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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Flugblatt und warf es ins Feuer.
    Dieser Gedanke jedoch rief ihm wieder ins Gedächtnis, was ihm Minnie über den Besuch von Hauptmann Bates’ Mätresse erzählt hatte. Unmöglich war es wohl nicht; es gab Männer, die Männern und Frauen ihre Gunst schenkten - doch es kam nicht häufig vor, und die wenigen derartigen Personen, die er kannte, legten im Allgemeinen eine sexuelle Wahllosigkeit an den Tag, die sich nicht mit einer geregelten Beziehung vertrug, wie sie das Wort »Mätresse« implizierte.
    Nun … und wenn es Bates gar nicht zu Männern zog? Wie er ja selbst zu Hal gesagt hatte, griffen die Zeitungen auf sodomitische Verschwörungen zurück, wenn es ihnen an Schlagzeilen fehlte. Die Leute lasen gern verdorbene Geschichten, und wenn die alltäglichen Berichte über Verhaftungen, Gerichtsverhandlungen
und Prangerstrafen nicht mehr genug Reiz besaßen …
    »Braucht Ihr sonst noch etwas, Mylord?« Toms Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, und als er aufblickte, sah er seinen Kammerdiener mit einem Arm voll schmutziger Wäsche vor sich stehen, und vor lauter Sehnsucht nach seinem Bett fielen ihm fast die Augen zu.
    »Oh. Nein, Tom, danke. Oh! Eines vielleicht noch …« Er nahm das Tagebuch seines Vaters vom Schreibtisch. »Würdet Ihr das im Vorbeigehen an seinen Platz in der Bibliothek zurückstellen?«
    »Gewiss, Mylord. Gute Nacht, Mylord.« Tom verlagerte die Wäsche geschickt, um eine Hand für das Buch frei zu bekommen, und ging hinaus. Grey schloss die Tür hinter ihm und räkelte sich, denn auch ihn überkam jetzt das Verlangen nach seinem Bett. Er beugte sich über die Kerze, um sie auszulöschen, dann hielt er inne.
    Verdammt, er hatte vergessen, dass er Minnie versprochen hatte zu versuchen, Hauptmann Bates’ Aufenthaltsort herauszufinden. Mit einem unterdrückten Stöhnen öffnete er sein Tintenfässchen und setzte sich wieder. Harry Quarry, so dachte er, würde in der besten Position sein herauszufinden, was es mit Bates auf sich hatte; Harry kannte jeden, und er mochte Minnie. Und Harry war immerhin so gut mit ihm befreundet, dass er seine Frage unverblümt stellen konnte, ohne umsichtige Nettigkeiten.
    »Bitte lasst mich doch ebenfalls wissen, was Ihr herausfindet«, schrieb er und fügte eine Wegbeschreibung nach Helwater an.
    Als er dann das Halbmondsiegel, das er an der rechten Hand trug, in das Siegelwachs drückte, bemerkte er, dass Hals Freimaurerring und das abgebrochene Stanzwerkzeug noch auf seinem Schreibtisch lagen. Er ergriff den Ring und drehte ihn zwischen den Handflächen hin und her, während er krampfhaft nachdachte, ob es noch weitere Briefe gab, die sich zwischen ihn und sein Bett stellen konnten.

    Kurz flackerte das Bedürfnis, an Percy Wainwright zu schreiben, in seinem Kopf auf - nur eine Zeile, um ihm sein Bedauern über seine Abwesenheit auszudrücken und den Wunsch nach einem Zusammentreffen gleich nach seiner Rückkehr … doch die Kirchenglocken schlugen Mitternacht, und sein Verstand war jetzt so müde, dass er bezweifelte, auch nur eine derart kurze Nachricht noch kohärent formulieren zu können.
    Seine Hände entspannten sich, und der Freimaurerring rollte in seine linke Handfläche, wo er klirrend gegen seinen eigenen Ring stieß, Hectors Saphir.
    Hal spielte ebenfalls oft nervös mit kleinen Gegenständen, während er sich unterhielt. Doch meistens zog er dazu seine eigenen Ringe ab und wieder an - dies war nicht das erste Mal, dass er einen davon verloren hatte. Grey dagegen zog seine Ringe niemals ab, außer, um sich zu waschen.
    Er drehte seine geschlossene Hand, sodass der Saphir im Kerzenschein glitzerte, ein sanftes, reines Blau. Hectors Augenfarbe.
    Macht es dir etwas aus? , dachte er plötzlich. Das mit Percy ? Es war nur ein Impuls; er erwartete keine Antwort und erhielt auch keine.
    Hin und wieder wünschte er sich sehnsüchtig, an einen gnädigen Gott und ein ewiges Leben für die Toten glauben zu können - Jamie Fraser besaß diesen Glauben, der ihn geradezu leuchten ließ, auf eine Weise, die sowohl Greys Neugier als auch seinen Neid erregte. Doch Grey war Rationalist. Er ging zwar davon aus, dass Gott existierte, besaß aber keine persönlichen Überzeugungen, was dessen Charakter betraf. Und er glaubte nicht, dass sich sein Schöpfer irgendwie für ihn interessierte. Was ja alles in allem gut so war.
    Er zog sich Hals Ring an den Mittelfinger - an dem er hinunterglitt, bis er lose auf dem Knöchel hing.
    Einen Moment lang betrachtete er ihn

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