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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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getan hatte. Percy hörte ihm aufmerksam und mitfühlend zu und schenkte Grey jedes Mal nach, wenn der Inhalt seines Glases zur Neige ging.
    »Ihr seid also von einem Pöbel niedergeschlagen worden, der Anstoß daran genommen hat, dass Ihr einem Mann geholfen habt, den sie für einen Sodomiten hielten - der aber keiner war«, fasste Wainwright schließlich zusammen. »Welche Ironie, nicht wahr?«
    »Bates war ein tapferer Mann, und er ist einen schrecklichen Tod gestorben«, sagte Grey. »Ich kann daran nichts Humorvolles finden.«
    Wainwrights Miene wurde augenblicklich nüchtern.
    »Ihr habt Recht; ich bitte um Verzeihung. Es war nicht respektlos gemeint, weder Euch gegenüber noch Hauptmann Bates.«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Grey jetzt sanfter. »Und um ehrlich zu sein, hätte der Hauptmann selbst diese Ironie wahrscheinlich zu schätzen gewusst. So war er nun einmal.«
    »Ihr habt ihn gemocht«, stellte Wainwright ohne jede Überraschung fest.
    »Ja.« Grey zögerte. Obwohl Wainwright im Begriff war, ein Mitglied der Familie zu werden, kannte er ihn doch nicht sehr gut. Und doch… »Seid Ihr schon einmal in Irland gewesen?«, fragte er abrupt.

    Wainwright kniff überrascht die Augen zu.
    »Einmal. Vor einigen Jahren.«
    Grey überlegte noch eine Sekunde - doch es stand dem Mann schließlich frei, nein zu sagen.
    »Der Hauptmann hat mich mit einer Aufgabe betraut, die sehr wichtig und pikant ist. Ich habe ihm versprochen, dafür zu sorgen, aber - nun, ich erzähle es Euch besser.«
    Als er fertig war, war Wainwrights lebhaftes Gesicht in Aufruhr; es spiegelte Schock, Mitgefühl, Neugier und - da gab es keinen Zweifel - das Bedürfnis zu lachen wider.
    »Ihr habt wirklich ein Talent dafür, Euch in peinliche Situationen zu bringen«, sagte er, und sein Mundwinkel zuckte. »Habt Ihr irgendeine Ahnung, warum der Hauptmann ausgerechnet Euch für dieses Unterfangen ausgesucht hat?«
    Grey zögerte erneut, antwortete dann aber wahrheitsgemäß.
    »Ja. Er dachte, er könnte mich erpressen.«
    Jeder Humor verschwand aus Wainwrights Gesicht. Er senkte die Stimme, obwohl sie allein waren.
    » Hat er Euch erpresst? Seid Ihr in Gefahr, bloßgestellt zu werden, wenn Ihr seinen Wunsch nicht erfüllt?«
    »Nein, nein, nichts dergleichen«, sagte Grey hastig. »Er wusste ja nicht - das heißt - nein.« Um nichts in der Welt würde er den Namen Hubert Bowles aussprechen, auch wenn es möglich gewesen wäre zu erklären, woher er den Mann kannte, und das war es nicht.
    »Es hat nichts … damit zu tun«, sagte er. »Es ging um etwas anderes, das zu erklären mir nicht freisteht. Aber es läuft darauf hinaus, dass ich zugestimmt habe, die Bitte des Hauptmanns auszuführen. Ich mochte ihn wirklich«, fügte er halb entschuldigend hinzu. »Und doch kann ich London gegenwärtig nicht verlassen. Ich habe Verpflichtungen gegenüber dem Regiment, und wenn ich jetzt um Beurlaubung bitten würde, würde dies beträchtliche Aufmerksamkeit erregen und für Gerede sorgen. Ich muss jemanden finden, der in der Lage ist, Mrs. Tomlinson diskret nach Irland zu begleiten - und zwar
schnell, bevor ihr Mann dahinterkommt oder er Gelegenheit hat, sie weiter zu verletzen.«
    Wainwright rieb sich nachdenklich das Kinn und sah Grey an.
    »Würdet Ihr es mir zutrauen? Meine Papiere sind zwar unterzeichnet, aber mein offizieller Dienst beginnt erst in zehn Tagen; ich gehe davon aus, dass Ihr mir die Erlaubnis geben könntet, mich zu entfernen?« Er lächelte, und seine Augen glitzerten. »Und ich kann Euch meiner Diskretion versichern.«
    Grey wurde sofort leichter ums Herz, auch wenn er protestierte.
    »Das kann ich doch nicht von Euch verlangen. Die Gefahr -«
    »Oh, ich denke nicht, dass Ihr von mir erwarten könnt, mir eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen.« Percys Lächeln wurde breiter. »Denn wenn es eines gibt, wovon ich nie im Leben geglaubt hätte, dass ich es tun würde, dann ist es, mit der Frau eines anderen durchzubrennen!«
    Sein Lachen war ansteckend, und Grey musste lächeln, selbst wenn sich dadurch die Wunde an seiner Lippe wieder öffnete. Bevor er sein Taschentuch ergreifen konnte, um sie zu betupfen, hatte Percy das seine hervorgezogen und drückte es Grey auf den Mund. Er hatte aufgehört zu lachen, doch er lächelte noch, und die Wärme seiner Finger war sogar durch das Leinentüchlein zu spüren.
    »Ich werde Eure Aufgabe mit Freuden durchführen, John«, sagte er. »Obwohl ich es außerordentlich zu schätzen

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