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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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geben. »Nein, sie haben nicht angehalten. Ich bezweifle, dass mich der Kutscher gesehen hat. Es war eine Postkutsche«, sprach er einen Geistesblitz aus und sah, wie sich die Falten auf der Stirn seiner Mutter ein wenig glätteten, obwohl sie nach wie vor sorgenvoll wirkte.
    Inzwischen stand sie am Fuß der Treppe und unterzog ihren Sohn einer detaillierten Betrachtung. Zwar rührte ihn diese Anteilnahme, doch eigentlich wünschte er sich nichts mehr als einen ordentlichen Schuss Alkohol und ein Bad. Was er schließlich auch sagte.
    »Ja, ein Bad«, stimmte die Gräfin zu und rümpfte die Nase. »Und verbrennt diese Kleider!«
    Diese Aufforderung wurde zur allgemeinen Abstimmung freigegeben und einhellig beschlossen. Unterdessen tauchte Brunton, der ihm tatsächlich zugehört hatte, lautlos an Greys Seite auf, nahm ihm das Weinglas aus der Hand und ersetzte es durch ein Glas mit schottischem Whisky, einer Flüssigkeit, deren belebende Wirkung Grey in Ardsmuir zu schätzen gelernt hatte. Er lehnte sich an die Wand - was machten ein paar weitere Flecken jetzt noch? -, füllte seinen Mund und schloss dankbar die Augen.
    Unterdessen hatte sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf Hal gerichtet, der erklärte, dass er nicht bleiben konnte, weil man ihn zu einer Besprechung nach Whitehall zitiert hatte, und dass er auf dem Weg dorthin nur vorbeigekommen war, um Percy Wainwright sein unterzeichnetes Offizierspatent zu bringen. Dies brachte er jetzt mit einer ausladenden Geste zum Vorschein und überreichte es unter großem Applaus.
    Zu Greys Belustigung wurde Percy rot wie eine Pfingstrose und verbeugte sich vor den Anwesenden, während er die Papiere an seine Brust geklammert hielt.
    »Ich danke Euch, Mylord«, sagte er zu Hal. »Und ich werde gewiss eine Bereicherung für Euch und das Regiment sein.«

    »Oh, das werdet Ihr«, sagte Hal lächelnd. »Und wenn es Euch das Leben kostet.«
    Percys leicht alarmierte Miene löste Gelächter aus, und seine Sorge verschwand ebenfalls in einem Lächeln.
    »Ihr glaubt, ich scherze, nicht wahr?«, sagte Hal immer noch lächelnd. »Fragt meinen Bruder. Vorerst jedoch - meinen Glückwunsch, Sir, und willkommen in unserer Kompanie!« Er verneigte sich knapp, verabschiedete sich mit einer Handbewegung und schritt zu seiner wartenden Kutsche hinaus.
    »Du schleppst den Schmutz durch das ganze Haus, John«, sagte die Gräfin, die ihre Aufmerksamkeit jetzt missbilligend erneut auf Johns Zustand richtete. »Bitte geh in den Salon und leg deine Kleider ab; ich schicke dir Tom, damit er sich um dich kümmern kann.«
    »Ich leiste Euch Gesellschaft.« Percy steckte sich die Papiere in den Rock und hielt Grey die Tür auf. Dieser durchschritt sie humpelnd und klammerte sich dabei an seinen Whisky. Eigentlich war Lust das Letzte, das ihm im Moment in den Sinn gekommen wäre, doch er war froh, mit Percy allein sein zu können, wenn auch nur kurz.
    »Wisst Ihr«, sagte Percy, der jetzt die Tür schloss und ihn betrachtete. »Allmählich komme ich zu der Überzeugung, dass Ihr das mit Absicht macht, um mir aus dem Weg zu gehen.«
    Grey lehnte sich mit einem leisen Stöhnen an den Kaminsims, da er sich ja nirgendwo hinsetzen konnte.
    »Glaubt mir«, sagte er, »der Affe eines Leierkastenmannes wäre mir lieber gewesen, von Eurer Gesellschaft ganz zu schweigen, als die Personen, mit denen ich mich heute Mittag herumschlagen musste.«
    »Seid Ihr wirklich unter eine Kutsche gekommen?«, fragte Wainwright und sah ihn neugierig an.
    »Warum fragt Ihr?«, gab Grey zurück.
    »Weil ich schon Leute gesehen habe, die unter eine Kutsche gekommen sind«, erwiderte Percy unverblümt. »Wenn Ihr nur umgestoßen worden und in der Gosse gelandet wärt, wärt ihr schmutzig und voller blauer Flecken - aber Ihr seht aus, als
hätte man versucht, Euch zu Tode zu prügeln. Wenn Ihr mir meine Offenheit verzeiht.« Er lächelte, um anzuzeigen, dass er es nicht böse meinte, bevor er fortfuhr.
    »Und wenn Ihr tatsächlich von einer Postkutsche überrollt worden wärt, wärt Ihr tot oder kurz davor. Mit Sicherheit hättet Ihr Knochenbrüche. Ganz zu schweigen von Radspuren auf Eurer Kleidung.«
    Grey musste unwillkürlich lachen. Es war ja gar nicht nötig, Percy die Wahrheit vorzuenthalten - und ihm dämmerte, dass er nicht einmal seinem Bruder alles über sein Erlebnis erzählen konnte, Percy Wainwright aber schon.
    »Ihr habt Recht«, sagte er und erzählte Percy dann verkürzt, aber wahrheitsgetreu, was er am Nachmittag

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