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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hatte. Was wiederum bedeutete, dass er sich sofort an die Konfrontation mit Hal wagen konnte, nicht erst am Morgen, und dass sich seine Abreise nach Helwater daher
nicht weiter verzögern würde. Wenn es weiter so schneite, war es allerdings durchaus möglich, dass er London ohnehin nicht verlassen konnte.
    Er wandte sich dem Park zu, den Kopf in den Schneesturm gesenkt. Lady Jonas’ Haus lag in der Nähe des Exerzierplatzes in Sichtweite des Grosvenor Gate, während das Herrenhaus der Greys, das er Percy gezeigt hatte, ihm beinahe diagonal gegenüberlag, am Rand des Parks in der Nähe der Kasernen. Es war fast eine Meile offenes Gelände, ohne schützende Gebäude, die den Wind abgeschwächt hätten, doch es war schneller, als die Straße zu nehmen. Und der Wein und die Erregung hatten sein Blut so weit angewärmt, dass er nicht Gefahr lief zu erfrieren.
    Die Erinnerung an die Freude, mit Percy Wainwright zusammen zu sein - und die Spekulationen über den möglichen Fortgang ihrer Bekanntschaft -, reichten beinahe aus, um ihn von seinen Gedanken an das bevorstehende Gespräch mit Hal abzulenken … aber nicht ganz.
    Die alten Skandale, die zum Tod seines Vaters geführt hatten, für Percy erneut zu durchleben, war zwar schmerzhaft gewesen, jedoch auf ähnliche Weise, wie es schmerzhaft ist, einen Abszess zu öffnen. Er war überrascht, wie viel besser es ihm jetzt dadurch ging. Erst die Operation hatte ihm klargemacht, wie tief und lange diese Sache schon in ihm geschwärt hatte.
    Das Gefühl der Erleichterung ermutigte ihn nun. Er war schließlich kein zwölfjähriger Junge mehr, den man um seiner selbst willen beschützen oder belügen musste. Ganz gleich, was für ein Geheimnis Hal mit sich herumtrug, er würde damit herausrücken, zum Kuckuck.
    Rauchgeruch durchschnitt die Luft, scharf und gleichzeitig ermutigend, weil er Wärme verhieß. Überrascht sah er sich nach der Quelle um und machte in der zunehmenden Dunkelheit ein schwaches Glühen aus. Es hielten sich nur wenige Menschen im Park auf - die meisten Bettler und Diebe, die ihr Dasein in der Nähe des Parks fristeten, hatten in den Straßen oder den Nachtquartieren Schutz gesucht und drängten sich in
schmutzigen Bierkellern oder Speicherräumen, wenn sie einen Penny übrig hatten, oder in Kircheneingängen oder am Fuß von Mauern, wenn nicht. Doch welcher vernünftige Mensch übernachtete während eines Schneesturms im Freien?
    Er änderte die Richtung, um nachzuforschen, und stellte fest, dass das Glühen von einem Tonöfchen kam, das im Windschatten eines simplen Unterstandes brannte, der an einem Baum lehnte. Der Unterstand war verlassen - eigentlich konnte er auch gar nichts beherbergen, das größer war als ein Hund. Er hatte nur eine Sekunde Zeit, dies merkwürdig zu finden, als ihm sein Instinkt befahl, sich umzudrehen und hinter sich zu blicken.
    Sie waren zu zweit, der eine mit einem Knüppel in der Hand, der andere unbewaffnet. Kräftig gebaut, schmutzig, zerlumpt und geduckt, und sie steckten in aufgeschlitzten Jutesäcken, die ihre Köpfe und Schultern bedeckten und ihre Gesichter verhüllten.
    »Geld oder Leben!«, sagte eine heisere irische Stimme.
    »Sonst zerschmettern wir Euch den Schädel wie eine verfaulte Rübe!«, sagte eine andere, ebensolche Stimme.
    Er hatte für den Salon kein Schwert angelegt. Doch wie immer trug er seinen Dolch unter der Weste.
    »Fort mit euch!«, sagte er knapp, während er seinen Mantel aufknöpfte und die Waffe zog. Er bewegte die Klinge in kleinen Kreisbewegungen, und das Metall glänzte stumpf in dem schwachen Licht.
    Ein Dolch war nicht die Waffe der Wahl, wenn man jemandem gegenüberstand, der mit einem Knüppel bewaffnet war, doch etwas anderes hatte er nun einmal nicht. Er wich langsam zurück und hieb nach ihnen aus, um vielleicht genug Abstand von ihnen zu bekommen, um kehrtzumachen und davonzulaufen, bevor sie ihn angriffen.
    Zu seiner Überraschung schienen sie bei seinen Worten zu Stein zu erstarren.
    »Er isses wirklich!«, zischte einer der beiden dem anderen zu. »Der Major!«

    »O’Higgins?«, sagte er und richtete sich ungläubig auf. »O’Higgins!«, brüllte er. Doch sie waren schon unter zahlreichen irischen Flüchen geflüchtet, die durch den Schnee zu ihm zurückwehten.
    Er steckte den Dolch wieder ein und knöpfte den Mantel zu, was ihm einige Schwierigkeiten bereitete, denn seine Finger zitterten vor Schreck.
    Die verflixten O’Higgins-Brüder. Von ihrer frommen Mutter

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