ansonsten bis auf die Unterschriften der Zeugen am Rand leer war.
     
    Der Graf von Melton behauptet, dass der Herzog von Pardloe kein Verräter war. Er setzt zwanzigtausend Pfund darauf, dass dies die Wahrheit ist. Jede Gegenwette ist willkommen.
     
    Darunter stand Hals formelle Unterschrift, groß und schwarz. Grey fühlte sich, als hätte er plötzlich vergessen, wie man atmet.
    Auf der gegenüberliegenden Seite standen drei Einträge. Der erste war in kleinen, gleichmäßigen Buchstaben verfasst, wie in bewusstem Kontrast zu der Leidenschaft, die Hals Wette anzusehen war:
     
    Die Wette gilt. Nathaniel Twelvetrees, Hauptmann, 32stes Infanterieregiment .
     
    Darunter standen noch zwei weitere, sorglos hingekritzelte Namen.
     
    Abgemacht. Arthur Wilbraham, Parlamentsabgeordneter.
     
    Abgemacht. George Longstreet .
     
    Grey bewegte seine Zunge, um genug Speichel zusammenzubringen, um etwas zu sagen, während er mechanisch das Datum
der Wette zur Kenntnis nahm. 8. Juli 1741. Einen Monat nach dem Tod seines Vaters. Nichts deutete darauf hin, dass die Wette jemals eingelöst worden war.
    »Das habt Ihr wirklich nicht gewusst?« Longstreet

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